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Deichgrab

Deichgrab

Titel: Deichgrab
Autoren: authors_sort
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ermordet worden.«
    Der Mann, der ihm gegenüber saß, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und hörte seinen Schilderungen aufmerksam zu. Sein Gesichtsausdruck wurde dabei immer ernster. Als Tom erzählte, sein Freund sei, nachdem er die Pralinen aus Hannes’ Küchenschrank gegessen hatte, mit einer Thalliumvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert worden, räusperte er sich.
    »Und Sie sind sich ganz sicher, dass Ihr Freund sich mit den Pralinen vergiftet hat?«
    Er senkte mutlos seine Schultern. Man glaubte ihm nicht. Oder der Polizist hielt die Geschichte für zu unglaubwürdig. Er war enttäuscht. Ganz genauso wie bei dem Einbruch.
    »Wir können es uns nur so erklären«, kam Marlene ihm schnell zur Hilfe.
    »Und können Sie sich denn auch erklären, warum Ihr Onkel vergiftete Pralinen im Küchenschrank hatte? Gibt es jemanden, der einen Grund gehabt haben könnte, ihn zu ermorden?«
    »Das mag sich jetzt vielleicht komisch anhören, aber es gibt da eine Menge Leute, die einen Grund gehabt haben könnten.«
    Der Polizist kratzte sich nachdenklich hinter seinem linken Ohr.
    »Das klingt in der Tat merkwürdig. Aber erzählen Sie doch mal.«
    Tom schöpfte neue Hoffnung. Vielleicht würde man ihm doch noch glauben. Er versuchte, möglichst alles so verständlich wie möglich zu erklären. Der Mann in der grünen Uniform hatte aufmerksam zugehört. Wieder kratzte er sich hinter seinem Ohr.
    »Das sind in der Tat zu viele Zufälle.«
    Er griff nach dem Telefon auf dem Schreibtisch und wählte die Null.
    »Ja Fräulein Jansen, verbinden Sie mich doch bitte mit dem Staatsanwalt Niemeyer.«
    Nach zwei Stunden verließen sie endlich die Polizeiwache. Tom hatte alles zu Protokoll gegeben. Draußen war es inzwischen beinahe dunkel. Er griff nach Marlenes Hand.
    »Was meinst du, was der Staatsanwalt zu der ganzen Geschichte sagen wird?«
    »Ich weiß nicht. Ein bisschen verrückt ist das alles schon. Aber wenn wir Glück haben, ordnet der Staatsanwalt eine Exhumierung deines Onkels an. Dann wissen wir mehr.«
    Er holte tief Luft.
    »Hoffentlich.«

     

52
    Als Frank die Intensivstation des Krankenhauses verließ, fühlte er sich leer.
    In seiner Hand trug er einen Plastikbeutel mit den Sachen seines Vaters. Broder war in dieser Nacht gestorben.
    Er stellte sich an eines der Flurfenster und blickte hinaus. Draußen fuhren die Autos vorüber, Leute spazierten in der kleinen Parkanlage vor dem Krankenhaus. Das Leben ging weiter, so als sei nichts geschehen.
    Er hatte die ganze Nacht am Bett seines Vaters gesessen. Broder hatte immer schwerer geatmet. Eigentlich hätte er intubiert werden müssen, doch es gab eine Patientenverfügung. Er wollte keine lebensverlängernden Maßnahmen und Frank hatte sich noch einmal dem Willen seines Vaters beugen müssen, auch wenn es ihm schwer fiel.
    Gegen vier Uhr in der Nacht hatte er noch einmal die Augen aufgeschlagen. Mit fiebrigem Blick hatte er ihn angeblickt.
    »Es ist vorbei.«
    »Nein, Vater, nein!«
    Aber das mühevolle Nicken hatte die Wahrheit der Worte unterstrichen.
    »Ich muss dir noch etwas erzählen, bevor ich gehe.«
    Frank hatte sich vorgebeugt, um den flüsternden Worten seines Vaters zu lauschen. Ungläubig hatte er ihn nach dem letzten Wort angeschaut. Er hatte eine Entschuldigung erwartet oder Ratschläge für die Zukunft, aber mit dem, was sein Vater ihm erzählt hatte, hatte er nicht gerechnet.
    »Ich habe das alles nicht gewollt, das musst du mir glauben.«
    Kraftlos war Broder zusammengesunken und eingeschlafen.
    Einen Moment lang hatte Frank das Verlangen verspürt, ihn zu rütteln und wieder aufzuwecken, aber der anhaltend schrille Ton des Überwachungsmonitors hatte ihm die Unmöglichkeit dieser Tat mitgeteilt. Sein Vater war tot.
    Eine Zeit lang hatte er dagesessen, ihn einfach nur angesehen. Er hatte nicht glauben können, was er kurz zuvor gehört hatte. Sein Vater hatte so friedlich dagelegen. Konnte dieser Mann für den Tod eines anderen Menschen verantwortlich sein?
    Kurze Zeit später hatte er nach der Schwester geklingelt. Ein Arzt war gekommen und hatte den Tod bestätigt. Der Monitor war abgeschaltet worden.
    Er wischte sich mit dem Handrücken eine Träne vom Gesicht und wusste nicht, was er zuerst tun sollte. Meike anrufen? Den Bestatter aufsuchen? Zur Polizei gehen? Er holte tief Luft, bevor er den Flur entlang zum Aufzug ging.

     
    Haie saß angezogen auf seinem Bett, als die beiden das Zimmer betraten.
    »Und, was hat die Polizei
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