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Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise
Autoren: Horst Biernath
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war plötzlich im Laden, daß man die Ölsardinen in den Büchsen kichern hören konnte. Und ich? Kein Wort habe ich dem alten Drachen gegenüber verloren, sondern nur ganz ruhig und vornehm zu Frau Arnold gesagt: Wenn doch manche Leute erst einmal den Dreck vor ihrer Tür kehren würden! Genauso, wie ich es dir jetzt erzähle. Haltung wie die Königin von England. Aber du hättest den Ruck sehen sollen, den es dem alten Schandmaul gegeben hat...«
    »Wirklich prima, wie du ihr Saures gegeben hast, Muttchen«, murmelte Otto mit einem neuerlichen Blick auf seine Uhr. »Aber jetzt habe ich einen Mordshunger. Hast du irgend etwas Eßbares in der Speisekammer?«
    »Armer Junge!« seufzte Frau Lobedanz, »nichts als eine Dose mit Bratheringen und einen winzigen Rest Mettwurst. Wenn du die Heringe magst? Mir haben sich die Aufregungen so auf den Magen geschlagen, daß ich keinen Bissen herunterwürgen könnte.«
    Was blieb ihm schon anderes übrig, als die Dose mit den Heringen aufzumachen? Sie waren reichlich sauer und stiegen ihm schon auf, kaum, daß er den ersten mit einem Stück Trockenbrot hinuntergebracht hatte. Er tröstete sich mit dem Gedanken, daß Saures lustig mache. Auf jeden Fall machte es ihn unternehmungslustig, denn plötzlich kam ihm der Einfall, mit der polizeilichen Vernehmung nicht bis morgen zu warten und vor lauter Gewissenserforschung schlaflos im Bett zu rotieren, sondern sich schnurstracks zum Präsidium auf den Weg zu machen.
    Am liebsten hätte ihn seine Mutter begleitet, aber es gelang ihm, ihr diesen Gedanken auszureden; schließlich hatte sie jetzt genug damit zu tun, die Wohnung auszulüften und den Topf mit dem Angebrannten zu scheuem, denn ihm entquollen noch immer die scheußlichsten Düfte. Er selber hätte gut daran getan, den Anzug zu wechseln. Der üble Geruch hing so stark daran, daß die Dame entsetzt zurückprallte, die nach ihm die Telefonzelle betrat, in der er seine Firma angerufen hatte, um dort zu melden, daß er wegen einer Vorladung unter Umständen mit einer kleinen Verspätung im Büro eintreffen werde.
    Das Polizeipräsidium lag auf dem Wege zu seiner Arbeitsstätte. Viermal am Tage lief er daran vorbei, ohne auf die vielen Fenster des Riesenbaues auch nur einen Blick zu werfen. Die Polizei — dein Freund und Helfer...Na schön, aber am besten hatte man mit denen doch nichts zu tun. Er nahm den Haupteingang und entdeckte im Vorraum, den Aushängekästen mit den Steckbriefen aller möglichen Banditen gegenüber, ein winziges rundes Fensterchen, und hinter diesem Bullauge in einer Art von Portiersloge einen Mann, der mit einem Taschenmesser Wurstwürfel aufspießte, sich die Brocken in den Mund schob und mit einer Flasche Märzen nachspülte. Er ließ Otto Lobedanz eine ganze
    Weile zuschauen, ehe es ihm einfiel, ihn mit dem Messer, an dem ein besonders großer Wurstbrocken stak, heranzuwinken.
    »Was suchen Sie?« fragte er mit vollem Munde.
    »Zimmer zwohundertzwölf...«
    »Zimmer zwohundertzwölf zwoter Stock links, erster Gang rechts, und dann links hinten das vorletzte Zimmer. Kommissar Knuffka. Aber da müssense warten. Kommt erst um zwei. Pünktlich wie der Zeiger.« Und damit schaltete er ab und nahm einen kräftigen Zug aus der Flasche.
    Otto Lobedanz zündete sich eine Zigarette an und schlenderte zu den Steckbriefen hinüber. Das Geld lag auf der Straße. Da waren Belohnungen ausgesetzt, daß einem der Atem stockte. 20 000 DM für einen Bankräuber! 10 000 DM für einen Kerl, der einen Geldtransport überfallen und den Transportbegleiter niedergeschossen hatte. Einfache Morde an armen Witwen brachten es noch nicht einmal auf 500 Mark. Gut, daß seine Mutter nicht dabei war, sie hätte ein gutes Recht dazu gehabt, sich über diese geringe Einschätzung zu entrüsten. Leute kamen und gingen. Endlich war es zwei Uhr. Wenn der Kommissar pünktlich wie ein Zeiger war, konnte man ja die Probe aufs Exempel machen. Er stieg also zum zweiten Stockwerk empor, verirrte sich einmal und stand schließlich vor der gesuchten Tür. Auf sein Klopfen ertönte von innen ein verärgertes »Herein!«.
    Otto Lobedanz öffnete zaghaft die Tür und stand in einem überhellen Raum, dessen hohe Fenster gardinenlos waren. Er erblickte einige gelbe Büromöbel, Stühle mit durchlöcherten Sperrholzplatten wie daheim in der Küche, und rechts neben dem gelben Schreibtisch einen Aktenhund, den man wie einen Teewagen auf kleinen Gummirollen bewegen konnte. Kommissar Knuffka saß hinter dem
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