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Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant
Autoren: Sheri S. Tepper
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stülpen. Seht dann, wie sie über die Wiese schreiten, während die Maschinen weiter ausladen, diesmal richtige Körper, und Manacle wieder seinen langsamen Aufstieg die spinnenartige Leiter hoch beginnt.
    Während er stieg, setzte der Gesang wieder ein, und ich merkte, daß ich mir wünschte, er würde nicht so schnell klettern, damit der Gesang weiter und weiter andauerte, während er für immer und ewig kletterte. Verrückt … Das dachte ich wirklich, und ihr hättet es auch gedacht, wenn ihr es gehört hättet.
    Dann gab es eine unerwartete Unterbrechung. Manacle kam durch den Eingang ins Schiff zurück. Unerklärliches Klicken und Schlagen, Öffnen und Schließen von irgend etwas. Gleich darauf war er wieder da, an der Hand eines der geweihten Monster …
    Nein. An der Hand eine junge Frau. Sie war nackt bis zur Taille, ihre hohen Brüste durch die morgendliche Kühle mit Gänsehaut bedeckt. Ihr leeres Gesicht starrte ins Nichts. Manacle führte sie auf die Leiter. »Schaut, das Monster!« rief er. »Dem all unsere Forschung gelten soll, damit die Heimat unbeschadet bleibe!« Dann führte er sie die Stufen hinunter zu einer Grube, die sie dort irgendwo für sie vorbereitet hatten. Ich sah sie nicht, konnte sie nicht sehen. Als er die Frau hinausgeführt hatte, war es mir eingefallen. Didirs Erinnerungen, mir eingebrannt in diesem Raum, wo die Verteidiger standen, so wirklich wie meine eigenen. Ich erinnerte mich an die Landung, den mächtigen Ton der Maschinen, das Feuer, das schwärzlich am Fuß des Schiffes hochquoll, grüne Hügel im frühen Tageslicht. Ich war halb nackt, gerade von dem Kapitän geweckt worden, wie er es versprochen hatte, vor allen anderen. Er stützte mich mit einem Arm und deutete mit dem anderen über die Welt vor uns: »Schau, mein kleines Monster. Eine Welt für dich und für mich, und für unsere Kinder und die Kinder unserer Kinder …« Und ich, Didir, hatte gesagt: »Die Forscher werden uns diese Welt nicht überlassen«, und er hatte geantwortet: »Warte, eines Tages …«
    Der Anblick des Mädchens und die goldgestreifte Uniform hatten die alte Erinnerung wachgerufen, den Klang einer männlichen Stimme, lustvoll, selbstbewußt, verehrend. Es war nur eine Erinnerung, aber sie überwältigte mich, und ich kam erst zu mir, als Mavin mich schüttelte und sagte: »Peter! Was fehlt dir? Komm zu dir, Junge. Manacle kommt wieder die Leiter hoch.«
    Ich riß mich zusammen, und wir verbargen uns noch einmal, zufällig gerade, als es geschah. Bevor Manacle erschien, kam jemand anders die verborgene Treppe hoch. Quench.
    Quench, der in den Raum hineinhuschte und sich versteckte, in einer einzigen raschen Bewegung, als hätte er es zigmal zuvor geübt. Ich hörte Manacle kommen, hörte, wie das Singen wieder begann, langsam, feierlich, mächtig und ahnungsvoll. Etwas Großartiges würde gleich geschehen. Die Musik machte das deutlich.
    Doch alles was geschah, war, daß Manacle die Tür hinter sich schloß und sich niedergeschlagen auf den metallenen Untergrund setzte. Er nahm ein Schreibutensil aus einer Tasche und ein Stück Papier und saß da, abwechselnd an dem einen kauend und auf dem anderen etwas notierend.
    Der Gesang erreichte einen Höhepunkt, verlangsamte sich und verklang. Immer noch saß Manacle da. Nach einer Weile hub der Gesang wieder an, genau wie zuvor. Nun stand er auf, wobei er seufzend zu sich selbst murmelte: »Nun gut. Das wird’s wohl tun. Ich habe es zwar vor fünf Jahren schon einmal benutzt, aber es wird’s trotzdem tun.« Und er griff nach der Tür, um sie zu öffnen.
    »Wird wohl was tun, Manacle?« Quench, gegen ein glänzendes Panel gelehnt, einen Blick, mit dem man Löcher in Steine hätte brennen können, in Manacles Augen gebohrt: »Warum habt Ihr nichts nach ZUHAUSE gesendet? Das ist’s doch, was man von Euch erwartet. Nach ZUHAUSE zu senden. Ich würde gern hören, was ZUHAUSE geantwortet hat!«
    »O Quench, Quench, Ihr Ungeheuer! Was macht Ihr hier? Warum seid Ihr gekommen? Ihr habt die Zeremonie unterbrochen. Geht mir aus dem Weg. Ich muß ihnen sagen …«
    »Was sagen? Daß Ihr nach ZUHAUSE gesendet habt? Daß es keine Antwort gab? Daß es keine Antwort von ZUHAUSE seit – seit wie lange? – mehr gegeben hat, Manacle? Wie lange, Ihr kleiner, unwichtiger Sabberer? Wie lange?« Er schüttelte Manacle, schwenkte ihn hin und her wie eine Fahne. »Sagt es mir, oder ich breche Euch alle Knochen.«
    »Seid nicht närrisch, Quench! Ihr wißt, daß es nur
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