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Das Wörterbuch des Viktor Vau

Titel: Das Wörterbuch des Viktor Vau
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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den Gurt an. Er war nur wenige Tage fort gewesen, und doch kam es ihm wie eine Ewigkeit vor. Die Stadt, die sich unter dem sinkenden Flugzeug erstreckte, war ihm stets fremd geblieben. Das war ihm in der vergangenen Woche noch einmal deutlich vor Augen geführt worden.
    Auch wenn er jetzt in Agua Caliente arbeitete, eine Heimat würde der Ort nie für ihn werden. Er befand sich hier im Exil. Ein Exil, das er hoffentlich bald gegen ein anderes eintauschen konnte.
    Nach der Landung verabschiedete er sich von seiner Reisebegleitung und bestieg die Limousine, die auf dem Rollfeld auf ihn wartete. Präsident Banda wollte sofort nach seiner Ankunft einen persönlichen Bericht haben.
    Vor dem Präsidentenpalast war eine Ehrengarde aufgezogen, und der gesamte Platz des panafrikanischen Stolzes erstrahlte im Lichtschein zahlreicher Leuchten, die für Ereignisse wie dieses vorgesehen waren. Sobald die Besucher verschwunden waren, wurden auch die Laternen abgebaut und verschwanden in einem Lagerhaus. Potemkin lautete das Stichwort in Dagombé, wenn wichtige Gäste im Land weilten. So wie heute die Staatschefs der benachbarten Staaten, mit denen Banda schon seit Jahren eine Allianz schmieden wollte.
    Winter stieg aus dem Fahrzeug, fuhr sich noch einmal über die Haare und kletterte die Stufen zum Eingang empor. An der Tür wurde er bereits von Mrs. Snyder erwartet. Von irgendwoher klang Musik, und der Duft von Essen lag in der Luft.
    Â»Guten Abend«, grüßte Winter, ergriff ihre Hand und deutete einen Handkuss an.
    Â»Sie Charmeur«, tadelte sie ihn, ohne zu lächeln. »Solche Schmeicheleien wirken bei mir nicht, das wissen Sie doch.«
    Â»Und? Wie läuft es?«, fragte Winter, während Mrs. Snyder ihn zu einem der kleineren Konferenzräume geleitete.
    Â»Wie immer«, erwiderte sie. »Ein Haufen Dummköpfe. Sie sind nicht in der Lage, vorauszudenken. Alles, was sie interessiert, ist die Menüfolge. Und welche Mädchen es für sie gibt.«
    Â»Wenigstens in dieser Hinsicht werden sie zufrieden sein, so wie ich Sie kenne«, grinste Winter.
    Mrs. Snyder blieb vor einer Tür stehen. »Beim letzten Mal hat es doch tatsächlich einer gewagt, sich zu beklagen. Er hätte drei Frauen bestellt, aber nur zwei bekommen.« Sie schüttelte angewidert den Kopf.
    Nachdem sie Winter in das Zimmer geführt hatte, machte sie sich auf, Banda Bescheid zu sagen. Winter hatte sich kaum gesetzt, als der Präsident eintrat. Er trug einen maßgeschneiderten schwarzen Anzug mit einer dunkelblauen Fliege.
    Â»Sie sind meine Rettung«, lachte er, während er Winter die Hand schüttelte. »Diese Langweiler bringen mich noch um. Ich glaube, wir werden sie doch alle mit militärischen Mitteln annektieren müssen, wenn wir unseren Traum realisieren wollen.«
    Er hockte sich auf die Tischkante. »Ich hoffe, Sie haben mir wenigstens gute Nachrichten mitgebracht.«
    Â»Ich denke schon. Wir wissen jetzt, was die Botschaft aus der Zukunft zu bedeuten hatte.«
    Â»Es ist also sicher? Das war eine Zeitreisekapsel?«
    Winter nickte. »Ohne Zweifel, Sir. Und nicht nur das. Zwei Agenten sind der Kapsel aus der Zukunft in unsere Zeit gefolgt.«
    Er berichtete in kurzen Worten, was sich in den letzten Tagen ereignet hatte.
    Banda zog anerkennend die Augenbrauen hoch. »Ich bin beeindruckt. Wie haben Sie das nur hingekriegt? Und dazu auf dem Territorium der Dynastie?«
    Â»Das war gar nicht so schwer. Während Fitzsimmons und de Moulinsart sich gegenseitig auszutricksen bemühten, habe ich mich auf Vaus Assistentin konzentriert.« Winter lächelte versonnen. »Eine aparte Person, und in einem anderen Leben und zu einer anderen Zeit hätte ich sicher versucht, ihr persönlich näherzukommen.«
    Banda beäugte ihn misstrauisch. »Was höre ich da? Sie werden mir doch nicht sentimental?«
    Â»Keine Sorge. Es blieb bei einem rein beruflichen Kontakt, der sich allerdings als äußerst ergiebig herausstellte.« Winters Ton war wieder ganz geschäftsmäßig. »Als sie in der Nacht vor dem Treffen auf der Weltausstellung bei mir übernachtete, habe ich die Gelegenheit genutzt, ein Mikrofon samt Sender in ihrer Schuhsohle zu verstecken. Das spätere Abhören der Aufzeichnungen war hochinteressant, denn es verriet mir, welche Informationen das Wörterbuch Viktor Vaus enthielt.«
    Â»Aber Sie haben doch erzählt, es
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