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Das Weihnachtsversprechen

Das Weihnachtsversprechen

Titel: Das Weihnachtsversprechen
Autoren: Donna Vanliere
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meiner Seite aus gab es keine Geheimnisse.
    Sofort nachdem ich von Carlas Zustand erfahren hatte, rief ich Dalton und Heddy an. Dalton hob den Hörer direkt ab, obwohl es mitten in der Nacht war. Ich merkte, wie ich vor Aufregung ins Telefon schrie, damit er mich verstand. Ich erzählte ihm nicht alles, aber ich teilte ihm mit, dass jemand Carla gefunden hatte. Sie fuhren sofort zum Krankenhaus, um bei ihr zu sein.
    In den frühen Morgenstunden erfuhr ich, dass Matthew während der vergangenen zwei Jahre nur eine Stunde nördlich von mir gewohnt hatte. »Du warst so nahe«, sagte ich wieder und wieder. »So, so nahe.« Als er mir erzählte, dass er erst einige Wochen zuvor hergezogen war, um eine Stelle im Wilson’s anzutreten, hob ich die Hände und schlug sie über meinem Kopf zusammen.
    »Ich dachte,
Sie
wären Miss Glory, als Sie vor ein paar Tagen ins Kaufhaus kamen«, sagte Matthew zu Miriam.
    Lachend warf sie den Kopf zurück. »O mein Gott, nein! Ihre Mutter ist die einzige Miss Glory in dieser Gegend.« Er sah mich verwirrt an; es gab so viel zu erzählen. »Aber Ihr Name war doch Chad oder so ähnlich, nicht wahr?«, fragte Miriam.
    Er sah mich an. »Chaz. Ich habe mich Chaz genannt.«
    »Du hast dir den mittleren Namen deines Vaters ausgesucht?«
    Er nickte. »Chaz McConnell.«
    Mein Mädchenname. Trotz seines Weglaufens war es Matthew gelungen, sich einen Teil seiner Familie zu bewahren. Er hatte nicht alles hinter sich lassen können.
    Kurz vor dem Morgengrauen führte ich ihn in Erins Zimmer. Er sah so aus, als ob er tagelang schlafen würde. Ich fühlte mich, als würde ich das ebenfalls tun.
    »Normalerweise schläft hier unsere andere Mitbewohnerin«, erklärte ich und warf ein paar Sachen in den Schrank. »Aber sie hat ein Baby bekommen und ist jetzt bei ihrer Mom.« Ich ließ die Jalousie herunter und küsste meinen Sohn auf die Wange. »Es ist endlich Weihnachten«, sagte ich und drückte seine Hand.
    Zum ersten Mal stand er im Licht vor mir, und ich betrachtete seine Schultern, seine Hände und seine Brust. Anders als damals war er inzwischen voll entwickelt, sein Gesicht hatte jeglichen Teenagerspeck verloren. Matt hatte sehr markante Wangenknochen und einen starken Bartwuchs. Es war das Gesicht eines Mannes, in das ich sah. Die Augen seines Vaters sahen mich an, aber sie strahlten nicht wie die von Walt, und das brach mir das Herz.
    »So oft«, sagte er. Matt strich sich mit der Hand über das Kinn und sah sich im Zimmer um. »So oft wollte ich nach Hause kommen ... aber ich konnte nicht.« Er starrte auf seine Füße. »Ich habe so viele Dinge getan ...« Seine Augen schimmerten, und er blickte kurz an die Decke, um die Tränen zu unterdrücken. Dann räusperte er sich. »Ich konnte danach einfach nicht nach Hause kommen. Ich konnte dir das nicht antun.«
    Ich nahm seine beiden Hände. »Du hättest immer nach Hause kommen können, gleichgültig, was du getan hast.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, das konnte ich nicht.« Scham ist tyrannisch. Sie lungert gern in unsrer Nähe herum und klopft uns ab und zu auf die Schulter, und dann schlägt sie uns jäh ins Gesicht. Matthew hatte im Laufe der Jahre viele Schläge eingesteckt.
    Ich legte meine Hand an seine Wange. »Du bist immer mein Sohn gewesen. Nichts könnte das je ändern.« Ich setzte mich mit Matt an das Fußende des Bettes. »Nachdem du fortgegangen warst und dein Vater gestorben ist, konnte ich an manchen Tagen den Abend nicht erwarten. Ich war so einsam und zornig. ›Ich brauche sofort einen neuen Tag‹, rief ich. Und es
kam
ein neuer Tag, und es gelang mir, ihn durchzustehen.« Ich nahm Matts Hand und hielt sie fest in meiner. »Die Gnade war immer groß genug, es zu schaffen.« Ich drehte sein Gesicht zu mir hin. »Die Gnade ist
immer
groß genug, es zu schaffen.« Ich küsste ihn auf die Stirn. »Du bist zu Hause.
Du bist zu Hause
«, flüsterte ich ihm ins Ohr. Er nickte, und ich betete, dass er es glaubte. »Schlaf ein wenig«, sagte ich und schloss die Tür hinter mir.
    Das Geländer gab mir Halt, als ich die Treppen hinunterschlich. In meinem Innersten wusste ich, was aus meinem Sohn geworden war, und mein Magen krampfte sich zusammen.
    In der Küche traf ich auf Miriam. »Ich war bei einem Wunder dabei«, sagte sie und reichte mir eine Tasse Kaffee. Ich setzte mich an den Tisch und fühlte, wiemeine Muskeln erschlafften. »Es war ein Wunder, nicht wahr, Gloria?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete ich. »Wenn es ein
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