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Dein Blick in meiner Morgenroete

Dein Blick in meiner Morgenroete

Titel: Dein Blick in meiner Morgenroete
Autoren: Cathy McAllister
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selten stapeln sich krumme, zerspante oder sonst wie unbrauchbar gewordene Bretter auf seinem Pick-up, wenn er am Spätnachmittag den ausgefahrenen Waldweg zu unserem Haus heruntergerumpelt kommt. Er kann den Gedanken nicht ertragen, einer der gigantischen Redwood-Bäume sei umsonst gestorben. Daher verbringt er nicht selten seine Wochenenden im Schuppen, um irgendetwas aus den Holzabfällen zu bauen. So ist auch unsere Küche entstanden. Aber Mum hat sie am letzten Wochenende bunt angestrichen, weil sie meinte, kein naturbelassenes Holz mehr sehen zu können. Seitdem ist Dad noch wortkarger als sonst, und als ich in die Küche komme, sitzt er, eine aufgeschlagene Zeitung vor dem Gesicht, am Tisch und brummt: »Morgen.«
    Ich drücke ihm einen Kuss auf die kahle Stirn. »Guten Morgen, Mops.«
    Er schaut mich an und grinst. Ich schätze, Dad mag es, wenn ich ihn Mops nenne, auch wenn sein beachtlicher Bauch die Schuld an dem Namen trägt.
    »Ist er immer noch stinkig?«, frage ich Mum und deute auf einen türkisfarbenen Schrank, aus dem sie gerade drei Teller nimmt.
    »Kein Mensch kann immer nur braun sehen, erst recht nicht, wenn er die ganze Nacht arbeitet und ins Dunkle starrt«, antwortet sie und reicht mir die Teller.
    Wie müde sie aussieht … Ich werde heute mit Jeremy in den Wald gehen, damit Mum ein wenig Schlaf nachholen kann. Seit einiger Zeit muss sie nachts an einer Mautstation der Golden Gate Bridge arbeiten, denn seit Mill Valley zu einem der lebenswertesten Orte der Staaten gewählt wurde, sind die Kosten für Lebensmittel, Benzin, sogar für Toilettenpapier derart gestiegen, dass Dads Lohn nicht mehr ausreicht.
    Mum unterdrückt ein Gähnen, stellt den Sirup auf den Tisch und zupft an meinem grauen Shirt. »Du könntest aber auch ein bisschen Farbe vertragen, Hoppihasi. Immer diese dunklen Sachen. Das passt doch gar nicht zu dir.«
    »Nenn mich nicht Hoppihasi!«, fauche ich und ziehe meine Oberlippe hoch, um deutlich zu zeigen, dass sich meine Lücke zwischen den Schneidezähnen, der ich meinen Spitznamen zu verdanken habe, fast geschlossen hat. Doch als ich sehe, dass Mum anscheinend vor Müdigkeit sogar Jeremys Gedeck vergessen hat, bereue ich meine Worte und decke den vierten Teller dazu. »Hoppihasi ist okay, Mum. Mach dir keine Gedanken.«
    Meine Mutter lächelt dankbar, dann öffnet sie die Briefe, die mein Dad zusammen mit der Zeitung ins Haus geholt hat.
    »Stromrechnung; die Versicherungsunterlagen für den Pick-up; du meine Güte, schon wieder neue Schulkleidung …«, murmelt sie, während sie die Umschläge in den Mülleimer fallen lässt und Dad die Briefe über den Tisch zuschiebt, »und - ach … kennst du einen Francis Raymond, Robert?«
    »Hm … ein entfernter Verwandter, ich glaube, meine Schwester Rose hat ihn irgendwann mal besucht. Was ist mit ihm?«, fragt Dad, ohne die Zeitung zu senken.
    »Stell dir vor, eine Einladung für uns, zu seinem Geburtstag. Wie nett. Hier steht, er lebt irgendwo bei Carson City, Nevada. Was meinst du, sollen wir zusagen? Es wäre spaßig. Wir könnten Las Vegas besuchen …«
    »Mich zieht nichts in diese gottverdammte Einöde«, brummt Dad, legt die Zeitung zur Seite und zieht eine Augenbraue hoch, als ich das Besteck zu Jeremys Teller lege. »So früh Besuch?«
    »Der ist für Jeremy, Dad!«, antworte ich kopfschüttelnd und lasse mich auf den Stuhl fallen. »Wo ist er überhaupt?«
    Mum füllt uns allen Pancakes auf und übergießt sie mit großen Mengen Ahornsirup. »Du musst mir sagen, wenn Besuch zum Frühstück kommt, Hopp…«, sie beißt sich auf die Zunge, »Alison. Jetzt haben wir nicht genug Pancakes.«
    »Jeremy«, brummelt Dad. »Besucht ihr den gleichen Kurs? Ist er älter als du?« Eine steile Falte zeichnet sich auf seiner Stirn ab und ich muss mir das Lachen verkneifen, weil er tatsächlich verärgert aussieht.
    »Sehr witzig, Mops! Selber Kurs …« Jeremy kommt erst nächstes Jahr auf die Junior High und ich fürchte, dass er mir dann die ganze Zeit an den Fersen kleben wird. »Nein, im Ernst. Hat mein kleiner Bruder schon gefrühstückt?« Ich schiele nach dem letzten Pancake.
    »Wessen Bruder? Kennen wir seine Schwester? Was ist das für ein Typ?«, will Dad wissen.
    »Robert!«, fällt Mum ihm ins Wort und zupft an meinen fransigen Haarsträhnen herum. »Wenn es endlich jemanden gibt, der dir gefällt, Hoppi, solltest du dich ein wenig mehr zurechtmachen.«
    Wieder beschleicht mich das ungute Gefühl, dass hier irgendetwas
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