Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Titel: Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
Pferd zu und holte mit der Öllampe aus.
    Alessia zögerte nicht länger. Sie federte in die Knie und stieß sich ab. Ihr verletztes Bein wurde von dem Aufprall fast taub, aber das konnte ihr nur recht sein. Das Haus neigte sich mit einem Ruck weiter in ihre Richtung. Ein Stuhl geriet ins Schlittern und rutschte über die Kante, riss einen Haufen Bücher mit sich - und beinahe auch Alessia.
    Carpi stolperte rückwärts, wieder fort vom Eingang und dem Tier, das ihn versperrte. Das Pferd wieherte aufgeregt, wich aber nicht zurück. Jetzt schauten nur noch Brust und Schädel durch die Tür. Die Öffnung befand sich auf einen Schlag ein gutes Stück höher, während das Gebäude Richtung Abgrund kippte.
    Der Schattendeuter fuhr wutentbrannt herum und suchte vergeblich nach Halt. Schwankend bemühte er sich, den schrägen Winkel des Bodens mit den Beinen auszugleichen. »Du bringst uns beide um!«, schrie er.
    »Allein zu sterben ist natürlich viel verlockender«, entgegnete sie.
    Das Haus kam wieder zur Ruhe, nun allerdings in gefährlicher Schräglage. Weitere Möbeltrümmer gerieten in Bewegung und glitten abwärts. Ein Regalbrett wischte wie ein breiter Besen über den Boden und fegte eine Unzahl umherliegender Bücher in den Abgrund, ehe es selbst hinter herfiel.
    »Ich würde mich an deiner Stelle nicht bewegen«, krächzte Alessia dem Schattendeuter zu.
    Carpi stand zwei Schritt von der Tür entfernt. Der Hengst in der Öffnung schnaubte aufgeregt, das Weiße war in seinen Augen zu sehen. Doch er rührte sich noch immer nicht.
    »Ruf das Pferd zurück!«
    Alessia schüttelte den Kopf. »Nicht, bevor du etwas für mich tust.«
    »Was willst du?«, brüllte der Schattendeuter sie an. Er balancierte wie ein Seiltänzer auf dem schrägen Boden, doch er schien zu wissen, dass jeder Ausfall in Richtung Tür das Haus endgültig aus seinen Verankerungen reißen würde. Alessias Worte waren keine leere Drohung gewesen.
    Eine Windhose tanzte über die zerfranste Dielenkante herein und riss an Alessias langem Haar.
    »Den Schlüssel!«, rief sie über das Tosen hinweg. »Wirf mir den Schlüssel zur Pumpe zu!«
    Sie hatte keinen Plan, was sie tun würde, falls er ihr das Ding tatsächlich überließ. An ihrer verzweifelten Lage änderte das nichts, und um den Schlüssel zu benutzen, um überhaupt aus dieser Ruine herauszukommen, musste sie erst an Carpi vorbei.
    Das erkannte auch er selbst. Wahrscheinlich ließ er sich deshalb darauf ein. »Nur den Schlüssel? Das ist alles?«
    »Danach lässt du mich laufen!« Sie wusste, wie einfältig das klang, und das war volle Absicht. Sollte er sie ruhig unterschätzen.
    Das Haus knackte und knarrte bedenklich, selbst über die tobenden Winde hinweg.
    »Einverstanden«, antwortete er.
    »Gib ihn mir! Schnell!«
    Während er versuchte schwankend auf den Beinen zu bleiben, tastete er mit der linken Hand unter sein Gewand. Rechts hielt er noch immer die Lampe, die sich an ihrem Eisenhenkel bedenklich dem Abgrund zuneigte.
    »Hier.« Er zog einen Metallring hervor, an dem nur ein einziger langer, aber sehr filigraner Schlüssel baumelte.
    »Schieb ihn mir über den Boden zu«, verlangte sie. »Nicht zu fest. Und gib dir Mühe beim Zielen.«
    Er fluchte leise vor sich hin, als er sehr, sehr langsam in die Hocke ging und ausholte. Mit einem schrammenden Laut schlitterten Schlüssel und Ring auf sie zu. Alessia musste sich zur Seite beugen, um danach greifen zu können. Erneut geriet das Haus ins Schwanken.
    »Bei Leonardo!«, brüllte Carpi. »Pass doch auf!«
    Sie unterdrückte einen Schrei, zerrte den Schlüssel mit links an sich, während sie sich mit rechts weiterhin an dem vorstehenden Balken festhielt. Ihr war klar, dass sie sich möglichst schnell wieder aufrichten musste, wagte aber kaum sich zu bewegen.
    Das Haus lag jetzt fast in einem Fünfundvierzig-Grad-Winkel auf der gewölbten Wolkenkante. Am oberen Ende musste es noch immer Pflöcke und Seile geben, die es festhielten. Aber wie lange konnten sie ein solches Gewicht halten?
    »Und nun?«, fragte der Schattendeuter.
    »Ich komme zu dir«, entgegnete sie aus einem Reflex heraus, den sie als Entschlossenheit kaschierte. »Wir schaffen es nur, wenn wir beide in die obere Hälfte klettern. «
    Carpi kniff die Augen zusammen und fixierte sie. Dann streckte er ihr die Hand entgegen. »Komm her. Ich halte dich.«
    »Ja«, erwiderte sie verächtlich, »sicher doch.«
    Er zuckte die Achseln. »Wie du meinst.« Damit machte er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher