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DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

Titel: DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
Autoren: Tim Curran
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und verspürte Anspannung, aber auch ein Hochgefühl. Endlich war es so weit. Endlich musste er nicht länger mit mathematischen Gleichungen auf dem Papier herumspielen, keine Spekulationen über die Launen der interdimensionalen Physik anstellen, sich nicht in bleiverkleideten Tresoren verstecken und Blut husten und erbrechen und seinen Haaren dabei zusehen, wie sie ihm von der Strahlenkrankheit ausfielen.
    Es war so weit.
    Jetzt war es wirklich so weit.
    Das Wesen kam. Es kam, um ihn zu holen, und keine dem Menschen, der Natur oder Gott untertane Kraft konnte es aufhalten. Nichts konnte dieser atmenden, zischenden Missgeburt Einhalt gebieten, die sich durch Zeit und Raum fraß wie eine Made durch totes Fleisch.
    Lass dich jetzt nicht von deinen Gefühlen und deiner Fantasie überwältigen, warnte Greenberg sich. Du bist ein Beobachter, ein Wissenschaftler. Vergiss das nicht. Zittere nicht vor Angst, wenn du diese Bestie ansiehst. Lass sie nicht deine Angst spüren.
    Aber dafür war es zu spät, und das wusste Greenberg nur zu gut. Denn der Nebelteufel witterte schon seit einiger Zeit seine Angst. Schon seit Wochen leckte er an seinem Geist, nagte an seinen Gedanken und saugte mit seinem wachsenden, übermenschlichen Hunger das Salz aus seinem Unterbewusstsein ab. Vorsichtig bearbeitete er ihn und kostete ihn, legte die kandierten Schichten seiner Psyche frei. Mittlerweile hatte er das cremige, köstliche Nougat in seinem Kern gefunden – die Angst . Eine sinnlose, tobende, menschliche Angst, und so etwas galt als Delikatesse für diesen Teufel des Nebels und des Antiraums. Er hatte Greenberg mit seinem zehrenden Atem markiert, ihn gesüßt, ihn reifen lassen wie die saftigen Reben eines Weinstocks, und jetzt kam er, um ihn zu ernten.
    Um seinen Verstand roh zu verschlingen.
    Ruhig, ganz ruhig!, ermahnte Greenberg sich.
    Aber es fiel ihm nicht leicht. Ganz und gar nicht, denn der Geigerzähler klickte wie verrückt, und die analoge Anzeige stieg und fiel in schneller Folge und zeigte einen Spitzenwert von 300 Impulsen pro Sekunde. Das lag schon deutlich über dem sicheren Wert. Greenberg beobachtete die Nadel ... 500, 700, immer höher, ohne zurückzufallen. Das Klicken kam so schnell, dass es wie das Rauschen eines alten Radios klang. Nun hing die Anzeigenadel fest, und Greenberg wusste, dass er von einem prasselnden Schwarm geladener subatomarer Teilchen überschwemmt wurde, die sich mitten durch ihn hindurchbrannten.
    Allmächtiger!
    Abrupt wurde er von einem beinahe hysterischen, abergläubischen Grauen erfasst, das in ihm aufwallte wie Schwaden von Giftgas. Und der Nebel ... großer Gott, der Nebel, sieh dir den Nebel an ...
    Der Nebel wurde von einer Art summender Leuchtkraft verschlungen, die ihn mit Licht, Bewegung und flackernden Umrissen erfüllte. Er explodierte in einem sprudelnden, vielfarbigen Glanz, der wie flüssige Farbe herunterlief und tropfte und sickerte, um sich aufzulösen wie Tinte im Wasser. Ja, es handelte sich um Farben und Prismen und eine expandierende dunkle Andeutung von Wirbeln aus tiefenloser schwarzer Materie, grell und blendend – verzerrte geometrische Formen und lebendige Polyeder und mehr, noch mehr, immer mehr. Der Nebel war Nebel und doch kein Nebel. Flüssig und fest, dann gasförmig, schließlich eine wogende Fäulnis, die sich aufblähte wie ein mit Dreck gefüllter Ballon.
    Greenberg konnte es spüren, tief in seinem Inneren spüren, wie es sich in sein Gehirn hineinfraß und seinen tobenden Geist mit unbekannten, unsichtbaren und blasphemischen Substanzen anfüllte.
    Seine Hand krampfte sich um die Zündleine der Bombe.
    Aber er zögerte.
    Noch nicht, noch nicht, noch nicht. Ich muss es sehen, ich muss es sehen. Gott hilf mir, ich muss ... diesen ... Albtraum ... sehen ...
    Aber manche Götter schienen nicht dazu bestimmt zu sein, von sterblichen Augen erblickt zu werden. Und Greenbergs Augen waren unrein und vergänglich. Deshalb spürte er, wie eine Hitze nach ihm griff, um ihm die Augen aus den Höhlen zu brennen. Qualvolle Schmerzen schossen in Wellen durch sein Gehirn, und Blut lief ihm aus Nase und Ohren, aber er wollte es sehen, er würde es sehen, bei Gott, er würde es ansehen und wissen.
    Der Nebel schien nicht länger Nebel, sondern Fleisch, schwabbeliges, leuchtendes Fleisch, rosa und gelb und durchzogen von wimmelnden Arterien, die pulsierten und sich wie Tentakel wanden. Eine gewaltige Masse aus radioaktivem Smog, der Fleisch ward und wieder Smog ward,
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