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David Roth und andere Mysterien

David Roth und andere Mysterien

Titel: David Roth und andere Mysterien
Autoren: Zoi Karampatzaki
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zusammenlaufen.
    „Hmm“, brummte Em und zwinkerte mir lächelnd zu, bevor er klingelte. „Dinner. Es werden einige Leute da sein, Freunde von Linda, mit denen du viel Kontakt haben wirst. Keine Sorge, du kannst dich gleich ins Bett hauen. Es sei denn, du willst mitessen. Was überwiegt? Hunger oder Müdigkeit?“
    Ich schloss die Augen, ließ meine Schultern nach vorne sinken und schnarchte.
    Em lachte und sagte: „Ich verstehe. Ein kurzes Hallo wird möglich sein, oder?“
    Ich nickte in der Hoffnung, dass er „kurz“ ähnlich interpretierte wie eine müde Seele.
    Durch ein rautenförmiges Fenster in der Tür sah ich einen Mann auf uns zu kommen. Er öffnete uns und stutzte erheitert, als er mich sah – zerzauste, schwarze Locken, kornblumenblaue Augen, aufgrund meiner Müdigkeit vermutlich von aufgeplatzten Äderchen durchzogen. Offenbar mochte er schräge Kerle wie mich.
    Er reichte mir in tiefer Dankbarkeit die Hand „ G’day , Mr Holopainen. Ich danke Ihnen für Ihr Kommen.“
    „Lauri“, verbesserte ich vorsichtig. In Finnland sprach man sich schnell mit du an, um die Steifheit, die im hohen Norden herrschte, zu überwinden.
    Em legte mir eine Hand auf die Schulter. „Komm, Bobby, lass ihn uns schnell vorstellen und ins Bettchen schicken. Der bricht mir sonst gleich zusammen.“
    An Ems Seite betrat ich das Haus.
    Zuerst sah ich links von mir eine Wand – oder besser gesagt, die vielen Fotos und Bilder, die sie verdeckten. Rechts gab es eine Handvoll Sessel neben einem breiten Bücherregal, und mein Herz stotterte bei diesem wundervollen Anblick.
    Bobby bemerkte meine Begeisterung und lächelte mir zu. „Fühl dich wie zu Hause.“
    Zweifellos war das eine Einladung. Er konnte darauf wetten, dass ich sie annahm.
    Bobby führte mich zu einer offenen Küche, neben der sich ein Wohnzimmer auftat, das ein Panoramafenster auf das nachtschwarze Meer zu bieten hatte. In einem großen Erker stand der schwer beladene Esstisch: Sieben Personen saßen lachend und plaudernd um ihn herum, mit leeren Tellern, Weingläsern und Bierflaschen vor sich. Sie verstummten und schauten halb neugierig, halb hoffnungsvoll auf, als Bobby in die Hände klatschte.
    Em stellte sich neben mich, räusperte sich und raunte mir eilig ins Ohr: „Verzeih ihm.“
    „Äh?“, entgegnete ich überfordert. Ich ahnte nichts Gutes und wollte eigentlich nur in ein kühles Bett.
    „So, ihr Lieben!“, rief Bobby so feierlich, dass ich ihm einen eisigen Blick zuschoss. Die Anwesenden schmunzelten und wirkten, als seien sie das gewohnt. „Unser Retter ist da. Wir alle können dank ihm ruhiger schlafen und unser Leben wieder aufnehmen.“ Er lief zu einer hübschen Frau mit violett gefärbtem Haar und kugeligem Bauch: Linda. Sie lächelte erst ihn, dann mich strahlend an.
    „Schlafen Sie sich aus“, sagte sie zwinkernd in meine Richtung. „Morgen beim Frühstück können wir alles besprechen. Ich bin sehr froh, dass Sie da sind. Wenn es etwas gibt, das einer von uns für Sie tun kann, scheuen Sie sich nicht, es auszusprechen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, was diese Aufopferung für Sie bedeuten muss. Deshalb will ich es Ihnen so angenehm wie möglich hier machen. Sie dürfen meine Freunde selbstverständlich herumkommandieren, wann immer Sie wollen.“
    Besagte Freunde kommentierten das mit empörten Ausrufen. Ich musterte die fröhliche Runde und blieb schließlich hängen, weil mich ein Mann eindringlich anstarrte. Der Blick traf mich mit schneidendem Spott aus froschgrünen Augen.
    Meine eigenen Augen wurden schmal: eine Herausforderung an ihn, auszuspucken, was in seinem Kopf unter dem dunkelblonden Haar köchelte.
    „David Roth!“, murrte Linda, als sie unser Duell bemerkte, als wäre Roth ihr Sohn. Ich spürte meine Wangen glühen.
    Die ersten Worte, die er an mich richtete, schnitten herablassend durch die plötzlich angespannte Stille im Raum.
    „Du bist also das Rentier“, sagte er mit einem süffisanten Grinsen.
    Ich zögerte nicht. Ich lächelte auch, als ich ruhig entgegnete: „Und du bist dann wohl der australische Giftfrosch.“
    Der andere Mann, der mir wegen seiner kurzen braunen Locken ins Auge gestochen war, prustete heftig und presste sich die Hand auf den Mund. Die anderen schwiegen und liefen rot an.
    Davids Lippen verzogen sich missgelaunt, und ich grinste breit. Süßer Triumph rauschte durch mich hindurch.
    Die Atmosphäre im Raum entspannte sich abrupt, als Em sich räusperte.
    „Linda …?“,
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