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David und Goliath

David und Goliath

Titel: David und Goliath
Autoren: Malcolm Gladwell
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Basketball gespielt. Warum sollte er sich dafür interessieren, was die Basketballwelt von ihm hielt? Ranadivé trainierte eine Mannschaft von Mädchen, die kein Talent für einen Sport hatten, von dem er keine Ahnung hatte. Und das alles erwies sich am Ende als Vorteil.
6
    In der nationalen Endrunde gewannen die Mädchen aus Redwood ihre ersten beiden Spiele. In der dritten Runde trafen sie auf eine Mannschaft aus Orange County. Redwood City musste in Orange County antreten, und die Heimmannschaft stellte sogar den Schiedsrichter. Das Spiel war für 8   Uhr morgens angesetzt. Die Spielerinnen verließen das Hotel um 6   Uhr, um nicht in den Berufsverkehr zu geraten. Von da an ging es bergab. Der Schiedsrichter hatte etwas gegen »One, two, three, attitude, HA!«. Und er schien zu glauben, dass aggressives Pressing nichts mit Basketball zu tun hat. Er pfiff ein Foul nach dem anderen.
    »Er hat bei kleinsten Berührungen abgepfiffen«, sagt Craig. Die Erinnerung schmerzt.
    »Meine Mädchen haben das nicht verstanden«, erzählt Ranadivé. »Der Schiedsrichter hat viermal so viele Fouls gegen uns gepfiffen wie gegen die andere Mannschaft.«
    »Die Zuschauer haben gebuht«, fügt Craig hinzu. »Es war schlimm.«
    »Doppelt so viele Fouls, das verstehe ich ja noch. Aber viermal so viele?« Ranadivé schüttelt den Kopf.
    »Ein Mädchen musste vom Platz.«
    »Wir sind nicht plattgemacht worden, wir hatten immer noch eine Chance. Aber ...«
    Ranadivé blies das Pressing ab. Ihm blieb nichts anderes übrig. Die Spielerinnen aus Redwood zogen sich in ihre Hälfte zurück und schauten zu, wie die Gegnerinnen auf sie zukamen. Sie rannten nicht mehr. Sie machten Pausen und dachten bei jedem Ballbesitz gründlich nach. Sie spielten Basketball so, wie es sich gehört, und am Ende gingen sie als Verlierer vom Platz. Aber sie hatten sich und dem Rest der Welt etwas bewiesen. Goliath ist nicht der Riese, für den er sich hält.

KAPITEL 2
Teresa DeBrito

    In meiner größten Klasse saßen 29 Kinder. Wir hatten eine Menge Spaß.
    Teresa DeBrito
1
    Die Middle School von Spepaug Valley wurde auf dem Höhepunkt des Babybooms gebaut. Damals strömten jeden Morgen dreihundert Kinder aus den Schulbussen durch die zahlreichen Eingangstüren, und die Gänge waren so breit wie Autobahnen, um das Gedränge zu bewältigen.
    Das ist lange her. Der Babyboom ist längst vorüber. Shepaug Valley liegt in einer idyllischen Ecke von Connecticut, mit charmanten Dörfchen aus der Kolonialzeit und kurvenreichen Landsträßchen. Vor einiger Zeit entdeckten wohlhabende Ehepaare aus New York City die Gegend, und die Immobilienpreise stiegen. Junge Familien konnten sich die Gegend nicht mehr leisten. Die Zahl der Schüler ging erst auf 245, dann auf 200 zurück. Heute besuchen 80   Kinder die sechste Klasse, doch wenn man sich die Neuanmeldungen der Grundschule ansieht, könnte sich diese Zahl in naher Zukunft halbieren. Damit läge die durchschnittliche Klassengröße der Schule bald weit unter dem landesweiten Durchschnitt. Aus einer großen, überfüllten ist eine kleine, familiäre Schule geworden.
    Würden Sie Ihre Kinder auf die Shepaug Valley Middle School schicken wollen?
2
    Die Geschichte von Vivek Ranadivé und der Basketballmannschaft aus Redwood lässt vermuten, dass wir gelegentlich Stärken und Schwächen verwechseln. In diesem und dem nächsten Kapitel wollen wir uns ansehen, ob dies auch auf vermeintlich einfache Fragen der Bildung zutrifft. »Vermeintlich« deshalb, weil sie nur auf den ersten Blick einfach sind. Wie wir gleich sehen werden, sind sie das nämlich ganz und gar nicht.
    Der Fall der Shepaug Valley Middle School wirft die erste von zwei einfachen Fragen auf. Vermutlich würden Sie sich freuen, wenn Ihr Kind in einer so familiären Klassengemeinschaft wie an dieser Schule unterrichtet werden könnte. In aller Welt scheinen die meisten Eltern und Politiker anzunehmen, dass kleinere Klassen besser sind. In den vergangenen Jahren haben die Regierungen in den Vereinigten Staaten, Großbritannien, den Niederlanden, Deutschland, Kanada, Hongkong, Singapur, Korea und China (um nur einige Beispiele zu nennen) weitreichende Maßnahmen ergriffen, um die Klassengröße zu reduzieren. 12 Als der Gouverneur von Kalifornien vor einigen Jahren ein großangelegtes Programm zur Reduzierung der Klassenstärken ankündigte, verbesserten sich seine Umfragewerte innerhalb von drei Wochen um 100   Prozent. Im Laufe des folgenden Monats
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