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Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Titel: Deine Lippen, so kalt (German Edition)
Autoren: Amy Garvey
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möchte ihren Arm packen und sie festhalten, bis ich sicher bin, dass sie mich versteht.
    »Wenn du zehn Minuten, nachdem du über Musikbesessene hergezogen hast, mit Eli Harbeck rumknutschst, was meinst du, was ich dann tun werde? Ich bin ziemlich sicher, er nimmt seine Klarinette mit ins Bett.«
    Sie läuft dunkelrot an, aber ich glaube, sie versucht ein Lächeln zu unterdrücken, denn ihre Nase zuckt wie die eines Kaninchens. Nach einer Weile sieht sie mich fest an und fragt: »Du wirst mir also tatsächlich nicht erzählen, was am Freitag gewesen ist?«
    Ich zucke mit den Schultern. »Hm, nein.«
    »Aber es geht dir gut?« Ohne meine Antwort abzuwarten, fügt sie hinzu: »Und du hast nicht nur so getan, als wolltest du, dass wir bei dir übernachten? Ich meine, wenn du keinen Bock hast, mit uns zusammen zu sein, solltest du uns das wirklich einfach sagen, denn du warst nie gemein, Wren, und Dar hat es echt …«
    »Jess.« Ich berühre ihre Schulter, weil ihr Blick irgendwann zu wandern begonnen hat, den Flur runter, durch das Fenster auf den Hof, zu einem Punkt neben meiner rechten Schulter. »Nein. Ich wollte es unbedingt. Und das will ich immer noch. Diesen Freitag, okay? Wirklich. Ich kann garantieren, dass dieses Mal nichts dazwischen kommt, das verspreche ich dir.«
    Sie denkt in Ruhe darüber nach und kaut dabei auf ihrer Unterlippe, so wie sie früher auf ihren Fingernägeln gekaut hat, bis ihre Mutter anfing, eklig schmeckendes Zeug darauf zu pinseln.
    »Ich bin immer noch wütend auf dich, weißt du?« Sie schüttelt den Kopf. »Ich meine, ich werde nicht ewig wütend sein, aber ich glaube, im Moment bin ich noch nicht bereit damit aufzuhören.«
    Als ich das höre, muss ich einfach ein bisschen lachen. Das ist so typisch für Jess. Und für mich, wenn ich ehrlich bin. »Ich hab verstanden. Ich werde warten.«
    Darcia bricht beinah in Tränen aus, nachdem wir uns in Literatur versöhnt haben, was ganz schön alarmierend ist, aber sie umarmt mich auch. Es ist ein bärenstarker Drücker, der mich fast zermalmt und eigentlich unmöglich von einem Mädchen kommen kann, das so zart ist wie sie. Als die Schule endlich aus ist, bin ich völlig erledigt.
    Ich drehe gerade an dem Zahlenschloss von meinem Spind, als mir jemand auf die Schulter tippt. Vor mir steht Gabriel, hoch gewachsen, starr und wunderschön. Seine Miene ist so versteinert wie Dannys und ich widerstehe dem Drang, die Augen zu schließen, um ihn nicht ansehen zu müssen.
    »Ich möchte, dass du mir zuhörst«, sagt er und versucht nicht mal, dafür zu sorgen, dass die anderen unser Gespräch nicht mitbekommen. Auf der anderen Seite des Ganges drehen sich zwei Sophomores neugierig zu uns um und ich schäume vor Wut.
    »Und ich will, dass du mich in Ruhe lässt.«
    »Nein.« Es scheint nicht möglich, aber er richtet sich noch ein paar Zentimeter höher auf, als könnte schiere Größe allein mich überzeugen. »Du bist tollkühn. Du weißt nicht, was du tust, und du könntest dabei ernsthaft verletzt werden. Nicht buhuhu herzschmerzverletzt sondern verletzt. Du musst mich das für dich regeln lassen.«
    Mir ist egal, wie riesig er sich vor mir aufbaut, meine Wut gibt mir das Gefühl, zwei Meter groß zu sein. »Machst du Witze? Wer bist du, mein Prinz in verwaschenen Jeans? Ich bin nicht irgendeine dämliche Prinzessin, die aus ihrem Turm befreit werden muss, vielen Dank auch.« Ich muss meine Verachtung nicht mal vortäuschen, ich meine es vollkommen ernst.
    Leider zeigt er sich davon gänzlich unbeeindruckt. »Vor ein paar Nächten hast du meine Hilfe noch nicht abgelehnt, wenn ich mich recht entsinne.«
    Falls ihm nicht auffällt, dass die Energie in mir anschwillt und sich über ihm zusammenbraut wie eine Gewitterwolke, ist er ein unterirdisch mieses Medium. »Na und? Ich habe dich um Hilfe gebeten, weil ich dachte, du wärst ein Freund. Und jetzt bitte ich dich, mich verdammt noch mal in Ruhe zu lassen. Denn ich brauche deine Hilfe hierbei nicht, egal, was du glaubst.«
    Seine Wangen glühen vor Frust und seine Augen sind dunkler geworden, sie blicken so stürmisch wie die in meinem Magen tobenden Kräfte. »Du bist gerade mal eins fünfzig. Er ist eins achtzig. Und ich glaube, er wird nicht gerade hin und weg sein, wenn er von deinen Abendplänen erfährt, Wren.«
    Jeder, der im Gang an uns vorbeikommt, verlangsamt seine Schritte, um zuzuhören, und sieht uns über die Schulter hinweg an, und ich kann die überschäumende Wut nicht
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