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Dead Cat Bounce

Dead Cat Bounce

Titel: Dead Cat Bounce
Autoren: Nic Bennett
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einer Prüfung – der Knoten im Magen, der Eindruck, unbekanntes Terrain zu betreten und sich dabei auf nichts anderes als auf die eigenen Sinne verlassen zu können. Seine Finger zuckten.
    Er atmete heftig durch die Nase. Irgendwo tief in seinem Innern wachte etwas auf. Seine Nasenflügel bebten, sein Puls wurde schneller. Ein komplexer Geruch strömte durch den Raum. Der kalte Hauch von Technik, von Computern, Metall, Glas, der Klimaanlage. Der warme Duft von Kaffee, Speck und Toast. Doch Jonah stieg noch etwas anderes in die Nase, etwas Subtiles, das er nicht sofort identifizieren konnte. Es war primitiv und elementar. Es ließ ihn an Gladiatoren denken, an Ritter zu Pferd, die mit gesenkter Lanze in einer Reihe standen, an Infanteristen, die aus den Schützengräben sprangen und mit aufgepflanztem Bajonett vorwärtsstürmten, das Gesicht verzerrt vor Wut und Angst. Ja, genau das war es! Es war Kampfgeruch.
    »Komm schon«, sagte David. »Das ist doch nicht der Grand Canyon.«
    Jonah machte sich so groß, wie es nur ging. Dann nahm er die Schultern zurück, als wäre er ein Soldat, und betrat zum ersten Mal in seinem Leben einen Handelssaal.
    Er hoffte inständig, dass es nicht das letzte Mal sein würde.
    Als sie zu Davids Schreibtisch gingen, der ein Drittel den Raum hinunter in der zweiten Reihe von links lag, hatte Jonah das Gefühl, durch eine Geräuschkulisse zu laufen. Das Gemurmel und Geschrei schien von dem riesigen Saal aufgesogen und dann als Wand aus weißem Rauschen nach unten geworfen zu werden, zusammen mit gellenden Schreien und lauten Zurufen: »Zweitausend Geld!«, »Viertausend Brief!«, »An dich!«, »Von dir!«, »OKAY!«
    David schüttelte den Kopf. »Am frühen Vormittag geht es für gewöhnlich am hektischsten zu«, meinte er. »Später wird es dann ruhiger.«
    Jonah war sich nicht sicher, ob er wollte, dass es ruhiger wurde.
    Sie hatten Davids Schreibtisch erreicht, der mit sieben anderen zusammen in einer Gruppe stand. Die Tische waren aus Holz mit Kunststofffurnier und durch Trennwände aus Glas voneinander abgeteilt. Die Männer, die links und rechts von seinem Dad saßen, waren beide jünger als er und telefonierten gerade. Jonah hielt die beiden für Brüder, da keine zwei Leute derart buschige Augenbrauen und struppige Haare haben konnten, ohne miteinander verwandt zu sein. Sie starrten Jonah und seinen Vater missmutig an, dann legte der Mann auf der linken Seite die Hand auf die Sprechmuschel seines Telefonhörers. »Biff, Scrotycz versucht schon die ganze Zeit, dich zu erreichen. Du solltest ihn sofort zurückrufen.« Dann ging sein Blick zu Jonah. »Ich wusste gar nicht, dass später Zwergenbowling geplant ist!«, sagte er. Dann brach er in lautes Gelächter aus und setzte sein Gespräch fort, ohne auf eine Antwort zu warten.
    Jonah spürte, wie sein Vater sich verkrampfte, während er ihn zu seinem Schreibtisch dirigierte. Der Junge stellte seinen halb leeren Kaffeebecher auf die Schreibtischplatte und sah sich um. Es überraschte ihn nicht weiter, dass es am Arbeitsplatz seines Vaters weder Familienfotos noch sonstige persönliche Dinge gab. Bis auf drei gelbe Klebezettel war der Schreibtisch völlig leer. Jonah sah zu, wie sein Vater jeden einzelnen davon las, bevor er sie von der Platte löste und in den Papierkorb warf. »Dieser verdammte Scrotycz«, murmelte er.
    »Warum hängt denn ein Jackett auf der Lehne deines Stuhls? Hast du das vergessen?«, fragte Jonah.
    »Das ist eine Tradition«, erklärte David, als er einen zweiten Stuhl für Jonah an den Schreibtisch schob. »Früher hat man das gemacht, damit der Chef dachte, man sei hier und würde Geld verdienen, auch wenn man gerade in der Mittagspause war. Jeder hatte zwei Jacketts. Eines trug man, das andere war für den Stuhl gedacht.« David zog sein Jackett aus und hängte es über die Rückenlehne von Jonahs Stuhl. »So, jetzt hast du auch eins«, sagte er. Dann knöpfte er die Manschetten seines Hemds auf und krempelte die Ärmel hoch.
    »Wer ist Scrotycz?«, wollte Jonah wissen, der dem Beispiel seines Vaters folgte und ebenfalls die Hemdsärmel aufkrempelte. Ihm fiel auf, dass sie die Einzigen waren, die keine Krawatte trugen.
    »Das ist einer meiner Kunden«, erwiderte David. »Ich werde ihn gleich anrufen.«
    »Und deine Kunden sind die Leute, um deren Geld du dich kümmerst?« Jonah erinnerte sich an Gesprächsfetzen der Telefonanrufe, die sein Vater häufig beim Abendessen entgegennehmen musste.
    »Genau. Ich
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