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Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Titel: Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)
Autoren: Helen Bryan
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dem polternden Geräusch herabstürzender Ziegelsteine. Er fluchte, ließ die Blumen fallen und stürzte, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf. »Menina!«, rief er.
    Auf der obersten Treppenstufe stieß er fast mit Becky zusammen, die auf ihren Krücken an ihm vorbei hastig auf die Explosion zuhumpelte. Sie sah nicht nur verstört aus, sie sah gefährlich aus. Ihr Gesicht war kreidebleich und sie kreischte etwas Unverständliches. Alejandro zählte rasch seine Kinder, stellte erleichtert fest, dass ihnen nichts fehlte, und reichte Menina die Hand, die sich mit besorgter Miene aus ihrem Stuhl mühte. Er legte seine Arme um sie. »Gott sei Dank!«
    »Alles in Ordnung, Schatz, das war keine Bombe. Hendrik hatte mich vorgewarnt, dass sie unten in den alten Pilgerquartieren eine Wand niederreißen würden und dass es ziemlich laut werden könnte. Aber Becky ist ganz schön nervös – ich wusste gar nicht, dass sie so schwer verletzt worden ist. Ich glaube, sie hat einen posttraumatischen Schock und sie braucht Hilfe. Wir müssen sie aufhalten, bevor sie mit ihrer Krücke auf Hendrik losgeht.« Sie zog ihren Mann mit sich auf die Staubwolke zu, die aus dem Kloster hervorquoll. »Sie versucht schon viel zu lange, sich zusammenzureißen und allein damit klarzukommen. Sie braucht professionelle Hilfe und Ruhe und Frieden. Ich war so froh, als ich hörte, dass sie herkommt, weil ich dachte, es würde ihr helfen, hierzusein. Aber hör nur, wie sie den armen Hendrik anschreit! Verstehst du, was ich meine? Und ich habe ihn eingeladen, mit uns zu Mittag zu essen, weil Becky ihn mochte, als sie sich das erste Mal getroffen haben. Aber damals war er noch verheiratet. Bisher hatte ich noch keine Gelegenheit, ihr zu sagen, dass er inzwischen geschieden ist. Ich hatte gehofft, dass eine Begegnung mit ihm sie daran erinnern würde, dass es auch nette Männer gibt … Ich bin eine Idiotin.«
    Alejandro hielt seine schwangere Frau fest im Arm und murmelte: » Ich dachte, es wäre eine Bombe. Es wundert mich gar nicht, dass Becky das auch dachte. Aber Hendrik und Becky? Eis und Feuer.«
    Hustend und den Staub mit den Händen beiseite wedelnd bahnten sich Menina und Alejandro vorsichtig einen Weg über die Mauerreste ins Innere des Klosters, wo sie Becky inzwischen schrill und hysterisch kreischen hörten. Plötzlich verstummte sie.
    »Meinst du, Hendrik ist noch am Leben?«
    Alejandro blinzelte durch das staubige Dämmerlicht, dann stupste er Menina an. »Vielleicht hattest du recht.« Am Ende eines langen dunklen Ganges hatte ein großer blonder Mann mit Brille seine Arme schützend um eine kleine Frau gelegt, deren Haare so sehr von der Sonne ausgebleicht waren, dass sie weiß aussahen. Die Frau verbarg ihr Gesicht an seiner Schulter und er flüsterte ihr mit leiser Stimme besänftigende Worte ins Ohr, während er sie behutsam hin und her wiegte. »Wir gehen zurück und lassen sie in Ruhe«, schlug Alejandro vor.
    »Oh!«, erwiderte Menina nur. Sie blieb stehen und rang nach Luft. »Oh, Alejandro«, sagte sie und stützte sich auf den Arm ihres Mannes, »ich glaube, das war eine Wehe. Nur eine kleine.«
    »Na, gut, dass ich zu Hause bin! Ich dachte, das Baby sollte erst in zwei Wochen kommen.«
    »Babys sind nicht besonders pünktlich. Aber wahrscheinlich ist es noch nicht so weit, nur ein falscher Alarm.«
    »Papa?«
    Ihre Vierjährige stand im Eingang, ihre Silhouette zeichnete sich dunkel vor dem hellen Sonnenlicht ab.
    »Warte dort, Marisol, hier drinnen ist es zu dreckig. Und zu gefährlich für dich. Mommy und ich kommen nach draußen.«
    Marisol stampfte mit dem Fuß auf. »Beeilt euch! Ich muss euch was erzählen. Da war eine Dame im Garten. Sie kam nach dem großen Knall und sagte mir, ich sollte mich nicht fürchten. Sie hatte ein langes Kleid an und es wehte im Wind, und ich habe ihr mein neues Dreirad gezeigt und mit der Klingel geklingelt. Und sie hat mich angelächelt und ›Schhhh‹ gemacht. Also war ich ganz leise. Dann hat sie mir ein Schwalbennest gezeigt, das in den Weinranken versteckt ist. Da lagen kleine Eier drin. Sie hat mich gefragt, ob sie mir ein Geheimnis verraten soll. Und wisst ihr was? Tante Becky heiratet und dann wohnt sie hier. Dann hat die Dame gesagt, dass sie auch hier wohnt. Sie war weg, aber sie ist wiedergekommen. Ich hab’s Granma erzählt, aber Granma sagte, die Dame war nicht richtig da. Aber sie war da, Mommy, sie war wirklich da!«
    Menina starrte ihre Tochter an. Dann beugte
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