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Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Titel: Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)
Autoren: Helen Bryan
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dann in den Irak gelangte. Sie berichtete mitten aus der Kriegshölle, wurde süchtig nach dem Adrenalinstoß der Gefahr und nach dem wahnwitzigen Hochgefühl, das das Leben am Rande des Todes mit sich brachte und das allem, von Beziehungen bis zum kalten Bier, eine unglaubliche Intensität verlieh.
    Als Menina sie vorsichtig fragte, wie es ihr gehe, hatte Becky barsch erwidert, dass die psychologische Beratung, die ihre Zeitung ihr aufgenötigt hatte, nichts bewirkt hatte und dass sie nicht darüber reden wollte, okay?
    Nun saß sie Menina gegenüber in einem Liegestuhl, hatte bereits eine halbe Flasche Wein hinuntergeschüttet und wackelte unablässig mit dem rechten Fuß. Ihr linkes Bein ruhte, durch eine Beinschiene zur Reglosigkeit verurteilt, auf dem Stuhl, ihre Krücken lagen in Reichweite auf dem Boden. »Es ist so friedlich hier«, murmelte Becky, nur um gleich darauf mit gehetztem Gesichtsausdruck zusammenzuzucken, weil irgendwo im Kloster Gerüststangen scheppernd aufeinanderfielen, Flaschenzüge rasselten oder die Arbeiter sich über ein laut plärrendes Radio hinweg etwas zuriefen.
    Menina biss sich auf die Zunge, um nicht mit dem herauszuplatzen, was sie dachte: dass die Zeitung zum Glück so klug gewesen war, Becky einen weiteren Einsatz im Irak zu verweigern. Sie hatte unbedingt hinfahren wollen. Irakische Frauen mit ihren schrecklichen Geschichten, die sie nur einer Frau erzählen würden, waren ihre Spezialität. Daran hatte sie gearbeitet, als die Bombe detonierte und das Café voller Witwen und Kinder in die Luft jagte, die sie gerade interviewte. Die Tatsache, dass sie überlebt hatte, machte ihr zu schaffen.
    Menina schlug einen leichten Plauderton an, während sie überlegte, ob sie Becky sagen sollte, dass Hendrik zum Mittagessen kommen würde. Eigentlich war es als Überraschung geplant, doch Überraschungen waren vermutlich das Letzte, was Becky gebrauchen konnte.
    »Erinnerst du dich an den Architekten von der UNESCO , Hendrik? Schwede, Brillenträger, groß, sieht aus wie eine Eule? Lieber Kerl, du fandest ihn ganz nett.«
    Becky nickte und sagte etwas, das wie »Mmmf« oder »dieser verheiratete Typ« klang, je nachdem, wie genau man hinhörte.
    »Er kommt zum Mittagessen und ich wollte dir sagen, dass er geschi …«
    »Was immer es zum Mittagessen gibt, es riecht fantastisch. Ich komme um vor Hunger.« Nach diesem geschickten Themenwechsel schob sich Becky die letzten Oliven in den Mund und machte sich über einen Teller mit kleinen Artischocken her.
    »Almira hat es zubereitet – es dauert ungefähr zwölf Stunden. Lamm mit Kräuterfüllung.«
    »Es ist viel zu lange her, dass wir uns gesehen haben.« Beckys Fuß zappelte und wippte, als habe er einen eigenen Willen. »Ich vermisse unsere Treffen in Paris oder Venedig, so wie wir es gemacht haben, als du gerade geheiratet hattest.«
    »Ja, ich auch, aber in den letzten acht Jahren hatte ich die meiste Zeit einen Umfang wie ein Elefant und hätte in kein Flugzeug gepasst.« Menina gab ihrem Bauch einen leichten Klaps. »Nett vom Propheten, dass er diesmal zum Berg gekommen ist. Ach, übrigens, wie geht es deiner Mutter?« Das schien eine ungefährliche Frage zu sein, neutraler Boden.
    Becky holte tief Luft und versuchte zu grinsen. »Sie meint, Erzieherin im Kindergarten zu sein, wäre so viel damenhafter gewesen – nun ja, du kannst es dir ja vorstellen. Sie war total aus dem Häuschen, als ich ihr sagte, dass ich diesmal eine Geschichte über dich und die Stiftung schreibe. Sie denkt immer noch, dass du einen positiven Einfluss auf mich hast.«
    »Wir freuen uns natürlich, dass du hier bist, aber als du vorgestern anriefst, habe ich nicht ganz mitbekommen, was es mit diesem Interview auf sich hat. Die Telefonverbindungen sind nicht so toll und meine Konzentrationsfähigkeit ist auch nicht die beste.«
    »Vordergründig ist es einer dieser ›Wie kommt eine moderne Frau mit der politischen Karriere ihres Partners zurecht, wie kriegt sie ihre eigene Karriere und die Familie unter einen Hut‹-Artikel. Ich weiß, ich weiß – würg! Zum Kotzen. Aber ich musste es so hinbiegen, dass die Zeitung zustimmt. Worüber ich wirklich schreiben will – um an die religiösen Konflikte seit dem 11. September anzuknüpfen – sind die religionsübergreifenden Konferenzen hier. Ich weiß, dass du die Politik außen vor lassen willst, aber, Kind des Lichts, wenn ich als Kriegskorrespondentin etwas gelernt habe, dann ist es die Tatsache, dass man
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