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Das zweite Imperium der Menschheit

Das zweite Imperium der Menschheit

Titel: Das zweite Imperium der Menschheit
Autoren: Hanns Kneifel
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oder was allgemein dafür gilt«,
sagte er. »Die nächste Expedition jedenfalls wird mit anderen Liegestätten
ausgerüstet. Ich schlafe von Nacht zu Nacht schlechter; daran ist bestimmt
nicht Mordok schuld. Sind die anderen schon wieder zurück?«
    »Es hat sich noch niemand gemeldet. Sie werden, denke ich, morgen gegen
Mittag zurückkommen und erst ausschlafen wollen. Bis dann! Ich mache noch
weiter.«
    Andreatta nickte seinem Freund zu und riss die Tür auf. Draußen hatte
der ewige Wind nachgelassen. Nachtwolken zogen über das ferne Band der
Milchstraße. Die Tür schob sich knirschend in die Fugen zurück.
Im Zurückblicken hatte Jorge gesehen, wie sich Garry über seine Lesemaschine
beugte und die Linse einschaltete. Der Text lief weiter.
    »... und er kam und zeichnete im feuchten Sand, wie die Stadt gebaut
werden sollte. In Ton wurden die Häuser geschaffen, der Tempel und der
Turm Sakkaras. Die Arbeiter begannen, und es wuchs die Stadt zur größten
und mächtigsten der Welt. Ein Volk arbeitete an ihr, und alles, was sie
taten, glänzte von Gold und anderer Pracht, so es schien wie zwei Sonnen
– eine am Himmel und die andere im Morgenschatten der Berge Chis ...«
    Zweihundert Meter von den Hütten entfernt sah die planetare Nacht anders
aus. Hier brannten Tiefstrahler, die weite Kreise der Stadt zu nächtlichem
Leben wiedererweckten. Die silbernen Körper der Roboter schimmerten in
der Dunkelheit. Zweihundert Wesen, menschenähnlich bis auf die spezialisierten
Werkzeuge, gruben eine Kultur aus, die untergegangen war, als die ersten Roboter
auf Terra zu funktionieren begannen.
    Die Feldbahn zwischen der Stadt und einem Feld in der Wüste summte auf
den schlangenförmig verlegten Gleisen. Jorge wandte seinen Blick von der
Stadt. Er betrat seinen Raum in der Personalbaracke. Das Zimmer enthielt neben
einem Fenster, dessen Blenden jetzt zugefahren waren, nur einen Schrank mit
einer Schreibplatte, auf der die Computer und Aufnahmegeräte standen, einen
bequemen Kontursessel und eine Liege. Andreatta zog sich aus, wusch sich flüchtig
und legte sich hin. Im Schein der Lampe betrachtete der Biologe noch einmal
die Herrscherliste Sakkaras und die Namen, die in kleinen Feldern inmitten des
komplizierten Stammbaums prunkten.
    Takolti-apalescaro, der erste Hirtenkönig, der die Volksstämme des
Grenzlands vereinigte. Er zwang durch Klugheit und wirtschaftlichen Weitblick
Hirtenvölker, streifende Nomaden und ackerbestellende Dorfbauern in die
Gemeinschaft eines vielgestaltigen Stammes und machte sich zu dessen Herrscher.
    Sein leiblicher Sohn, Ussarnesar-apper, sein einziger, wie das Buch wusste,
gezeugt mit einer fremden Sklavin, war der nächste in der Hierarchie. Er
betrieb klug die Politik wirtschaftlicher Stärke und sorgte für das
Wohlergehen der Menschen. Er ließ Flüsse des Landes kultivieren und
Häfen anlegen. Handel und Reichtum begannen in einem organischen Prozess
aufzublühen und zu wachsen.
    Sanaccho-oreb folgte, dessen Sohn die kleinen Fürsten beseitigte und sie
zu Beamten des Hofes machte. Sie weiteten die Grenzen des Landes, besiedelten
es und brachten Sklaven ein, die arbeiteten und für die Herrlichkeit des
ersten Königs sorgten, der noch folgen sollte.
    Usserheddan war der erste König, genannt Der Mächtige. Tausende
arbeiteten unter seiner Regie an der Erstellung der Großstadt Chi Sakkara.
Innerhalb von zehn Jahren brachte der König es fertig, die Stadt zu bauen
und zu befestigen, den Strom umzuleiten und einen Hafen zu schaffen. Er nahm
die Führung dieser neuen Macht selbst in die Hände. Sein Verstand
und seine Klugheit mussten für die damalige Zeit beträchtlich effizient
sein.
    Dann wechselte die Regierungsform, und ein Götze wurde das Symbol alles
übersteigender Gewalt. Eine Kaste von Priestern regierte nach Usserheddan
weiter, nicht weniger wirkungsvoll als der König. Aber sie verehrten keinen
Menschen mehr: Die Gottheit, von der die Forscher zahlreiche Abbilder fanden,
änderte ihr Aussehen, bis sie zuletzt den Ausdruck einer vermenschlichten
Großkatze trug.
    Die Priester wurden für eine kurze Zeit von Atamoniris abgelöst, einem
Nachkommen des letzten Königs. Er versuchte, die monarchistische Regierungsform
wiederherzustellen, wurde durch den Widerstand des Volkes daran gehindert und
verschwand von der Bühne der Oberschicht.
    Dann kam Mordok. Mordok – der Gott des
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