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David und Goliath

David und Goliath

Titel: David und Goliath
Autoren: Malcolm Gladwell
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die Spanier und verloren. Im Jahr 1816 kämpften die Georgier mit konventionellen Mitteln gegen die Russen und verloren. Im Jahr 1817 kämpften die Pindaris mit konventionellen Mitteln gegen die Briten und verloren. In der Kandyan-Rebellion von 1817 kämpften die Sri Lanker mit konventionellen Mitteln gegen die Briten und verloren. Im Jahr 1823 kämpften die Burmesen mit konventionellen Mitteln gegen die Briten und verloren. Die Liste der Niederlagen ist endlos. In den 1940er Jahren machten die kommunistischen Rebellen in Vietnam den Franzosen das Leben zur Hölle, bis sich der Viet-Minh-Stratege Vo Nguyen Giap im Jahr 1951 für eine konventionelle Strategie entschied und prompt eine Reihe von Niederlagen einsteckte. Auch George Washington gab im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg die Guerillataktik auf, die den Siedlern zu Beginn der Rebellion so gute Dienste geleistet hatte. In seinem Buch Violent Politics , einer Geschichte der unkonventionellen Kriegsführung, schrieb William Polk: »So schnellwie möglich machte sich Washington an den Aufbau einer Armee nach britischem Vorbild. In der Folge musste er eine Niederlage nach der anderen hinnehmen und hätte den Krieg fast noch verloren.«
    Das scheint völlig sinnlos, bis man sich an den qualvollen Wüstenritt von T. E. Lawrence nach Akaba erinnert. Es ist einfacher, Soldaten in bunte Uniformen zu stecken und sie zu Pfeifen und Trommeln auf und ab marschieren zu lassen, als auf dem Rücken eines Kamels 1000   Kilometer durch eine schlangenverseuchte Wüste zu reiten. Und es ist einfacher, wunderbar choreografierte Spielzüge durchzuspielen, sich nach jedem Punktgewinn unter den eigenen Korb zurückzuziehen und durchzuschnaufen, als die ganze Zeit mit rudernden Armen über das Feld zu rennen und um jeden Zentimeter des Spielfeldes zu kämpfen. Die Strategien der Underdogs sind extrem kraftraubend.
    Der Einzige, der seine Lektion aus dem legendären Spiel zwischen den Rams und den Minutemen lernte, war ein schlaksiger Minutemen-Verteidiger namens Rick Pitino. Er saß an diesem Tag nur auf der Bank und sah mit großen Augen zu. Noch heute, vier Jahrzehnte später, erinnert er sich an die Namen der meisten Rams-Spieler: Yelverton, Sullivan, Mainor, Charles, Zambetti. »Die haben das unglaublichste Pressing gespielt, das ich je gesehen habe«, erzählt er. »Fünf Jungs zwischen eins-   achtzig und eins-   fünfundneunzig. Unglaublich, wie die den Raum dicht gemacht haben. Ich hab’s mir angeschaut. Eigentlich hatten die keine Chance gegen uns. Im Cage waren wir unschlagbar.«
    Im Jahr 1978, im Alter von nur 25   Jahren, wurde Pitino Cheftrainer an der Boston University. Mit dem Pressing führte er seine Mannschaft zur ersten nationalen Endrundenteilnahme seit 24   Jahren. Seine nächste Trainer-Station war Providence College, dessen Mannschaft im Vorjahr 20 von 31   Spielen verloren hatte. Die Spieler waren klein, hatten kaum Talent und waren damit eine Kopie der Rams. Mit ihrem aggressiven Pressing hätten sie es fast in die nationale Endrunde geschafft. Wieder und wieder vollbrachte Pitino ungewöhnliche Leistungen mit Mannschaften, die ihren Gegnern technisch weit unterlegen waren.
    »Jedes Jahr kommen viele Trainer zu mir, um das Pressing zu lernen«, berichtet Pitino. Seit er die Basketballmannschaft der University of Louisville trainiert, ist Louisville das Mekka aller Davids, die lernen wollen, Goliaths zu schlagen. »Sie schreiben mir E-Mails und sagen mir, sie können es einfach nicht. Sie wissen nicht, ob ihre Spieler das durchhalten.« Pitino schüttelt den Kopf. »Wir trainieren jeden Tag zwei Stunden. Die Spieler sind 98   Prozent des Trainings in Bewegung. Wir verwenden kaum Zeit auf unsere Besprechungen. Wenn wir korrigieren« – das heißt, wenn Pitino oder seine Assistenten das Spiel unterbrechen, um Anweisungen zu geben –, »dann nehmen wir uns sieben Sekunden, damit das Herz nicht zur Ruhe kommt. Wir arbeiten ununterbrochen.« Sieben Sekunden! Die Trainer, die nach Louisville kommen, stehen auf der Bühne, sehen der rastlosen Aktivität zu und verlieren den Mut. Wer nach Davids Regeln spielt, muss schon sehr verzweifelt sein. Er muss so unterlegen sein, dass ihm keine andere Wahl bleibt. Die Mannschaften dieser Trainer sind wahrscheinlich gut genug, um zu wissen, dass die Strategie in ihrem Fall nicht funktionieren würde. Die Spieler würden nicht mitziehen. Sie sind einfach nicht verzweifelt genug. Und Ranadivé? Der war in der Tat
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