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Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde

Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde

Titel: Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde
Autoren: Faye Kellerman
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dir.«
    Gil schloß die Augen und ließ sich ins Kissen zurückfallen.
    Rina tätschelte seine Hände. »Keine Aufregung, Gil. Du hast es mir nicht gesagt. Ich hab’s erraten.«

38
    Nach einem einstündigen Nickerchen fühlte Decker sich schon viel besser. Er duschte und rasierte sich, dann zog er sich an, wobei er automatisch nach einem nicht vorhandenen Schulterholster griff. Er brütete noch immer über seine »Nacktheit«, als das Telefon klingelte. Er nahm den Hörer ab.
    »Bitte, ich muß mit Ihnen reden.«
    Eine Frauenstimme – die sich bekannt anhörte.
    »Wo sind Sie?« ging Decker darauf ein.
    »Unten«, sagte sie. »Ich würde gern zu Ihnen ins Zimmer hoch kommen. So wenig Aufmerksamkeit wie möglich.«
    Da ging ihm ein Licht auf. Honey Klein. Decker sagte: »Gut.« Er gab ihr seine Zimmernummer. Eine Minute später ging er auf ein Klopfen hin zur Tür.
    Wenn Decker die Stimme nicht gehört hätte, hätte er die Person nicht wiedererkannt. Während sie bei ihm zu Hause gewesen war, hatte Honey sich nach gemäßigt orthodoxer Tradition gekleidet – im langärmeligen, wadenlangen Kleid –, und ihr Haar war stets bedeckt gewesen. Aber nach dem zu schließen, wie sie jetzt aussah, wußte Decker, daß etwas in ihr zerbrochen sein mußte. Zwischen all dem Schwarz, das ihren Körper umhüllte, war nur noch ihr Gesicht zu sehen. Ein verhärmtes Gesicht mit dunklen Schatten um die eingesunkenen Augen. Sie sah eher wie eine Nonne im Ordensgewand aus als wie eine jüdische Frau.
    Sie sah sich in dem Hotelzimmer um, dann heftete sie die müden Augen auf Decker. »Wo ist Rina?«
    »Sie ist nicht da.«
    Honey setzte sich aufs Bett und atmete tief aus. »Heute morgen habe ich gelesen, was Sie in der Jeschiwa getan haben – eine wirkliche Mizwe. Ich freue mich für Rina, daß sie einen solchen Zadik wiedergeheiratet hat – so einen anständigen Mann.«
    In ihrer Stimme klang Schmerz mit.
    »In dem Artikel stand, daß Sie ursprünglich auf Urlaub hergekommen wären. Ich weiß, daß Sie und Rina keinen Urlaub geplant haben. Aber ich weiß, daß Sie wegen Ihres Falls da sind. Doch Rina? Ich habe mich gefragt, ob sie nicht hergekommen ist, um nach mir zu suchen.«
    »Das ist sie tatsächlich, sie hat sich große Sorgen um die Kinder gemacht.«
    »Das sieht Rina ähnlich. Dem Zadik seine Zadejkess. Sie ist eine gute Frau. Was Midess betrifft, kann ich bei ihr Unterricht nehmen.« Honey sah Decker an. »Ich kann mich nicht mehr verstecken, Akiva. Nicht daß ich es körperlich nicht getan haben könnte … Sie hätten mich nicht wiedererkannt. Stimmt’s?«
    »Absolut nicht.«
    »Ich halte das Versteckspielen mental nicht aus. Ich kann es meinen Kindern nicht antun. Ich bin hier, um dem Unheil, das ich angerichtet habe, ein Ende zu bereiten. Was wollen Sie mit mir machen?«
    »Wir würden Ihnen von offizieller Seite gern ein paar Fragen stellen, Honey.«
    »Fragen Sie.«
    »Es wäre besser, wenn wir dieses Gespräch in Amerika führen würden.«
    Honey ließ die Schultern hängen. »Es sollte nicht so enden.« In ihren Augen stiegen Tränen auf. »Ich wollte doch nur eine zweite Chance. Es war nicht …«
    Decker wartete.
    »Mir kann nichts mehr helfen«, flüsterte Honey. »Es war alles meine Schuld. Der Rebbe sagte, ich solle Geduld mit Gershon haben.« Sie sah ihn an. »Ich habe die Geduld verloren, Akiva. Ich habe einfach … aufgegeben. Man darf nie, niemals aufgeben.«
    »Sie haben lange Zeit bei Gershon ausgehalten, Honey.«
    Sie wischte sich mit dem Handrücken über ihre nassen Augen. »Ich weiß, daß Sie mir nicht glauben werden, aber ich hatte nichts mit seinem Tod zu tun.«
    »Ich glaube Ihnen«, sagte Decker. »Aber zu Ihrem eigenen Schutz schlage ich vor, daß Sie nicht ohne Anwalt mit mir sprechen. Schließlich habe ich einen Eid als Polizist geleistet. Und wenn Sie etwas Belastendes sagen, könnte ich es gegen Sie verwenden.«
    Honey nickte. »Aber wenn ich will, kann ich mit Ihnen reden?«
    Decker schlug die Augen gen Himmel. »Bitte nicht. Warten Sie, bis Sie wieder in New York sind.«
    »Aber ich möchte es Ihnen erklären. Ich habe versucht, mich von Gershon scheiden zu lassen –«
    »Honey –«
    »Er hat sich geweigert, mir einen Get zu geben. Ich saß fest. Es sollte nicht so kommen. Ich habe ihn nicht …«
    »Ich weiß«, sagte Decker. »Sie haben den Rebbe um Hilfe gebeten, nicht wahr?«
    Honey schwieg. Ihre Augen sahen in weite Ferne. »Es ist zu schade, daß Sie und Rina Gershon nicht gekannt
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