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Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir
Autoren: Y Woon
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Eltern waren tot und ich hatte keine Vorstellung davon, was jetzt kommen würde. Aber Angst hatte ich nicht. Ich war am Leben, und als ich den Hörer abnahm, um Annies Nummer zu wählen, schloss ich die Augen und versprach meinen Eltern, das nie wieder für selbstverständlich zu halten.

Zweites Kapitel
    Das Gottfried-Institut
    A ls ich Annie vom Gottfried-Institut erzählte, klang sie noch aufgelöster als ich. »Aber du kannst nicht wegziehen! Wer soll dann meine beste Freundin sein? Wer soll deine beste Freundin sein? Du kannst doch bei uns wohnen, dann sind wir richtige Schwestern, wie wir es früher immer gewollt haben. Du kannst ins Arbeitszimmer ziehen.« Das war genau, was ich hören wollte, aber jetzt, wo sie es aussprach, wurde mir klar, wie unrealistisch es war. Annie hatte bereits zwei kleine Brüder und eine Schwester, um die sich ihre Eltern kümmern mussten, weshalb sie weder Schlafzimmer noch Zeit übrig hatten. Meine Eltern hätten sich von mir Mut und Selbstständigkeit gewünscht. Mit Wegrennen oder Bei-Annie-Einziehen würde ich meine Probleme nicht lösen. Wohin sollte ich auch gehen, wenn ich nur ein einziges Ziel hatte: zurück in die Vergangenheit. Und so war ich, als Annie kurz Luft holte, auf einmal diejenige, die sie beschwichtigte.
    »Aber wo soll dein Vater arbeiten?«
    »In der Küche. Oder im Wohnzimmer. Wir finden schon Platz.«
    Ich seufzte. »Das könnte ich nicht bringen«, sagte ich. »Und deine Mom hat eh so viel um die Ohren …«
    »Aber was ist mit der Schule? Und deinen ganzen Freunden? Und Wes?«
    Der Gedanke, sie alle zurückzulassen, versetzte mir einen Stich. Doch ich zwang mich, daran zu glauben, dass meine Eltern mit Bedacht meinen Großvater zu meinem gesetzlichen Vormund gemacht hatten und nicht Annies Mutter. »Vielleicht ist Maine gar nicht so schlecht. Wenn meine Eltern dorthin gegangen sind, kann es nicht allzu grauenhaft gewesen sein. Außerdem können wir jeden Tag telefonieren und in den Ferien und im Sommer komm ich wieder.« Nach einem tränenreichen Gespräch verabredeten wir uns zu einem letzten Treffen, diesen Abend am Baker’s Field.
    Ich verbrachte meinen letzten Tag in Kalifornien mit Packen und Rundgängen durch das Haus, bei denen ich versuchte, mir jedes Detail einzuprägen – den Geruch, das plüschige Gefühl des Teppichs zwischen meinen Zehen, die knarrende fünfte Stufe. Schließlich landete ich im Arbeitszimmer, wo die Papiere meines Vaters noch immer auf seinem Schreibtisch verstreut herumlagen. Da ich es noch nicht fertigbrachte, sie durchzuschauen, schob ich die Schriftstücke beiseite und schaltete den Computer ein. Zuerst suchte ich nach »herzanfall«, um herauszufinden, was den Tod meiner Eltern verursacht haben könnte. Als über eine Million Treffer angezeigt wurden, verengte ich meine Suche auf »herzanfall« und »mull im mund«. Das war zumutbarer, aber die Ergebnisse drehten sich alle um Weisheitszähne oder kieferchirurgische Komplikationen.Nachdem ich es mit »herzanfall, mull« und »münzen, doppelter herzanfall, mull im mund« versucht hatte, deren einzige Ausbeute im Vorschlag »Meinten Sie: Preisvergleich Doppelpack Milky Way herzhaft im Mund « bestand, gab ich es auf. Frustriert tippte ich »gottfried-institut« ein.
    Es gab nur einen Treffer für das Gottfried im Internet. Ich klickte ihn an und wurde auf eine unfassbar schlichte Website geleitet, die von einer blau-goldenen Bordüre umrandet war – wohl die Schulfarben.
    GOTTFRIED-INSTITUT
Vox Sapientiae Clamans Ex Inferno
Internat zur Pflege
existenzieller Studien
Kontakt:
207 Attica Crossing, Postfach 4
Attica Falls, Maine, 04120
    Unter dem Text gab es ein Wappen und eine sehr realistische Bleistiftzeichnung, die wohl das Schulgelände darstellte. Sie zeigte ein gotisch wirkendes Gemäuer, mit kathedralenartigen Gebäuden, die von einer geradezu mittelalterlich aussehenden Riesenmauer umschlossen waren. Fehlten nur noch der Schweinestall und der Wassertrog. Der Himmel über den Gebäuden war bedeckt mit bedenklich dunklen Wolken. Aus Neugier prüfte ich den Wetterbericht für Attica Falls, Maine. Seufzend überflog ich auch die Wochenvorhersage. 14 Grad und bewölkt. Jeden einzelnen Tag.
    Was sollte das überhaupt sein, ein Internat zur Pflegeexistenzieller Studien? Ich öffnete ein neues Fenster und suchte nach dem Wort »existenziell«, was das Wörterbuch mit »das Dasein, die Existenz wesentlich betreffend« definierte. Sehr hilfreich, dachte ich mir und ging
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