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Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Titel: Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent
Autoren: Sheri S. Tepper
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nichts tun können, um sie aufzuhalten, weder mit Tamors Pfeilen noch mit Wafnors großen Felsbrocken. Ich hatte nichts davon bemerkt, daß Dorn versucht hätte, diese Armee wieder zurück ins Grab zu bringen, und angesichts ihrer Größe konnte ich es ihm nicht verübeln. Es war, als versuchte man das Meer mit einem Löffel Öl zu beruhigen. Weit rechts von mir sah ich die ersten Reihen Knochen den Engpaß erreichen, in dem Thandbar wartete. »Guten Appetit, Verwandter«, wünschte ich ihm. Er stand nicht weit entfernt von mir. Gerade als ich es aussprach, fluteten die ersten Knochen auf die Ebene vor mir und vermischten sich mit den riesigen Knochen des Windes, den gigantischen sternförmigen Gerippen dieser Welt, Knochen, die wie meine eigenen Grolknochen angeordnet waren. Ich machte mich bereit, biß knirschend in den Fels hinein, öffnete weit das Maul.
    »Sorah hat etwas GESEHEN … GESEHEN …«, rief Didir in meinem Kopf. Götter des Spiels, sagte ich zu mir selbst. Wen kümmerte jetzt, was Sorah GESEHEN hatte? Die Horde war dabei, uns zu überrollen, zu begraben, uns mit knochigen Fingern durchzusieben und in das Grauen des Höllenschlundes zu führen. Weit hinten auf dem Plateau sah ich Krylobos flattern und hochspringen, die am Rande der Armee Spieler angriffen, die dort standen. Anlauf, Treten, Wegrennen. Ein paar Knochen stürzten, ein paar verwesende Leichname stolperten, das war alles. Diese Vögel konnten, so groß sie auch waren, gegen einen solchen Ansturm nichts ausrichten.
    Und nun näherte sich mir ein Ring von Bannern.
    Huld inmitten seiner Spieler. Prionde war an seiner Seite, auf den Schultern seiner Untergebenen, Ghuls präsentierten sich in zerrissenem Putz um ihn herum. War das Dazzle? Gewiß doch nicht … Und doch, in Anbetracht von Hulds schrecklichem Ziel, warum nicht?
    Wie ich es seit zwei Jahren immer wieder getan hatte, suchte ich nach den Spielern von Barish, suchte nach Trost, Freundschaft, Sicherheit, nach Unterstützung – und fand sie. Alle. Alle inmitten meines großen Körpers, des Körpers eines Grols mit seinem sternförmigen Skelett, alle inmitten meiner großen Gestalt, die dieser Welt entsprang, den Blick auf die nahende Horde gerichtet, die sich wie Wasser zwischen die Knochen des Windes ergoß …
    Zwischen mir und den heranmarschierenden Skeletten erhob sich undeutlich ein Beinknochen, halb vergraben, schwer wie Stein, aber doch kein Stein, so eindeutig kein Stein, daß ich laut aufstöhnte. Wie hatte ich das so lange für Stein halten können? Dies hier waren keine Knochen des Windes. Dies hier war nicht von Wind und Wasser gekerbt. Dies hier waren alte Knochen, echte Knochen, wirkliche Knochen, Knochen von dieser Welt, Knochen aus uralten, unvorstellbaren Zeiten. In meinem Kopf schrie ich nach Dorn und Shattnir, schrie nach ihnen um Hilfe, um diese Knochen zu wecken, schrie um Kraft, um diese Knochen zu rufen, schrie nach Wafnor, um die Erde aufzubrechen, schrie nach allen, damit sie schauten, sahen, sich verbanden, bewegten, kämpften. Ich sah, wie sich der mächtige Knochen hochschob, wie das Gestein ringsum auseinanderbrach und in Fontänen trockenen, gesplitterten Gerölls nach allen Seiten stob. Der Knochen wuchs aus der Erde wie ein Baum, wurde größer und größer, von seiner unsichtbaren Wurzel nach oben gestoßen, eine große Form, mit der sich eine andere verband, und dann noch und noch eine, erst die fünf verbundenen Knochen, dann die Wölbung der Rippen, das Genick, der monumentale Kopf mit Zähnen, die so lang wie meine Beine waren, bis schließlich die ganze Gestalt sich erhoben hatte, mit einer Schulterhöhe von zehn Mann, und sich dem Knochenheer entgegenwandte, blindlings und rasend vor Wut.
    Die Knochen des Windes zogen in den Krieg, in den Krieg, und nicht allein. Weitere sprossen aus der Erde dieses Ortes, eine Ernte so groß und schrecklich, wie kein Seher es glauben würde. Sie entwuchsen dem Fels zu Dutzenden, zu Hunderten, mit ihrer Größe den Himmel verdunkelnd. Sie schlugen um sich, stampften mit Füßen wie Hämmer aus Stahl, und die jämmerlichen menschlichen Gerippe vor ihnen fielen wie abgesicheltes Getreide nieder, um zertrampelt und von gigantischen Füßen und dem Wind gedreschflegelt zu werden. Knochensplitter wurden von diesem Wind fortgetragen, nach Westen und Norden, fort, fort, eine unaufhörliche, aufgeblähte pulvrige Wolke.
    Gleich vor mir hatte das erste Ungeheuer über Huld einen Riesenschritt getan und ebenso über ein
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