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Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt

Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt

Titel: Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt
Autoren: Faye Kellerman
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irgendwie auch zufrieden, als der Schock erst mal vorbei war. Mein Vater war ein schwerer Säufer. Er ließ sich volllaufen, und dann knöpfte er sich jeden vor, der ihm in die Quere kam. Deshalb hatte ich mich auch versteckt. Mein Glück. Sonst hätte ich ein zweistelliges Lebensalter nicht mehr erreicht.«
    Ich antwortete nicht. Mir fiel nichts ein.
    »Ich weiß nicht, warum ich dir das alles erzähle«, sagte er. »Muss an dieser Beichtstuhlatmosphäre um dich herum liegen. Wie weit ist es denn noch bis zu dieser Schule, Terry?«
    »Ach, du liebes bisschen, entschuldige. Wir sind schon dran vorbei.« Ich sah über die Schulter zurück. »Bieg an der nächsten Ampel links ab.«
    Chris ließ den Trans Am ein Stückchen weiterrollen. »Abgelenkt durch unser fesselndes Gespräch?«
    »Ich glaube, das passende Wort ist morbide.«
    Aus lauter Nervosität fing ich an zu lachen. Er auch. Er schaltete das Radio wieder an und stellte den Klassiksender ein. Mozarts Jupitersymphonie – gute Musik zum Fahren.
    »Und wie ist dein zweiter Vorname?«, fragte er. »Mary oder Frances?«
    »Anne.«
    »Ah, Teresa Anne. Anständiger katholischer Name. Ist das da vorne die Schule?«
    »Ja. Du musst ranfahren. Ich muss sie holen.«
    Er hielt am Straßenrand, und ich stieg aus. Das musste man meiner Stiefmutter lassen, Jean behandelte ihre biologische Tochter mit derselben Antipathie, die sie mir gegenüber an den Tag legte. Arme Melissa. Ich arbeitete mich über den Schulhof, bis ich sie entdeckt hatte. Normalerweise war ich müde, wenn ich ankam, und hatte es eilig, nach Hause zu kommen. Aber nun, wo Chris mich hergefahren hatte, wurde mir der Luxus zuteil, sie beim Spielen zu beobachten.
    Meine Schwester schlug auf einen an einem Seil schwingenden Ball ein, ihre schmutzigblonden Zöpfe hüpften im Wind. In ihrem Gesicht lag ein Ausdruck tiefer Konzentration, ihre kleinen Fäuste trafen die Lederhülle, dass die Knöchel rot anliefen. Ihr Gegner war ein Junge aus der zweiten Klasse, der ihr eindeutig überlegen war. Aber sie lieferte ihm einen harten Kampf. Als sie verloren hatte, rief ich zu ihr hinüber. Sie sah auf und kam zu mir gelaufen.
    »Du bist aber früh!«, kreischte sie.
    »Ich hab mich mitnehmen lassen. Komm schon.«
    »Kommen wir noch rechtzeitig für Gornish and Narishkite?«
    Melissas Lieblings-Zeichentrickserie. Meine Stiefmutter hatte sie strikt untersagt, und das nicht ohne Grund. Die Figuren waren eine fette Krähe und ein aufgeplusterter Papagei. Sie hatten nichts anderes zu tun, als gegenseitig auf irgendwelche Körperteile einzuhacken.
    Ich sah auf die Uhr. »Wenn wir uns beeilen.«
    »Yippiiie!« Sie hüpfte auf und ab. Ich nahm ihren Rucksack – ein gelbbraunes Ding mit Aufdruck von Simba aus dem König der Löwen – und warf ihn mir über die Schulter.
    Sie nahm meine Hand, hüpfte mehr, als dass sie ging, neben mir her und zerrte an meiner Schulter. Aber das machte mir nichts. Ihre Hand war weich und warm. Sie roch verschwitzt, aber nicht unangenehm.
    »Ich glaub’s einfach nicht, dass ich Gornish and Narishkite sehen kann. Erzählst du Mom auch nichts davon?«
    »Ich erzähl’s ihr nicht.«
    »Wer bringt uns denn nach Hause? Heidi?«
    »Jemand anderes«, sagte ich. »Hier lang.«
    Ich ging mit ihr zum Auto hinüber, machte die Tür auf und ließ sie auf den Rücksitz klettern. »Das ist Chris«, sagte ich. »Er war so freundlich, uns die Mitfahrgelegenheit anzubieten. Bedank dich.«
    »Danke.«
    »Gern geschehen«, antwortete Chris.
    »Nimmt er uns morgen auch wieder mit?«
    »Übertreib’s nicht, Melissa.« Ich machte die Tür zu. »Im Übrigen hast du morgen Turnen. Leg den Sicherheitsgurt an.«
    »Das kann ich nicht. Ist mir zu schwer.«
    Ich drehte mich um und beugte mich über den Sitz nach hinten, zog Melissa den Gurt um die Taille und schob die Metallschnalle in den Schnappverschluss. Als ich mich wieder aufrichtete, streifte ich Chris aus Versehen und spürte sofort, wie er innerlich versteifte. Ich setzte mich wieder hin und drückte mich in meinen Sitz.
    »Tut mir Leid«, sagte ich.
    »Was?«
    »Ich hab versehentlich … ach, ist nicht so wichtig.« Ich sah aus dem Fenster. »Brauchst du Nachhilfe, Chris?«
    »Ja.«
    »Du hättest einfach anrufen können.«
    »Ich bin in einer ziemlich ungewöhnlichen Situation. Erklär ich dir, wenn wir bei dir angekommen sind.«
    Ich schwieg, er ebenfalls. Dafür steigerte sich Mozart in höchste Höhen. Chris brachte den Wagen vor meiner zweistöckigen
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