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Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List

Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List

Titel: Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List
Autoren: Faye Kellerman
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begoß gerade den gefüllten Truthahn mit Brühe. Sie war groß und knochig, die verkrümmten Hände knotig von einer schmerzhaften chronischen Arthritis. Ihr schmales Gesicht war von kurzem grauen Haar eingerahmt. Hohe Wangenknochen, tiefblaue Augen. Eine imposante Frau. Sie preßte die Lippen fest aufeinander – eine Frau, die selten Gefühle, geschweige denn Liebe zeigte. Die kein Wort zu viel sagte und sich nie beklagte.
    »Wie sieht er aus, Mom?« fragte Rina.
    »Ganz passabel.«
    »Dad möchte noch eine Tasse Kaffee.«
    »Er hatte schon drei.«
    »Ist doch koffeinfreier.«
    »Das Herz ist nicht das Problem, eher der Magen. Zuviel Säure.«
    »Ich kann ihm Kräutertee machen, wenn du meinst.«
    »Tee kann er nicht ausstehen.« Ida schnaufte und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Soll er Kaffee trinken. Schließlich ist Feiertag. Siehst du mal nach den Pasteten im anderen Backofen, Rina? Sie dürfen nicht zu lange drinbleiben, sonst schmecken sie wie Gummi.«
    Rina begutachtete die Pasteten. »Sehen prächtig aus! Goldbraune Kruste, die Füllung hat sich gesetzt, ist aber noch feucht.« Sie nahm eine heraus.
    »Mag sein, daß sie gut aussehen. Aber ich weiß nicht, ob sie auch schmecken. Normalerweise nehme ich Kondensmilch.«
    »Garantiert werden sie schmecken!«
    »Mit Kaffeeweißer hab ich sie noch nie gemacht.«
    »Sie werden besser als je zuvor!«
    »Na, wir werden ja sehen.«
    Rina zog das Blech mit den Pasteten aus dem Ofen und goß eine Tasse Kaffee ein. »Ich bringe Dad nur den Kaffee.«
    Ida schnaubte erneut und nahm sich die kandierten Süßkartoffeln vor. Draußen blickten Peter und Randy gerade ihrem Vater über die Schulter und ließen sich den Grundriß erklären. Ginger war unter dem Tisch eingeschlafen. Da Randy und Peter Adoptivkinder waren, hatten sie keine Ähnlichkeit miteinander. Peter war der größere von beiden, aber auch Randy war kein Zwerg. Er hatte einen massigen Brustkorb, kurze Beine, lange Arme. Seine Stirn war breit, seine Haut gerötet. Das schwarze Haar trug er kurz, dazu einen Schnurrbart.
    Lyle sprach über die Dielenbalken, als Rina die Tasse abstellte.
    »Oh, Kaffee!« rief Randy.
    »Ich bring dir auch eine Tasse.«
    »Laß mal, das mach ich«, sagte Decker.
    Randy lachte auf. »Sie hat dich ja gut erzogen, Brüderchen!«
    Decker warf ihm einen düsteren Blick zu, legte den Arm um Rina und flüsterte ihr zu: »Wir nehmen den langen Weg, okay?«
    Rina nickte erfreut.
    Randy brüllte: »Mit Milch und Zucker, Peter!«
    »Kein Problem.« Mit Rina im Arm und Ginger im Gefolge ging er ins Haus zurück, ins Wohnzimmer. Ida hatte Hannah auf den Schoß genommen, und beide bewunderten die Thanksgiving-Parade. Ginger beschnüffelte Hannah, dann Ida. Die alte Frau gab ihm einen sanften Nasenstüber.
    »Platz!« sagte sie.
    Zu Deckers Überraschung parierte der Hund. »Bei mir klappt das nie.«
    »Weil er dich nicht ernst nimmt«, sagte Ida und drehte sich zu ihnen um. »Die arme Hannah. Sie saß hier ganz allein, und keiner hat sich um sie gekümmert.«
    »Danke, Ida.« Rina lächelte.
    »Sieh mal, die Vögel, Grandma!« rief Hannah. »Die fliegen hoch in den Himmel.«
    Ida schenkte ihr ein warmes, aber kurzes Lächeln. »Willst du mit ihnen fliegen? Bis hoch zur Sonne, zum Mond und den Sternen?«
    Hannah erwog den Vorschlag. »Darf Mommy auch mit?«
    Ida zwang sich, ernst zu bleiben. »Natürlich darf sie auch mit.«
    »Setz ihr keinen Floh ins Ohr«, sagte Rina.
    »Ich will sie nur ein bißchen unterhalten«, knurrte Ida. »Ich glaube, der Truthahn muß übergossen werden. Und glasiert. Weißt du, wie das geht? Mit Sirup und Orangensaft?«
    »Aber klar.« Rina ging in die Küche, und Decker setzte sich zu seiner Mutter.
    »Wie läuft’s bei dir, Mom? Alles in Ordnung?«
    »Natürlich ist alles in Ordnung! Warum fragst du?«
    »Du fühlst dich also gut?«
    »Hör endlich auf!«
    »Guck mal, Grandma, ein riesiger Hund!« rief Hannah und zeigte auf die Mattscheibe.
    »Na, der ist ja toll! Peter, welche Rasse ist das?«
    »Sieht aus wie ein Spaniel.«
    »So einen Hund hab ich noch nie gesehen.«
    »Künstlerische Freiheit.«
    Ida schnaubte. Decker benutzte es als Abgang und verschwand in die Küche zu Rina. »Wie lange wollen sie bleiben?« fragte er über die Theke gelehnt.
    Rina blickte vom Backofen auf, klappte ihn zu und stand auf. »Bis wir gute Amerikaner sind.«
    Decker verdrehte die Augen. »Macht sie dir etwa das Leben schwer?«
    »Nein, sie ist nur sauer, weil sie keine
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