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Dead Cat Bounce

Dead Cat Bounce

Titel: Dead Cat Bounce
Autoren: Nic Bennett
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hob.
    »Nein, nein, der Name ist cool. Ich wollte es nur wissen«, beeilte sich Jonah zu sagen, während er die Rolltreppe betrat. Er beschloss, die Taktik zu wechseln. »Waren das wirklich Haie in dem Aquarium?«, fragte er.
    »Ja«, antwortete David, der drei Stufen über ihm stand. »Ich finde es ja ziemlich albern, aber es soll etwas über die Art und Weise aussagen, in der wir hier Geschäfte machen. Es soll die Kunden beeindrucken. Der Empfangsbereich wird von uns nur das Haifischbecken genannt.«
    Während der Fahrt stellte sich Jonah auf dieselbe Stufe wie sein Vater. Er hielt die Haie nicht für albern. Haie standen in der Nahrungskette ganz oben. So wie Löwen. Und Ferraris.
    Ein dicker Mann, der auf einer abwärtsfahrenden Rolltreppe stand, begrüßte Jonahs Vater. »Morgen, Biff.«
    »Morgen, Flash. Wie macht sich Asien?«, erwiderte David.
    »Gar nicht mal so schlecht«, sagte der Dicke, während er an ihnen vorbeifuhr.
    Jonah drehte sich um und sah dem Mann hinterher. Dann ging sein Blick wieder zu David. Als sie oben waren, betraten sie einen langen Korridor. »Warum hat der Mann eben Biff zu dir gesagt?«, fragte er.
    »Das ist mein Spitzname. Genau wie die Bank hat auch fast jeder Mitarbeiter hier einen Spitznamen.«
    Jonah überlegte eine Sekunde. »Ist Biff nicht dieser Typ aus Zurück in die Zukunft?«
    »Ja«, erwiderte David im Gehen.
    »Ist das nicht dieser Schläger, der ständig die anderen verprügelt?«
    Plötzlich blieb David stehen und starrte seinen Sohn an, als würde er sich fragen, wie viel er noch ertragen konnte. »Stimmt. Aber ich werde Biff genannt, weil ich mich einmal geweigert habe, jemanden zu verprügeln.«
    Jonah verzog verwirrt das Gesicht. »Das verstehe ich nicht«, beharrte er.
    »Viele Spitznamen hier bedeuten genau das Gegenteil. Man gewöhnt sich dran.« Sein Vater zuckte mit den Schultern und ging weiter.
    »Würde ich auch einen Spitznamen bekommen, wenn ich hier arbeiten würde?«, fragte Jonah.
    »Wie bitte?«
    »Würde ich auch einen Spitznamen bekommen?« Er hatte immer einen haben wollen, und dass in der Schule einige der Älteren »Lighty« zu ihm sagten, zählte eigentlich nicht.
    »Wahrscheinlich«, sagte David, ohne sich umzudrehen.
    »Cool. Darf man sich einen aussuchen?«, wollte Jonah wissen. Er wartete nicht auf die Antwort seines Vaters. »Ich will nämlich nicht so einen Namen wie du haben. Ich will nicht so heißen wie ein kompletter Idiot.« Kaum hatte er das gesagt, wusste er, dass es dumm gewesen war. Ihre Blicke trafen sich und für einen Moment starrten sich Jonah und David an und dachten an all die Jahre voller Kummer und gegenseitiger Enttäuschung.
    David wandte sich ab. Sie waren vor einer riesigen Doppeltür stehen geblieben. Er fuhr mit seiner Ausweiskarte über einen Sensor an der rechten Seite, drehte den Kopf nach hinten und sah Jonah an. »Dann ist ja gut, dass du nicht hier arbeitest, stimmt’s?«
    Doch Jonah hörte ihm gar nicht zu.
    Die Tür hatte sich geöffnet.

2
    »Wow!«, rief Jonah mit offenem Mund. Vor ihm standen endlose Reihen mit Schreibtischen, im größten Raum, den er je in seinem Leben gesehen hatte, so lang wie ein Fußballfeld. Die Schreibtische waren in Gruppen zu je acht oder sechzehn Tischen zusammengestellt und auf jedem standen mindestens zwei Computerbildschirme. Bei einigen waren es sogar vier. Die Monitore schienen ein Eigenleben zu führen; sie blinkten und funkelten wie hyperaktive Weihnachtsbäume. An jedem Schreibtisch stand ein Stuhl, an dessen Lehne ein Jackett hing, und fast auf jedem Stuhl saß jemand. Einige hockten vornübergebeugt, in sich zusammengesunken, das Gesicht konzentriert, die Stimme leise. Andere dagegen lehnten sich ganz entspannt zurück, hatten die Füße hochgelegt, manchmal ein Lächeln im Gesicht. Viele standen, unterhielten sich mit weit ausladenden Gesten, aufgeregt, begeistert, eindringlich. Und jeder war irgendwie mit einem oder zwei Telefonen verbunden. Manche hatten den Hörer an das rechte Ohr gedrückt und umklammerten ihn mit der rechten Hand, bei anderen war er an das linke Ohr geklemmt, während der rechte Arm lässig auf dem Kopf lag. Einige hielten ihn mit ausgestrecktem Arm wie eine im Genick gepackte Katze von sich weg und manchmal baumelte er am Kabel wie ein Gehängter.
    »Wow«, sagte Jonah noch einmal. Er rührte sich nicht vom Fleck. Eine Gänsehaut überlief ihn. Die Luft schien elektrisch geladen zu sein. Er hatte das gleiche Gefühl wie vor einem Rennen oder
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