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Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt

Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt

Titel: Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt
Autoren: Faye Kellerman
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sie es getan hätte. Sie will einfach nur, dass ich mal wieder der Böse bin. Ach, zum Teufel damit! Wenn sie meint …«
    »Peter!«
    »Schon gut, schon gut. Ich rufe Jan an. Ich werde sogar höflich sein.«
    »Ist das so schwer, Liebchen?«
    »Sehr schwer, mein Schatz.«

2
    Der rote Trans Am folgte mir. Ich hatte schon an dem Blick, den Chris mir bei der Orchesterprobe zugeworfen hatte, gesehen, dass irgendwas kommen würde. Wir gingen seit über einem Jahr in den selben Kurs, und dieser Blick heute war neu. Es gab nur einen Grund, warum Jungen wie er sich für Mädchen wie mich interessierten. Ich nehme an, er wollte sich nicht in aller Öffentlichkeit an mich ranmachen.
    Der Wagen verlangsamte das Tempo und hupte. Ich blieb stehen. Da die rechte Fahrspur zugeparkt war, blockierte der Trans Am den Verkehr. Der Jeep hinter Chris hupte. Chris drehte sich um, warf dem ungeduldigen Fahrer einen bösen Blick zu, dann beschleunigte er und zog den Wagen einen halben Block weiter vorne rechts ran. Ich lief hin. Er ließ das Fenster auf der Beifahrerseite herunter und sagte, ich solle einsteigen.
    »Ich gehe nicht direkt nach Hause«, sagte ich. »Ich muss meine kleine Schwester abholen.«
    »Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, war der Wagen kein Zweisitzer.« Er winkte auffordernd. »Komm schon.«
    Ich machte die Tür auf, stieg ein und ließ meinen Rucksack auf den Boden fallen. »Danke.«
    »Gern geschehen. Wohin fahren wir?«
    »Fahr einfach geradeaus.« Ich hielt die Augen starr auf die Windschutzscheibe gerichtet.
    Die Autos standen Stoßstange an Stoßstange. Seit dem Erdbeben ’94 und der kürzlichen Überschwemmung durch die mehr als hartnäckigen Regenfälle war das West Valley während der Rush Hour zu einer Kriechstrecke geworden. Chris wartete auf die nie kommende Lücke. Aus seinem Autoradio dröhnte Rockmusik. Plötzlich schien sie ihm auf die Nerven zu gehen. Er machte sie mit einem Schlag auf den Knopf aus.
    Ein Jetta stoppte und winkte Chris herein.
    »Danke, Schätzchen«, murmelte er in sich hinein. Zu mir sagte er: »Wie weit fahren wir?«
    »Noch ungefähr drei Kilometer.«
    »Und das gehst du jeden Tag zu Fuß?«
    »Es ist ein gutes Training.«
    »Und was machst du, wenn es regnet?«
    »Dann nehme ich einen Regenschirm. Manchmal, wenn es gerade passt, überlässt mir meine Stiefmutter auch das Auto.«
    Chris schwieg einen Moment. »Du lebst bei deinem Vater und deiner Stiefmutter?«
    »Ja.«
    »Wo ist deine Mutter?«
    Ich zögerte. Das war eine viel zu persönliche Frage, aber ich beantwortete sie trotzdem. »Sie starb bei meiner Geburt.«
    Chris machte eine kurze Pause, dann zog er eine Augenbraue hoch. »Dein Dad ist wohl ein guter Katholik, was?«
    Ich sah ihn verständnislos an. Sein Gesichtsausdruck verriet nichts.
    »Die Ungetauften vor den Getauften.« Er zog ein Kruzifix unter dem T-Shirt vor. »Erkennt man nur, wenn man selber einer ist.«
    Ich antwortete nicht. In dieser Stadt der religiösen Gleichgültigkeit traf man nur selten auf einen Jungen, der sich offen zum Katholizismus bekannte, geschweige denn einen, der selber aussah wie Jesus.
    Er sagte: »Was ist mit dir? Bist du ein gutes, katholisches Mädchen?«
    »Gut genug, um mich wegen des Todes meiner Mutter schuldig zu fühlen.«
    »Die Nonnen müssen ihre Freude an dir gehabt haben.«
    »Eher mein Vater.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Es ist mehr, was er nicht gesagt hat.«
    Er verfiel in Schweigen. Ich sah vor mich in den Schoß.
    »Gehst du noch zur Messe?«, fragte er.
    »Manchmal.«
    »Ich gehe auch manchmal hin. Man legt alte Gewohnheiten nur schwer ab.«
    Ich lächelte und nickte. Er war zum Reden entschlossen. Und weil es nun mal so war, lenkte ich das Gespräch von mir selber weg. »Du lebst allein, nicht?«
    »Yep.«
    »Und wo sind deine Eltern?«, fragte ich.
    »Sie sind tot.«
    »Alle beide?«
    »Ja, alle beide.«
    Ich fühlte, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg. »Das war dumm von mir.«
    »So etwas wie eine dumme Reaktion gibt es nicht.« Er klopfte auf das Lenkrad. »Meine Mom starb an Brustkrebs, als ich dreizehn war. Mein Vater wurde ermordet, als ich nicht ganz zehn war. Eine Sache im Milieu. Ich saß im Schrank, als der Killer kam, hab alles mit angesehen …«
    »O mein Gott!« Ich schnappte nach Luft. »Das ist ja furchtbar!«
    »Ja. Ich hatte ziemliche Angst.«
    Es wurde still im Wagen.
    »Der einzige Lichtblick dabei war, dass ich den Mistkerl hasste.« Er kratzte sich am Kopf. »Deswegen war ich
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