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Das Zeichen des Vampirs - The Society of S

Titel: Das Zeichen des Vampirs - The Society of S
Autoren: Susan Hubbard
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schien das zu stören. Bei uns zu Hause wurden Sätze immer zu Ende gesprochen; die Gespräche zwischen meinem Vater und mir waren vernünftig, durchdacht und folgten einem gleichmäßigen Tempo; sie verliefen in hegelianischer Dialektik und unter Einbeziehung sämtlicher Möglichkeiten, bevor wir dann zu einer Synthese gelangten. Als Mrs McG mich an diesem Abend nach Hause fuhr, wurde mir klar, dass bei mir zu Hause eigentlich nie herumgealbert wurde.
    Nachdem ich mich bedankt hatte und ins Haus gegangen war, fand ich meinen Vater in seinem Sessel neben dem Kamin, wo er auf mich wartete und dabei eine Fachzeitschrift las. »Wie war dein Ausflug?« Er lehnte sich in seinem Ledersessel zurück, sodass seine Augen im Schatten lagen.
    Ich dachte an alles, was ich gesehen und gehört hatte, und fragte mich, wie ich das in Worte fassen sollte. »Es war sehr schön«, sagte ich vorsichtig.
    Mein Vater zuckte zusammen. »Dein Gesicht ist gerötet«, sagte er. »Zeit für dich, ins Bett zu gehen.«

    Kathleen hatte mich zum Abschied spontan umarmt. Ich malte mir aus, wie es wäre, meinem Vater eine Gute-Nacht-Umarmung zu geben. Schon der Gedanke daran war absurd.
    »Gute Nacht«, sagte ich. Ich hatte noch immer meinen Mantel an, als ich nach oben ging.

    Früh am nächsten Morgen wurde ich von irgendetwas geweckt. Noch halb im Schlaf, taumelte ich aus dem Bett und tappte zum Fenster.
    Plötzlich ertönte ein Geräusch - ein schrilles Heulen -, wie ich es noch nie zuvor gehört hatte. Es schien vom Garten hinter dem Haus zu kommen. Schon etwas wacher ging ich zum anderen Fenster, das auf den Garten hinausging. Ich blickte hinunter, sah jedoch nichts außer dem schwachen Leuchten des Schnees im Dunkeln.
    Das Geräusch war weg. Kurz darauf hörte ich einen dumpfen Aufschlag, als wäre irgendetwas gegen das Haus geflogen. Eine schemenhafte Gestalt bewegte sich vom Garten Richtung Straße. Ich folgte ihr mit den Augen. War das mein Vater?
    Ich muss wieder eingeschlafen sein, denn das Nächste, was ich hörte, waren die Schreie von Mrs McG. Im Zimmer war es hell. Ich rannte die Treppe hinunter.
    Sie stand in ihrem Wintermantel (mit Fuchskragenimitat) und einer falschen Nerzmütze vor dem Haus und zitterte. Sie schien in sich zusammenzusinken, als sie mich sah. »Schau nicht hin, Ari«, sagte sie.
    Aber ich hatte schon gesehen, dass Marmalade auf den Stufen lag. Der Schnee neben ihr war blutgetränkt.
    »Die arme Katze«, sagte Mrs McG. »Das arme unschuldige Ding. Wer ist nur zu so etwas fähig?«

    »Geh wieder ins Haus«, zischte Mary Ellis Root, die plötzlich hinter mir stand. Sie packte mich an den Schultern, drehte mich um und schob mich durch den Flur vor die Küche. Dann rauschte sie an mir vorbei und schloss fest die Küchentür hinter sich.
    Ich wartete ein paar Sekunden und riss die Tür dann auf. Die Küche war leer. Ich ging zum Fenster neben der Hintertür und sah, wie Root draußen die Katze auf hob. Marmalades Körper war steif; ihr Genick war gebrochen und beim Anblick ihres weit auseinanderklaffenden Kiefers hätte ich am liebsten geschrien.
    Root trug die tote Katze am Fenster vorbei, und als sie an mir vorbeikam, sah ich ihr Gesicht. Ihre fleischigen Lippen hatten sich zu einem kleinen Lächeln verzogen.
    Ich erzählte Mrs McG nie von der verschwommenen Gestalt, die ich an diesem Morgen gesehen hatte. Irgendwie wusste ich, dass ich damit alles nur noch schlimmer gemacht hätte.
    Als ich später in der Küche auf meinen Vater wartete, um mit dem Unterricht zu beginnen, hörte ich von unten Stimmen.
    »Ich gratuliere«, sagte Root.
    Die Stimme meines Vaters sagte: »Aha. Und wozu?«
    »Dazu, dass Sie Ihre wahre Natur gezeigt haben.« Ihre Stimme troff vor Genugtuung, und sie fügte hinzu: »Die Katze habe ich begraben.«
    Ich rannte in den Salon, um nicht noch mehr hören zu müssen.

Zweites Kapitel
    In dem Jahr, in dem ich dreizehn wurde, erfuhr ich, dass fast alles, was ich über meinen Vater wusste, eine Lüge war. Er litt gar nicht an einer Krankheit, die Lupus hieß. Er war kein Vegetarier. Und er hatte nie gewollt, dass ich auf die Welt komme.
    Allerdings enthüllte sich mir die Wahrheit nur schrittweise und nicht als plötzliche, schockierende Offenbarung - was mir viel, viel lieber gewesen wäre. Das ist das Schwierige, wenn man über sein Leben schreibt: Irgendwie muss man mit den langen belanglosen Abschnitten klarkommen.
    Glücklicherweise finden die meisten davon im ersten Kapitel statt. Meine
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