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Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant
Autoren: Sheri S. Tepper
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warteten, bis der letzte Nachzügler verschwunden war, bevor wir ins Freie kamen, Himaggerys und Windlows Körper vor uns hertragend. Wir stolperten über das Gras zu der Maschine. Als wir näherkamen, sah ich mit Schrecken, daß die Bänder und Girlanden durchgerostete Stellen verdeckten. Drähte und Röhren schienen zu einer schwärzlichen Masse verschmolzen. Wir starrten uns einen Augenblick an. »Was bleibt uns, außer es zu probieren?« fragte Mavin. »Wir müssen es tun.«
    Wir legten Himaggery auf die Plattform, plazierten den winzigen Blauen in die Vertiefung neben seinem Kopf, und Mavin ging zu dem langen, silbernen Hebel, der seitwärts herausragte. Ihre Augen waren geschlossen, ihre Lippen bewegten sich. Ich weiß nicht, wen sie anrief, welche Gottheit, welchen Teufel. Vielleicht ging sie auch nur mit sich selbst zu Rate. Ihre Hände waren ruhig, als sie den Hebel hochzog, der Richtung entgegengesetzt, die wir in den Laboren gesehen hatten. Ich begriff, daß sie darüber nachgedacht und es sich so zusammengereimt hatte. War es wirklich so einfach? Ich wagte es kaum zu hoffen.
    Die Maschine kreischte. Ich biß mir auf die Lippen, bis Blut kam. Die Plattform bewegte sich, drehte sich, glitt unter die schwärzliche Masse, die sich über sie türmte. Ich roch Rauch, verbranntes Öl. Hier gab es keine Vorrichtung, um Feuer zu löschen. Ich konnte nur die Luft anhalten und abwarten, warten, während das Kreischen sich zu einem gemarterten Heulen steigerte, bevor es wieder verklang. Die Plattform hatte sich nicht bewegt. Mavin riß an dem Hebel, einmal, zweimal. Langsam erhob sich die Plattform aus der Maschine, drehte sich nach oben und zu uns hin. Der Blaue war verschwunden. Himaggery sah wieder aus wie früher. Ich konnte sehen, wie sich sein Brustkorb hob und senkte, winzige, kaum wahrnehmbare Bewegungen, ein Hauch von Atem. Wir zogen ihn von der Plattform und legten Windlow darauf.
    Ich kniete mich neben Himaggery, während Mavin wieder zu dem Hebel ging. Wieder hörte ich das anschwellende Kreischen, roch Verbranntes. Dieses Mal quoll Rauch aus der Maschine, beißend und grell. Ich hustete. Himaggery hustete. Sein Kopf bewegte sich, seine Hand. Ich merkte, wie ich ihn tätschelte, streichelte, sinnlose Worte in sein Ohr flüsterte. Dann brachte mich Mavins Schrei wieder auf die Füße.
    Die Maschine stand in Flammen. Die Plattform kam unter der verknäulten Masse hervor, langsam, zu langsam. Schon jetzt konnte ich sehen, daß der Blaue noch da war. Nichts war geschehen. Dann, als das Ganze mehr ins Blickfeld kam, sah ich, daß doch etwas geschehen war – Windlows Körper hatte sich … verändert. War das durch die Hitze der Maschine verursacht worden? Durch irgendein altertümliches Teil, das nun unwiderruflich entzweigegangen war? Es tat nichts zur Sache. Was dort auf der Plattform lag, konnte kein Leben mehr in sich tragen, das wußte ich mit jeder Zelle meines Körpers, den Dealpas bewohnt hatte. »Tot«, flüsterte ich, unfähig, es zu glauben. »Tot …«
    »Tot?« Himaggerys Stimme, hinter mir. Ich wandte mich um und sah, wie er versuchte sich aufzusetzen. Es gelang nicht, und er versuchte es noch einmal. Seine Augen irrten umher, blind. Mavin war sofort neben ihm, eines der schwarzen Gewänder in der Hand, die Manacle bei der Zeremonie benutzt hatte, um ihn darin einzuhüllen und so wieder ins Leben zurückzuzwingen. Ich griff über die Plattform und nahm Windlows Blauen in die Hände, Hände, die feucht von Tränen waren. Ich versuchte, nicht noch einmal auf die Plattform zu schauen, konnte aber nicht aufhören, daran zu denken, daß es das gewesen war, was Windlow vorhergesehen hatte und gegen das er mich um Hilfe gebeten hatte.
    Möglicherweise las Mavin meine Gedanken oder sah es an meinem Gesicht. Sie fuhr mich an: »Es ist keine Zeit für Schuldgefühle, Peter. Wir müssen von hier weg. Was Didir befürchtete, wird sehr bald eintreffen …«
    »Die Tür ist verschlossen«, erwiderte ich einfältig. »Flogshoulder wird vor verschlossener Tür stehen. Es wird dauern, bis er den Schlüssel geholt hat. Wir haben etwas Zeit.«
    »Wir haben keine Zeit. Didir warnte vor einer großen Katastrophe. Die Götter des Spieles mögen wissen, wie weit wir uns entfernen müssen, um ihr zu entkommen, aber das Beste wäre, so weit und so schnell wie möglich.« Sie beugte sich wieder über Himaggery, drängte ihn, sich aufzurichten. Ich weiß nicht, wie der Mann es fertigbrachte, aber er taumelte hoch, den
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