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Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde

Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde

Titel: Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde
Autoren: Faye Kellerman
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der, der immer nicht vorankommt, wissen Sie noch?«
    Decker schwieg.
    »Nein, ich gehe keine Risiken ein«, bekräftigte Gold. »Aber ich tue, was ich tun muß.«
    Wieder senkte sich Stille über die beiden Männer.
    »Sie sind ein gläubiger Mann, Sergeant?« fragte Gold.
    »Manchmal.«
    Gold lächelte. »Die Antwort gefällt mir. Mir geht es genauso, manchmal bin ich sehr religiös. Lernen Sie?«
    »Wenn ich Gelegenheit dazu habe.«
    »Haben Sie vielleicht schon mal von der Arej miklat gehört?«
    »Der Stadt der Zuflucht«, übersetzte Decker.
    »Der Stadt der Zuflucht«, wiederholte Gold. »Wenn jemand einen der Deinen ermordet –«
    »Einen Verwandten, Mr. Gold. Und der Mord muß ein Unfall sein.«
    Gold zögerte. »Ja, Sie sind der Gelehrte. Es war ein Verwandter und es mußte ein Unfall sein. Aber egal. Jedenfalls, wenn der Täter einen der Deinen tötet, und du bist so zornig, so voller Wut, daß du Rache nimmst, dann macht das Gesetz eine Ausnahme, und du bekommst nicht die Todesstrafe für diesen Mord.«
    »Aber du wirst bestraft«, bemerkte Decker.
    »Vielleicht ausgepeitscht, ich weiß nicht mehr. Aber du bekommst nicht die Todesstrafe.«
    »Es sei denn, der Täter schafft es in eine der Städte der Zuflucht. Dann darfst du ihn nicht töten.«
    »Das stimmt.« Gold starrte Decker an. »Manchmal glauben die Leute, sie haben eine Zufluchtsstätte gefunden. Sie glauben es, aber es ist nicht so. Denn wenn es ein vorsätzliches Verbrechen ist, gibt es keine Zuflucht. Nirgends auf der Welt. An keinem Ort unter Gottes Himmel. Die Person mag glauben, daß er – oder sie – sicher ist. Aber das ist ein Irrtum.«
    »Insbesondere wenn der Jäger ein guter Scharfschütze ist, der aus fünf Kilometer Entfernung einen Nagel in die Wand schießen kann.«
    Gold lächelte. »Sie machen sich gründliche Notizen.«
    »Es ist gar nicht so schwer«, sagte Decker, »sich mit den Kenntnissen von den Golanhöhen nach Syrien einzuschleichen und ein paar Schüsse abzugeben.«
    »Wenn Sie glauben, daß das einfach ist, versuchen Sie’s mal«, empfahl Gold.
    »Sie müssen Dalia sehr geliebt haben«, stellte Decker fest. »Gerade eben haben Sie von ihr als einer der Ihren gesprochen.«
    Gold rieb die Hände gegeneinander. »Es war einmal vor langer Zeit ein kleiner Junge von fünf Jahren, der um Haaresbreite den Nazis entkommen ist. Der Junge hatte Eltern und einen Bruder. Er wurde nicht von den Nazis mitgenommen, weil er sich versteckte, als sie kamen. Sie haben ihn einfach übersehen. Aber der Junge erinnerte sich sehr gut an den Ausdruck in Mutters Gesicht, als die Nazis die Familie mitnehmen, besonders aber an den Gesichtsausdruck, als sie der Mutter den jüngeren Bruder wegnehmen. Es war schrecklich, verstehen Sie?«
    Decker nickte.
    »Gut. Ich dachte mir, daß Sie das verstehen würden. Ich erinnere mich noch, daß Sie mir erzählt haben, daß Sie für Amerika im Krieg waren, richtig?«
    »Richtig.«
    »Sehen Sie, ich habe auch ein gutes Gedächtnis.«
    »Was ist aus dem kleinen Jungen geworden?«
    »Irgendwie hat er es geschafft, durch den Krieg zu kommen. Er war sehr jung, also kann er sich nicht an sehr viel erinnern. Aber er hat es geschafft. Dann kommt er irgendwie nach Palästina und wächst zu einem jungen Mann heran. Und Palästina wird zu Israel. Junger Mann wird Israeli. Nun hat er so etwas wie eine Familie. Es hatten so viele eine große Familie, die Israel hieß, weil so viele ihre ganze Familie im Krieg verloren hatten.«
    Gold fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
    »Eines Tages sieht der junge Mann eine Liste in der Zeitung. Es gibt unendlich viele Listen, er liest sie alle. Aber diese ist eine sehr wichtige Liste. Sie sagt ihm, daß er noch immer eine Mutter hat. Sie ist nicht gestorben wie der Vater und der Bruder. Sie lebt noch. Er fühlt Freude im Herzen. Er geht zur Mutter.«
    Es entstand eine Pause.
    »Man kann das Rad nicht zurückdrehen«, sagte Gold. »Der Mann sieht die Mutter, aber sie ist nicht mehr dieselbe. Sie hat große Angst. Sie verläßt nie das Haus. Sie hat wieder geheiratet, einen sehr reichen Mann, der älter ist als sie. Zum Schutz. Der junge Mann sorgt sich. Er macht sich Sorgen, daß der neue Ehemann es nicht wollen wird, wenn ein Sohn in das Leben seiner Mutter zurückkehrt. Denn dann wird der neue Mann sie vielleicht nicht mehr wollen. Und der junge Mann will seine Mutter nicht noch mehr leiden sehen.
    Also fällen sie einen Beschluß. Sie sagen dem Ehemann nichts. Der junge
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