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Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List

Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List

Titel: Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List
Autoren: Faye Kellerman
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egal sein. Er blickte auf eine fünfzigjährige Hollywood-Karriere zurück, hatte ein beträchtliches Vermögen, ein wenig Anerkennung und Respekt verdient. Er wußte, was er wollte, und duldete keine Widerrede. Wem das nicht paßte, der konnte ihm gestohlen bleiben.
    Und was Walter im Moment wollte, war die junge Dame, die ihm gegenübersaß. Eine hübsche Kleine mit üppigen roten Locken, wohlgeformten langen Beinen und einem runden, festen Po, der ihn außer Fassung geraten ließ.
    Doch nicht hier! rief sich Walter zur Ordnung. Um sich abzukühlen, dachte er an Adelaide.
    Eine gute Frau, eine tolerante Frau, seine Adelaide. Schön war sie damals gewesen, als Tänzerin in Vegas zu Zeiten von Bugsy Siegel. Walter hatte sie hartnäckig umworben, bis sie schließlich nachgab. Für sie hatte es sich gelohnt. Als Showgirl wäre sie mit ihrem mittelmäßigen Talent nie auf einen grünen Zweig gekommen. Statt dessen wurde sie eine Hollywood-Gattin. Er verschaffte ihr Status, Reichtum und eine Rolle, die sie ihr Leben lang spielen konnte – wenn sie ihn von Zeit zu Zeit gewähren ließ. Sie tat es mit Würde.
    Die gute alte Addie. Zuverlässig wie ein ergrauter Ackergaul.
    Walter blickte über den Tisch, vorbei an den Gläsern mit dem Diamantschliff, bestes Waterford-Kristall. Das Estelle hatte wirklich Stil. Eleganz ohne Protzerei. Und eine gute Küche. Kein Wunder, daß der Laden immer voll war.
    Er war im Zweifel gewesen, ob er sich hier mit dem Rotschopfblicken lassen konnte. Sie hatte sich herausgeputzt, wirkte aber sehr zu Walters Überraschung nicht aufgedonnert.
    Eine elegante alte Dame nickte ihm freundlich zu.
    Walter nickte zurück.
    Oh, Anerkennung. Wie nett.
    Wenn auch nicht ganz so nett wie Rotschöpfchens Hintern. Walter schaute tief in die babyblauen Augen seiner Tischgefährtin, dann wanderte sein Blick zu ihrem perfekten, von Chirurgenhänden geformten Busen. Beglückt spürte er das gewisse Zucken in der Hose. Mit achtundsiebzig war es keine Selbstverständlichkeit mehr, daß sich da unten etwas tat.
    Mach dir nichts vor, Walter. Mit achtundsiebzig darf man sich schon gratulieren, wenn man morgens überhaupt aufwacht.
    Es war so verliebt in seine erotische Anwandlung und sein Herzklopfen, daß er den ernsten jungen Mann mit dem kalten Blick, der dort an der Bar lehnte und seinen ebenso temperierten Drink rührte, gar nicht wahrnahm.
    Carol Anger hingegen registrierte den schlanken jungen Mann in der grünen Jacke genau, und er kam ihr irgendwie bekannt vor. Sie wußte nur nicht, wo sie ihn hinstecken sollte. Ein Gesicht, das sich verändert hatte, mehr als einmal. Aber sie war zu beschäftigt, um darüber nachzudenken. Gretchen hatte sich krankgemeldet, und sie mußte eine Doppelschicht fahren.
    Zu ihrem Bereich gehörten ein paar nette Tische. Besonders gut gefiel Carol die Gruppe Sechzehnjähriger dort in der Ecke: acht kichernde Mädchen, die erwachsen taten, schicke Klamotten trugen und zu viel Make-up.
    So wie auch Carol es mit sechzehn getan hatte – allerdings ohne den Schmuck und die Modellkleider. Da, wo sie herkam, war das Geld immer knapp gewesen. Aber im Grunde waren sich alle Sechzehnjährigen gleich.
    Nach Carols Scheidung war das Leben ein einziges Meer von Tränen gewesen. Tränen der Wut auf ihren Verflossenen, Tränen der Dankbarkeit für ihre Eltern, ihre Liebe und ihr Verständnis.
    Und für ihre Hilfe.
    Mom war gekommen. Immer da, wenn Carol sie brauchte. Würde sich um Billy kümmern, damit Carol weiter zur Schwesternschule gehen konnte. Carol wollte ihren Teil beitragen, daher dieser Job. Und es war ein echter Traumjob.
    Den hatte sie Olaf zu verdanken.
    Sie hatte ihn in einer Bar getroffen und gelacht, als er seinen Namen nannte.
    Olaf! Olaf der Wikinger!
    Sie lachte, er wurde rot. Und das war ihr natürlich peinlich. Olaf war nach Amerika gekommen, um als Koch zu arbeiten. Als er erzählte, daß er bei Estelle arbeitete, wäre sie fast in Ohnmacht gefallen.
    »Dann bist du kein Koch, sondern ein chef de cuisine!« hatte sie ihm erklärt.
    Keinen Monat später hatte er ein Bewerbungsgespräch organisiert. Eine Woche darauf trug sie einen Smoking und fing an.
    Olaf gefiel ihr. Sein leichtes Lächeln, seine Geduld, seine dicke Oberlippe, auf der oft Schweißperlen standen – von der Hitze in der Küche. Sie konnte gar nicht mehr begreifen, warum ihr die verkrachte Ehe so an die Nieren gegangen war – wo ihr Leben seitdem soviel einfacher geworden war.
    Vertieft in ihre Arbeit
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