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Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe]

Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe]

Titel: Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe]
Autoren: Liane Sons
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Augenblick zum nächsten war er frei von allen Zaubern und rang wild nach Luft. Auch das mörderische Brennen in den Armen ebbte etwas ab, und noch ziemlich verschwommen sah er, dass die Zeichnungen tatsächlich wie frische Brandmale aussahen. Er schloss wieder die Augen und blieb eine Weile lang einfach liegen. Zitternd zog er sich schließlich mühsam an der Felswand hoch, lehnte sich dagegen, weil seine Beine ihn kaum tragen wollten, und krächzte heiser: »Danke, Dala!«
    »Es ist das erste Mal, dass ich Palema niedergestreckt habe. Mit einem Krug … von hinten. Mehr kann ich aus der Entfernung heraus leider nicht für dich tun, und deinen Dank habe ich nicht verdient. Nie hätte all das geschehen dürfen. Unser Weg war nie der richtige, das weiß ich längst. Aber bevor du uns auf ewig verdammst, solltest du wissen, dass unser entsetzlichster, aber aus Unwissenheit begangener Fehler war, die Kette zu teilen. Die Macht der einzelnen Gaben war so groß, so gewaltig und so übermächtig, dass sie jedes andere Gefühl in uns nahezu auslöschte. Wir hätten es bemerken müssen, wir hätten uns dagegen auflehnen müssen, aber wir haben es nicht getan, und irgendwann war es dann für uns viel zu spät. Auch jetzt kann ich noch keine tiefere Freundschaft oder gar Liebe empfinden, aber ich wünschte mir zumindest, ich könnte es. Allein dafür danke ich dir und Caitlin und Gideon. Tu jetzt, was Aaron ab’Darun, unser Vater und dein Großvater, getan hätte. Folge deinem Gefühl! Richte Salia aus, dass keine von uns durch diese schreckliche Tat glücklich geworden ist. Sie wird uns nicht verzeihen können, aber sage ihr trotzdem, dass es mir unendlich leidtut. Mögen die Götter mit dir sein, Neffe!«
    Rhonan benötigte noch etliche Zeit, um weitergehen zu können. Sein Hemd klebte am Körper, Übelkeit stieg immer wieder in Wellen in ihm hoch, und er schwitzte und fror gleichzeitig. Mit geschlossenen Augen lehnte er an der Felswand, krempelte seine Ärmel hoch, weil sie schon an den Brandwunden festklebten, und spürte, wie sich lähmende Angst in ihm ausbreitete, denn nach seinen Erfahrungen mit den drei anderen Schwestern glaubte er tatsächlich nicht, einen netten Besuch bei einer Verwandten vor sich zu haben. Und diesmal würde ihm nicht einmal Dala mehr helfen können. Der Wunsch, umgehend kehrtzumachen und die Quelle einfach wieder zu versiegeln, wurde fast übermächtig. Nur, um nicht weiter nachdenken zu können, stieß er sich schließlich von der Wand ab und ging mit immer noch unsicheren, aber möglichst schnellen Schritten in die Höhle.
    Dort folgte er einem engen Gang aus weiß schimmerndem Felsen.
    Er zog einen Dolch und benutzte ihn dazu, dicke Spinnweben, die im Laufe der Jahrhunderte entstanden waren, zu durchtrennen. Mit jeder Webe, die er durchschritt, wurde ihm kälter. Sein Atem hinterließ bald kleine Dampfwölkchen, und fast wunderte er sich, dass keine Eiskristalle seine Haut benetzten.
    Die Kälte betäubte allerdings auch die Schmerzen in seinen Armen, vertrieb das Schwindelgefühl und ließ ihn wieder klarer denken.
    Endlich sah er die Quelle vor sich und zwang sich dazu, auch den letzten Schritt zu tun.
    Auf den ersten Blick schien die Quelle lediglich ein weiterer, nur sehr viel breiterer Gang zu sein, dessen Ende er nicht sehen konnte. Tropfsteine hingen von der Decke, und ohne dass irgendeine Lichtquelle zu sehen gewesen wäre, war alles in schummriges Grau getaucht. Der Fels schimmerte auch hier weiß, aber die angeblich kristallklare Quelle zu seinen Füßen blubberte trüb vor sich hin. Dem tosenden Geräusch nach zu urteilen, musste sich ihr tiefschwarzes Wasser irgendwo weit im Inneren des Berges in große Tiefen ergießen.
    Ratlos sah er sich um. Er hätte nicht einmal sagen können, womit er gerechnet hatte, aber hier war einfach nichts, womit er auch nur das Geringste hätte anfangen können. Erneut verspürte er den Wunsch, sofort wieder zu gehen, und erneut sah er sich um und empfand nahezu Erleichterung dabei, nicht den kleinsten Anhaltspunkt dafür zu finden, dass Salia oder ihr Geist noch hier weilte. So wie er gerade hineingekommen war, konnte sie schließlich auch längst gegangen sein. Sein inneres Frösteln und die immer stärker werdende Furcht versuchte er zu verdrängen, genau wie das Gefühl, beobachtet zu werden.
    »Salia?« Selbst in seinen Ohren klang die Hoffnung durch, keine Antwort zu erhalten.
    Doch diese Hoffnung wurde nicht erfüllt. »Sieh an, sieh an! Er
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