Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise
Autoren: Horst Biernath
Vom Netzwerk:
geschrieben, daß man als Gast eine Rechnung nachzuprüfen hat? Wenn Herr Gualdini sich zu seinen Ungunsten verrechnete, dann ist das seine Sache! Mich geht das nichts an! Und überhaupt, wie kommst du eigentlich darauf, daß diese Vorladung etwas mit der Weinrechnung zu tun hat?«
    »Wer von uns beiden ist auf die Weinrechnung gekommen? Etwa ich?« fragte sie scharf und spitz, »es war einzig und allein dein schlechtes Gewissen!«
    »Nun mach aber mal ‘nen Punkt!« sagte er böse, »was heißt hier schlechtes Gewissen? Hast du vielleicht ein schlechtes Gewissen, wenn dir Kaufmann Arnold wie neulich statt auf zwei Mark auf fünf Mark herausgibt? Du hast das Geld seelenruhig eingesteckt und hast gesagt, Arnolds Irrtum träfe ja keinen Armen. Genau das waren deine Worte!«
    »Das war ja auch etwas ganz anderes...«, stotterte Frau Lobedanz in einiger Verwirrung.
    »Ich sehe da keinen Unterschied!« behauptete Otto Lobedanz und schob die Vorladung in seine Jackentasche.
    »Du meinst also...?« murmelte seine Mutter und griff zerstreut nach dem Handfeger, der auf der Abstellplatte des Gasherdes lag.
    »Allerdings meine ich, daß diese Vorladung nichts mit Rimini und Herrn Gualdini zu tun hat!«
    »Weshalb jagst du mir dann solch einen Schrecken ein, Ottochen?« fragte Frau Lobedanz vorwurfsvoll und holte den ersten Pantoffel unter dem Gasherd hervor. Nach dem zweiten unter dem Schrank mußte sie auf Knien und Ellbogen angeln.
    »Was für hübsche Schuhchen«, seufzte sie, »es hätte mir um sie ewig leid getan.«
    Otto Lobedanz stand einem der jähen Stimmungsumschwünge gegenüber, die das Zusammenleben mit seiner Mutter so abwechslungsreich machten. Die polizeiliche Vorladung, die mahnend in seiner Jackentasche knisterte, schien sie völlig vergessen zu haben.
    »Trotzdem möchte ich gern wissen, was die auf der Polizei von mir wollen«, knurrte er.
    »Irgend etwas wird es schon sein«, meinte sie und legte den Handfeger zur Kehrichtschaufel in den Besenschrank, »vielleicht hängt es auch mit deiner Firma zusammen...«
    »Ach, schau einmal an«, sagte er verkniffen, »auf einmal ist dir die Geschichte überhaupt nicht mehr wichtig. Wozu also zuerst die ganze Aufregung und wozu die verbrannten Kohlrouladen?«
    »Na, höre einmal!« sagte sie leicht gekränkt, »soll ich etwa juchzen, wenn einem ein Polizist auf nüchternen Magen eine Vorladung ins Haus bringt? Da steht man also nichtsahnend am Herd und hat die Rouladen gerade in den Topf gelegt, und auf einmal läutet es. Und draußen steht ein baumlanger Mensch in Uniform und fragt: Bin ich hier richtig bei Lobedanz Otto, geboren am 19. Juni 1938?« — Frau Lobedanz schneuzte sich geräuschvoll: »Und auf der Halbtreppe steht die olle Birngeistin und grinst recht hämisch und sagt: Jawoll, Herr Oberwachtmeister, das ist die Mutter von dem Delinquenten! Hast du Worte, Ottchen? Und der Polizist sagt: Dann unterschreiben Sie mal unten links, und leckt auch schon den Tintenstift an und drückt ein Papier gegen den Türrahmen. Ich habe so gezittert, daß ich nicht mehr wußte, ob man Lobedanz hinten mit einem Zett oder mit einem Ringel-S schreibt...«
    »Und da brannten die Kohlrouladen an?«
    »Da noch nicht, erst später, als ich zu Kaufmann Arnold lief, um noch ein Pfund Schweineschmalz zu holen. Ich hatte die Rouladen nämlich mit einem ganz kleinen Fettrest angesetzt, den ich noch daheim hatte...«
    Otto Lobedanz warf einen nervösen Blick auf seine Armbanduhr, denn bei zwei Stunden Mittagspause mit einem Weg von einer guten halben Stunde ins Büro war schließlich jede Minute kostbar.
    »Das mußt du noch hören!« sagte seine Mutter. »Ich binde also die Schürze ab und laufe zu Arnold hinüber. Und was meinst du wohl, wer am Ladentisch steht und mit Frau Arnold ratscht?«
    »Frau Birngeist vermutlich...«
    »Genau getroffen! Und wie ich in den Laden komme, höre ich, wie sie sagt: Ich bitte Sie um alles in der Welt, Frau Arnold, ich weiß doch genau, was die Frau als Briefträgerwitwe an Pension bekommt, hihi, und was der Junge verdient, ist doch auch kein Vermögen. Die Kohlenrechnung vom Januar haben die Leute bis in den April hinein angestottert. Aber so was reist nach Italien! — Die Arnoldsche ist ganz blaß geworden, wie sie mich gesehen hat, und hat der andern zugeplinkt, daß die Augendeckel direkt gescheppert haben. Aber die hat noch nichts gemerkt und sagt noch: Ehrlich währt am längsten, haha! Und dreht sich um und sieht mich stehen. Eine Stille
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher