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Das Werk der Teufelin

Titel: Das Werk der Teufelin
Autoren: Andrea Schacht
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Flüchtig.«
    »Aha. Nun, Junge, lass das Mädchen los. Wir werden sehen, ob wir sie nicht anders bändigen können!«
    Der Ledergürtel des Bärtigen lag noch neben dem Heuhaufen, und mit ihm schnürte Pater Ivo der schlaff niedersinkenden Angelika die Arme an den Leib.
    »Pass auf sie auf, Junge, sie darf uns nicht entwischen.«
    Dann kam er zu Almut und baute sich drohend vor ihr auf, ein schwarzer Schatten, das Gesicht finster wie eine Gewitterwolke!
    »Ihr seid genauso hohlköpfig wie dieses wirre Geschöpf, dem Ihr nachgelaufen seid, Begine!«, donnerte er von oben herab. »Wie konntet Ihr nur so schwachsinnig sein, Euch ohne jede Begleitung aus den Stadtmauern zu begeben? Mitten unter die Söldner! Eine völlig verblödete, sabbernde Dreijährige hätte gewusst, was ihr da passiert. Dumm, verantwortungslos und leichtsinnig seid Ihr, Begine. Ihr wisst doch genau: ›Wer sich in Gefahr begibt, der kommt darin um, und ein starrköpfiger Mensch nimmt zuletzt ein schlimmes Ende!‹ Ihr seid eine Schande für Eure Schwestern und eine Heimsuchung für Eure Freunde!«
    »Ja, Pater Ivo!«, hauchte Almut, und ihre Augen flossen über.
    Geistesgegenwärtig rückte Aziza zur Seite. Pater Ivo beugte sich nieder und hob die Begine auf. Sie klammerte sich an seine Schultern, und er trug sie zum Heuhaufen, wo er sie vorsichtig in das weiche Gras bettete. Eine kleine Weile hielt er sie fest in seiner Umarmung. Almut hingegen lehnte den Kopf an seine Schulter und ließ das Zittern ihres Körpers langsam verebben.
    »Ich hätte ihn umbringen sollen!«, murmelte der Benediktiner in ihre Haare. »Ich hätte das Schwein langsam und stückchenweise umbringen sollen. Habt Ihr Schmerzen, Begine?«
    Sie schüttelte den gesenkten Kopf. »Es… es geht schon. Ich habe schon Schlimmeres erlebt.«
    »Begine?«
    »Schon gut, Pater.« Sacht ließ er sie los. Sie wischte sich mit dem Schleier das Gesicht ab und meinte: »Mein Stolz ist schlimmer verletzt als mein Körper.«
    Er strich ihr die Haare aus dem Gesicht und sah sie lange prüfend an. Sie hielt seinem Blick stand, doch plötzlich fühlte sie das Blut in ihr Gesicht steigen, biss sich auf die Unterlippe und senkte die Lider. Pater Ivo erhob sich.
    »Die Dreckskerle haben uns wenigstens ihre Verpflegung hier gelassen«, sagte Aziza und reichte Almut den Weinschlauch.
    »Wir werden sie wohl auch brauchen, denn zurück in die Stadt schaffen wir es nicht mehr. Seht, die Sonne geht schon unter. Bis wir an der Mauer sind, haben die Wachen die Tore geschlossen.«
    »Na gut, dann haben wir eine Nacht im Heu vor uns!«
    Schulterzuckend akzeptierte Aziza das und warf Pitter den Proviantbeutel zu. Der Junge wirkte tief geknickt. Auf seinem Kinn breitete sich ein blauer Fleck aus, und über seine Stirn zog sich ein blutiger Kratzer. Noch nicht einmal der Laib Brot und der Käse, den er in dem Beutel fand, munterten ihn auf. Er humpelte zu Almut und ließ sich neben ihr in das weiche, noch von der Sonne erwärmte Gras sinken.
    Almut richtete sich langsam auf. Der starke Wein hatte sie ein bisschen aufgemuntert, sie hatte zwar das Gefühl, voller Prellungen und Quetschungen zu sein, aber allmählich ließen die übelsten Schmerzen nach.
    »Danke, Pitter.«
    »Ach, Frau Almut!« Er schluchzte plötzlich auf und rang die schmutzigen Hände. »Ich hätte Euch besser beschützen müssen!«
    »Unsinn, Pitter. Du hast doch das Beste getan, was du tun konntest. Mach dir nichts draus. Sie waren viel stärker als du.«
    »Aber Ihr… Es war so viehisch! Und ich konnte nichts machen.«
    »So ist das nun mal.« Mit verschmiertem, unglücklichem Gesicht sah er sie an, und sie lächelte schief. »Ich bin ja auch schuld an den Prügeln, die du einstecken musstest. Also sind wir quitt, ja?«
    Er schniefte noch einmal und nahm dann erleichtert den Weinschlauch entgegen.
    »Der Bauer wird uns nicht besonders dankbar sein, wenn wir ihm seinen Heuhaufen auseinander reißen, aber ich denke, wir sollten der Einfachheit halber hier bleiben.«
    Pater Ivo richtete für sich und Aziza ebenfalls ein Lager her, während sich die Wolken am Himmel rosig färbten. Schweigend rückten sie dann zusammen und teilten sich die Lebensmittel. Angelika allerdings wurde zum Fasten verurteilt. Als sie fertig waren, stand Pitter auf und betrachtete einen der Apfelbäume. Die kleinen, wurmstichigen Äpfel, die am Boden lagen, verschmähte er, aber als er an dem Stamm rüttelte, fielen ein paar saftige, große Früchte hinunter. Schon
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