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Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise
Autoren: Horst Biernath
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im selben Hotel, und überhaupt die ganzen siebzehn Tage fast andauernd beieinander. Lieber Gott, die geborene Bollmann! Eine verrückte Nudel. Unter uns gesagt, Herr Kommissar, die Frau ist zu früh Witwe geworden — Sie verstehen — da lag der Hund begraben...«
    »Mit einem Wort — eine mannstolle Schreckschraube, wie?«
    »Nun, so kraß möchte ich es nicht ausdrücken. Sagen wir lieber: ein bißchen anlehnungsbedürftig. Und auch in dem Alter, wo eine Frau Angst davor bekommt, die Tür könne im nächsten Moment zufallen, Sie verstehen, Herr Kommissar...«
    »Respekt!« sagte Herr Knuffka anerkennend, »Sie sind ja der reinste Psychologe und ein Seelenkenner dazu, was die reifere Damenwelt anbetrifft. Woher, wenn man fragen darf?«
    Otto Lobedanz errötete bis in den Hals hinein.
    »Na schön«, sagte Herr Knuffka nach einer kleinen Weile. »Also eine Frau, die befürchtet, die Tür könne im nächsten Augenblick ins Schloß fallen. Verstehe! Ich verstehe überhaupt alles. Mir ist nichts Menschliches fremd. Bringt mein Beruf mit sich...« Er blinzelte ein wenig, und seine Augen sahen aus, als wären ihm bei der Ausübung seines Berufes allzu viele Dreckspritzer hineingeraten.
    »Dann kennen Sie also auch Herrn Schnürchen!« stellte er unvermittelt fest.
    Der verkniffene Gesichtsausdruck, mit dem er den Namen Schnürchen aussprach, ließ Otto Lobedanz stutzig werden.
    »Herr Kommissar«, rief er, »wenn es etwa um meinen väterlichen Freund Hermann Schnürchen gehen sollte — für den lege ich meine Hand ins Feuer!«
    »Vorsicht, junger Mann«, warnte Herr Knuffka, »um den geht es tatsächlich.«
    »Das verstehe ich nicht. Ich kann nur sagen, daß ich Herrn Schnürchen als den nettesten, bescheidensten, hilfsbereitesten und anständigsten Mann kennengelernt habe, der mir je im Leben begegnet ist!«
    »Hoho, Sie legen sich aber mächtig ins Zeug...«
    »Nun, wenn Sie mir nicht glauben, dann fragen Sie doch Sonny« — Otto Lobedanz errötete wieder einmal, preßte die Lippen zusammen und verbesserte sich hastig, »ich meine, dann fragen Sie Fräulein Sonntag, oder meine Mutter oder am besten Frau Pütterich selber, was die von Herrn Schnürchen halten! Und ich schlucke Ihren Briefbeschwerer trocken herunter, wenn Sie von denen etwas anderes zu hören bekommen als von mir.«
    Der Briefbeschwerer bestand aus einem Brocken aschgrauen Gesteins, das auf der Unterseite blank geschliffen war und auf der Spitze ein Gipfelkreuz aus Bronze trug. Herr Knuffka reichte den Brocken, der ein gutes Kilo wiegen mochte, Otto liebenswürdig hinüber und sagte nur: »Na denn man los, ich bin nur gespannt, wie Sie das schaffen werden. — Der Brief stammt nämlich von Frau Pütterich, und wenn er auch nicht gerade eine klare Anzeige enthält, so bezichtigt die Witwe Pütterich in ihrem Schreiben Ihren Freund Schnürchen unzweideutig und mit klaren Worten des Betruges, — und wenn man zwischen den Zeilen liest, dann hört man noch etwas von Heiratsschwindel heraus. So, und jetzt fangen Sie endlich schon mal an. Und wenn Ihnen das Kreuz vom Nebelhorn — dort war ich nämlich vor drei Jahren oben und von dort habe ich mir den Stein als Andenken mitgebracht — im Wege sein sollte, dann brechen Sie es ruhig ab. Vielleicht schluckt es sich dann leichter.«
    »Aber das kann doch nicht möglich sein«, stotterte Otto Lobedanz völlig verdattert.
    »Wenn Sie nur drei Tage auf meinem Stuhl säßen, junger Mann, dann wüßten Sie, daß es nichts gibt, was nicht doch möglich ist«, sagte Herr Knuffka sanft. »Mein Vorgänger, Kriminalkommissar Seidenschnur, ein alter Praktiker, pflegte zu behaupten, daß es normale Todesfälle überhaupt nicht gäbe. Verstehen Sie, was er damit sagen wollte?«
    Otto Lobedanz nickte beklommen, und Herr Knuffka nahm den Gesteinsbrocken zurück, den er ihm bis dahin mundgerecht entgegengehalten hatte, und stellte ihn wieder an seinen alten Platz auf einen Stoß von Formularen.
    »Aber wie kommt Frau Pütterich um Himmels willen dazu, von Betrug, und vor allem, wie kommt sie dazu, von Heiratsschwindel zu reden?« fragte Otto Lobedanz schließlich kopfschüttelnd. »Das ist doch alles heller Wahnsinn...«
    »Nun, Frau Pütterich behauptet, Herrn Schnürchen Geld vorgestreckt und nicht zurückerhalten zu haben. Zwei Briefe an seine Privatanschrift wären mit dem postalischen Vermerk >Adressat unbekannt< an sie zurückgegangen. Und sie behauptet ferner, Herr Schnürchen habe sich ihr
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