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Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt

Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt

Titel: Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt
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Detectives, die vor ihrer Tür gestanden und behauptet hatten, sie würde einer Kriminellen Unterschlupf gewähren. So ein Quatsch! Sie waren geblieben, hatten das Haus beobachtet und waren ihr, wie sie vermutete, heimlich gefolgt, als Lars sie zum Friseur fuhr, zum Bridge spielen und zum Cahill House, wo sie ihre Zeit opferte, um Zuflucht suchenden, unverheirateten Schwangeren im Teenageralter oder knapp darüber zur Seite zu stehen.
    Natürlich hatte die Polizei nichts herausgefunden.
    Weil sie vollkommen unschuldig war. Trotzdem war sie nach wie vor darüber verärgert.
    Eugenia blickte in die Nacht hinaus – und fror plötzlich. Sie sah ihr eigenes Spiegelbild, das gespenstische Bild einer kleinen Frau vor dem weichen Licht antiker Lampen, und es überraschte sie, wie alt sie aussah. Ihre Augen, vergrößert durch die Brille, die sie seit ihrer Staroperation vor ein paar Jahren trug, erinnerten an eine Eule. Ihr einstmals leuchtend rotes Haar war jetzt adrett frisiert und eher blass apricotfarben als rötlich blond. Sie schien um Zentimeter geschrumpft, kaum noch eins fünfzig groß zu sein. Ihr Gesicht war zwar erstaunlich faltenlos, doch es begann schlaff zu werden, und das verabscheute sie. Sie verabscheute es, alt zu werden. Verabscheute es, zum alten Eisen gezählt zu werden. Sie hatte schon erwogen, sich die Augen »machen« oder das Gesicht »straffen« zu lassen, hatte sogar schon an Botox gedacht, aber warum eigentlich?
    Eitelkeit?
    Nach allem, was sie durchgestanden hatte, erschien es ihr banal.
    Gut, sie war schon über achtzig. Na und? Sie wusste, dass sie nicht mehr jung war, ihre arthritischen Knie waren Beweis genug, aber sie war noch längst nicht reif für irgendeine Art von betreutem Wohnen oder eine Seniorenresidenz. Noch nicht.
    Knaaarrr!
    Das Geräusch einer sich öffnenden Tür?
    Ihr Herzschlag beschleunigte sich.
    Dieses letzte Geräusch entsprang nicht ihrer Einbildung. »Cissy?«, rief sie erneut und warf einen Blick auf Coco, der auf das Geräusch hin kaum sein müdes Köpfchen hob und kein warnendes Bellen von sich gab. »Liebes, bist du das?«
    Wer sonst?
    Sonntag- und montagabends war sie gewöhnlich allein; ihre »Gesellschafterin«, Deborah, fuhr dann meistens zu ihrer Schwester aufs Land, das Hausmädchen ging um 17.00 Uhr, und Elsa, die Köchin, hatte zwei Tage frei. Lars machte jeden Abend um 18.00 Uhr Feierabend, es sei denn, sie benötigte seine Dienste, und normalerweise störte sie es nicht, allein zu sein. Sie genoss den Frieden und die Stille. Aber an diesem Abend …
    Auf ihren Stock gestützt, ging sie in den Flur, der den Wohnbereich von ihrem Schlafzimmer trennte. »Cissy?«, rief sie die Treppe hinunter. Sie schimpfte sich einen Angsthasen. Brachte ihr fortgeschrittenes Alter etwa auch Verfolgungswahn mit sich?
    Doch der Zweifel fuhr mit kaltem Finger über ihren Rücken und sagte etwas anderes, und obwohl die Heizung summte, kroch eine Kälte, eisig wie das tiefe Wasser der Bucht, bis in ihre Knochen. Sie hatte das Geländer erreicht, hielt sich an dem glatten Treppenlauf aus Rosenholz fest und spähte hinunter ins Erdgeschoss. Im abendlichen Dämmerlicht sah sie den glänzenden Fliesenboden, den Louis-XVI-Intarsientisch und die Ficus Benjamini vor den abgeschrägten Fenstern neben der Haustür.
    Alles war wie immer.
    Aber Cissy war nicht da.
    Merkwürdig, dachte Eugenia erneut und rieb sich die Arme. Noch merkwürdiger war, dass ihr Hund sich so passiv verhielt. Coco war zwar alt und litt unter Arthrose, aber er hörte noch gut und brachte gewöhnlich genug Energie auf, um beim geringsten Geräusch zu knurren und zu bellen. Doch an diesem Abend lag er nur träge in seinem Körbchen neben Eugenias Strickbeutel, mit offenen Augen, aber leerem Blick. Beinahe, als stünde er unter Drogen …
    Ach, um Himmels willen! Sie ließ sich gehen, ließ ihrer lebhaften Phantasie allzu sehr die Zügel schießen. Innerlich gab sie sich einen Ruck. Das hatte man davon, wenn man sich fünf Abende hintereinander Alfred-Hitchcock-Filme ansah.
    Also, wo zum Teufel steckte Cissy?
    Sie kramte in der Tasche ihres dicken Pullovers nach dem Handy. Nicht da. Das verflixte Ding war weg; wahrscheinlich hatte sie es auf dem Tisch bei dem Strickzeug liegen gelassen.
    Als sie sich wieder zum Wohnzimmer umwandte, hörte sie das leise Scharren von Schritten, Ledersohlen auf Holz.
    Ganz nahe.
    Der Duft eines Parfüms, den sie fast vergessen hatte, wehte ihr in die Nase, und es sträubten sich ihr die
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