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Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Titel: Deine Lippen, so kalt (German Edition)
Autoren: Amy Garvey
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bändigen, die meiner Energie Nahrung verleiht und zwei Türen weiter einen Spind zuknallen lässt. Ein Freshmen-Mädchen macht keuchend einen Satz nach hinten und wirft mir einen seltsamen Blick zu, ehe sie den Gang davonwetzt.
    Doch bevor ich Gabriel die passende Antwort geben kann, werde ich von einer weiteren Hand auf meiner Schulter überrascht und entdecke Jess hinter mir und neben ihr Darcia. Sie gucken drohend und Jess sorgt dafür, dass ihre Stimme klar und ummissverständlich ist, als sie sagt: »Ich glaube, sie hat dich gebeten, es gut sein zu lassen, neuer Junge. Welchen Teil davon hast du nicht verstanden?«
    Auf der anderen Seite des Ganges kichert Yuri Fiske hämisch, aber Gabriel rollt nur mit den Augen. »Du weißt doch gar nicht, worum es hier geht, also …« Er breitet die Arme aus, als wäre damit alles geklärt, und einen Moment empfinde ich tatsächlich Mitleid mit ihm.
    »Was ich weiß, ist, dass meine Freundin dich gebeten hat, sie in Ruhe zu lassen, und du nicht auf sie hörst«, sagt Jess gelassen, und Gabriel begreift vielleicht nicht, was es heißt, wenn sie so ruhig wird, aber ich schon und Darcia ebenfalls. Darcia schluckt und weicht einen Schritt zurück, obwohl ich ziemlich sicher bin, dass Jess ihm keine verpassen wird. »Ich weiß außerdem, dass Jungs mit Testosteronüberschuss widerlich sind und sich möglichst schnell davonmachen sollten, um irgendwo ganz weit weg metaphorische Gewichte zu stemmen.«
    Ein paar Spinde weiter klatschen Sera Fine und Jilli Beckett. Yuri grinst, er lehnt an der gegenüberliegenden Wand und verschlingt Jess von oben bis unten mit Blicken, als wolle er sie zum Mittagessen verspeisen, was ekelhaft ist, aber egal.
    »Wren«, sagt Gabriel, und ich kann nicht erkennen, ob es eine Warnung oder ein Flehen ist, aber in diesem Moment spielt das für mich auch gar keine Rolle.
    »Ich werde es tun«, verkünde ich ihm, richte mich kerzengrade auf und blicke ihm fest in die Augen. Ich weiß, die Spekulationen darüber, was es ist, werden in weniger als zehn Minuten von der ganzen Schule diskutiert werden, und nicht minder heiß von Jess und Darcia, aber auch das ist mir völlig egal. Schließlich ist nicht zu befürchten, dass irgendwer es jemals errät. »Und ich will deine Hilfe nicht. Dieses Mal nicht.«
    Ich möchte nicht, dass das hier ein Abschied für immer wird, aber ich überlasse es Gabriel, zu entscheiden, wie er meine Worte interpretiert. Ich werde mich heute Nacht von dem ersten Jungen, den ich je geliebt habe, verabschieden müssen, und dieses Mal wird es endgültig sein. Falls noch etwas von mir übrig sein sollte, wenn ich das hinter mir habe, wäre ich schon dankbar.
    Aber als ich ohne einen weiteren Blick auf Spind und Bücher davonmarschiere, schmilzt die Empörung in meiner Brust bereits, weil Jess und Dar direkt hinter mir sind.

Kapitel fünfundzwanzig
    M om hält mich nicht davon ab, abends spät noch auszugehen, und ich versuche nicht, es vor ihr zu verheimlichen. Sie ist immer noch wach und guckt Fernsehen, und als ich ihr erzähle, dass ich mich um eine letzte Sache kümmern muss, sieht sie mich nur einen langen Moment prüfend an und nickt dann.
    »Sei vorsichtig.«
    »Ich weiß«, sage ich. »Bin ich.«
    Sie streicht sich die Haare aus der Stirn und holt tief Luft. »Und danach kehren wir zu etwas zurück, das sich als normal bezeichnen lässt?«
    Ich zucke mit den Schultern. Es gibt normal und dann gibt es noch normal und dann hängt da dieses riesige Fragezeichen zwischen uns, was meinen Vater angeht. Es steht am Ende der einen Frage, auf die ich noch eine Antwort benötige. »Wir können es versuchen?«
    Ich weiß, sie weiß all das. Ich lese es in der Neigung ihres Kopfes, ihren klaren warmen Augen. »Ich bin bereit dazu, wenn du es bist. Morgen ist Schule, denk daran.«
    Als ich die Tür hinter mir schließe, um zu Gabriel zu laufen, fühle ich mich beinah gut.
    Beinah. Denn jetzt muss ich Gabriel gegenübertreten und nach unserer Auseinandersetzung in der Schule sind meine Gefühle für ihn so schrecklich durcheinandergeraten, dass ich nicht sicher bin, ob ich sie je wieder werde entwirren können. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass man sich gleichzeitig danach sehnen kann, sich in den Schoß eines Jungen zu kuscheln und danach, ihm solange eins überzubraten, bis ihm endlich ein Licht aufgeht.
    Ich gehe nicht im Kopf durch, was mich erwartet, wenn ich nachher Gabriels Appartement verlasse, jetzt noch nicht. Es ist zu
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