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Das zweite Imperium der Menschheit

Das zweite Imperium der Menschheit

Titel: Das zweite Imperium der Menschheit
Autoren: Hanns Kneifel
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des Buches vor und wartete
zwei Tage. Danach stanzte der Schnelldrucker in Plastikfolie die Worte der terranischen
Umgangssprache. Außerdem hatte die intelligente Mechanik von UNIGRYPH
versucht, die merkwürdige, an der Art alter Auslegungen des Buches der
Bücher orientierte Schreibweise zu rekonstruieren, mit dem Erfolg, dass
die Worte des Khorsabadbuchs biblischem Klang entsprachen.
    Fünfhundert Jahre geschriebene Geschichte der Stadt Chi Sakkara deckten
sich mit den Funden des Teams. Aber die letzten hundert Jahre waren abgetrennt
und mussten mühsam rekonstruiert werden.
    Das Raumschiff war voll wertvoller Fundstücke und würde noch mehr
aufnehmen müssen. Aber die Männer waren mit ihrer Arbeit noch lange
nicht fertig. Sollte es noch ein Jahr dauern, bis sie hier die Forschungen abschließen
konnten?
    »Wir stehen praktisch mitten in einer fast vollständig erhaltenen
Stadt von über fünfhundert Metern Durchmesser. Jedes Haus und jeden
Tempel kennen wir bis in die letzten Winkel und wissen über jeden Brauch
Bescheid. Meinst du, dass uns noch Überraschungen bevorstehen?«, sagte
Jorge Andreatta nicht zum ersten Mal.
    »Gewiss, der Kult um Mordok ist noch nicht entschleiert, weder seine Herkunft
noch seine Auswirkung«, antwortete Garry. »Aber das Ende dieser Kultur
und mit ihr des intelligenten Lebens ist Bestandteil der Herrschaft Mordoks.
Wie lange arbeiten wir zusammen?«
    »Drei Jahre. Seit dem Tag, als wir als Archäologen aufbrachen und
auf Cedar VII schürften. Unser erstes Feld. Wir fanden nicht viel, aber
wir konnten alles entschlüsseln. Unser erster Erfolg.«
    »Byblun auf Cedar war eine plötzlich gestorbene Kultur. Sie starb
durch einen Angriff von außen – ebenso wie fast alle anderen, die
wir ausgruben. Dies ist die erste Hochkultur, die sich von innen derart zersetzte,
dass sie enden musste. Deshalb beharre ich hartnäckig auf einer intensiven
Suche. Wir müssen auch den Rest schaffen«, gab Andreatta zurück.
    Sicher war, dass die Wahrscheinlichkeit bestand, noch einiges zu entdecken,
von dem man sich Hinweise auf die letzten Jahre Sakkaras erwarten durfte. Andreatta,
der Biologe, lächelte, als er zurückdachte. Sie hatten damals mit
viel Eifer und jungendlichem Feuer gegraben und Reste einer Höhlenkultur
von merkwürdiger Schönheit entdeckt – als ob intelligente Wesen
sich mit einfachen Geräten zum Überleben hätten einrichten müssen,
fern von der gewohnten Umwelt.
    Sie waren bekannt, wenn nicht berühmt geworden. Aber daran lag ihnen nur
insofern, als sie dadurch Unterstützung und Finanzierung ihrer Expeditionen
erlangen konnten. Sie gruben nicht, um bekannt zu werden, sondern sie waren
von der gleichen Arbeitswut besessen wie schon ihre antiken Vorgänger,
die auf Terra gegraben hatten. Koldewey, Schliemann, Sir Arthur Evans und Champollion.
    Garry ließ den Drehstuhl herumschwingen und brannte eine Narkorette an.
Es wurde kühl in dem Raum, und mit einem Handgriff schaltete der Chef die
Heizung an.
    »Dies ist wahrscheinlich nicht nur das erste, sondern auch das letzte Mal,
dass uns Gelegenheit geboten wird, eine in sich geschlossene Kultur von ihren
Anfängen bis zu ihrem Ende zu verfolgen. Drei Viertel des Weges haben wir
zurückgelegt, das letzte Viertel schaffen wir auch noch.«
    »Ich zerbreche mir seit drei Monaten den Kopf«, entgegnete Garry,
»und bin sicher, dass die anderen es auch tun, wie Mordok und die Katastrophe
miteinander in Einklang zu bringen sind. Es muss zuletzt sehr schnell gegangen
sein. Von der Art des Untergangs haben wir keine Ahnung. Und die wenigen Skelette,
die wir erhalten fanden, geben uns ebenfalls keinen Hinweis. Sie weisen keine
Verletzungen auf, die auf gewaltsamen Tod schließen lassen.«
    Nachtwind kam auf und wimmerte um die Wände des Kunststoffwürfels
des Forschungsgebäudes. Es stand innerhalb einer winzigen Siedlung aus
sechs Hütten.
    »Ich konnte mit Hilfe des Buches«, Garry sah Andreatta nachdenklich
an, »die Fakten vergleichen. Es ist, wie die Genesis von Terra, eine Art
Entwicklungsgeschichte. Alles bis zum Ende der Kultur – genauer bis zu
Mordok – ist geklärt. Wenn du morgen deinen Keramikbericht abgefasst
hast, haben wir bis zu diesem Zeitpunkt Klarheit und können den ersten
Teil abschließen. Wir gehen in ein neues Stadium.«
    Jorge Andreatta stand auf und dehnte schläfrig seine Muskeln.
    »Und ich gehe ins Bett –
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