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Das vierte Opfer - Roman

Das vierte Opfer - Roman

Titel: Das vierte Opfer - Roman
Autoren: H kan Nesser
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Nachmittag lang zu vernehmen versucht hatte, die aber viel zu high gewesen war, um überhaupt zu begreifen, was er sagte.
    Jean-Claude Rühmes eiskalte Augen und Inspektor Moerks schönes Haar, als sie mit dem Melnikbericht in der Hand hereinkam.
    Doktor Mandrijn und seine Frau, die diese verdrehte Gestalt oben beim Seldonheim schleppten.

    Und Laurids Reisin. Ein imaginäres, aufdringliches Bild des Mannes, der sich nicht traute, nach draußen zu gehen.
    Und der Henker.
    Das Bild des Henkers selbst. Immer noch mit verschwommenen Konturen und nicht identifizierbar, aber wenn er auf der richtigen Spur war, dann war es nur noch eine Frage von Stunden, bis es in all seiner gewünschten Schärfe hervortreten würde.
    Ein paar kleine Überprüfungen. Eine kurze Bestätigung seiner bösen Ahnungen, und die Sache müßte klarsein.
    Vielleicht.
     
    Er saß hinter seinem Schreibtisch und zwirbelte an seinem Schnurrbart. Schmächtig, in schwarzem Anzug und mit dichtem, nach hinten gekämmtem Haar erinnerte er eher an einen Bestattungsunternehmer als an irgend etwas anderes. Genauso hatte Van Veeteren ihn in Erinnerung, in den fünfzehn Jahren schien er um ein oder allerhöchstens zwei Monate gealtert zu sein. Daß er erst vor acht Tagen auf dem Operationstisch gelegen hatte, dafür gab es keine Anzeichen.
    Mit einem leicht säuerlichen Lächeln begrüßte er Van Veeteren und zeigte mit der Hand auf den Besucherstuhl, der genau gegenüber von dem sorgfältig aufgeräumten Schreibtisch stand.
    »Worum, verdammt noch mal, handelt es sich eigentlich?«
    Van Veeteren erinnerte sich an das Gerücht, daß er kaum den Mund öffnen konnte, ohne dabei zu fluchen. Er hob die Handflächen zur Decke und versuchte bedauernd auszusehen.
    »Bedaure«, sagte er. »Die Sache ist etwas delikat ... Kann ich erst mal das angucken, weswegen ich gekommen bin?«
    »Aber, zum Teufel, ja!« Er zog eine Schreibtischschublade auf und holte eine braune Mappe hervor.
    »Bitte schön. Und viel Vergnügen!«
    Van Veeteren nahm sie in Empfang und zögerte einen Moment. Er überlegte, ob er auf diesem Stuhl hier sitzen bleiben
und lesen sollte, aber als er einen Blick über den Schreibtisch warf, begriff er, daß die Visite beendet war. Aus und vorbei! Er erinnerte sich wieder daran, daß sein Gastgeber noch nie ein Freund irgendwelcher Höflichkeitsfloskeln gewesen war ... Konversation oder so. Van Veeteren stand auf, verabschiedete sich und verließ das Büro.
    Der ganze Besuch hatte weniger als zwei Minuten gedauert.
    Wer noch einmal behauptet, ich hätte meine Launen, der soll doch bitte schön erst einmal diesen munteren Vogel besuchen, dachte Van Veeteren, während er die Treppen nach unten lief.
    Er ging über die Straße zu seinem Wagen. Holte seine Aktentasche vom Rücksitz und stopfte die Mappe hinein. Schaute sich um. Fünfzig Meter entfernt, an der Straßenecke, entdeckte er ein Cafeschild.
    Klingt gut, dachte er und machte sich auf den Weg.
     
    Er wartete, bis die Kellnerin verschwunden war, bevor er die Mappe auf den Tisch legte. Blätterte ein paar Seiten vor und nickte. Ein paar Seiten wieder zurück und nickte wieder.
    Er zündete sich eine Zigarette an und begann von Anfang an zu lesen.
    Er brauchte nicht lange zu warten. Die Bestätigung bekam er bereits auf Seite fünf, vielleicht nicht genau das, was er erwartet hatte, aber es war auf jeden Fall eine Bestätigung. Er stopfte die Papiere wieder zurück und schloß die Mappe.
    Verflucht noch mal, dachte er.
    Aber das Motiv war damit natürlich noch lange nicht klar ... was, zum Teufel, hatten die beiden anderen damit zu tun? Verdammte Scheiße...
    Nun ja, das würde sich zweifellos zeigen.
    Er schaute auf die Uhr. Ein paar Minuten nach eins.
    Donnerstag, der 30. September. Der vorletzte Arbeitstag von Bausen. Und plötzlich war der Fall auf dem Weg zu seiner Lösung.
    Und genau wie er es geahnt hatte, war es kaum das Ergebnis
irgendwelcher emsiger Ermittlungsarbeiten. Genau wie er gedacht hatte, war ihm die Lösung mehr oder weniger in den Schoß gefallen. Das war ein etwas sonderbares Gefühl, zweifellos, fast ungerecht, obwohl es andererseits natürlich nicht das erste Mal war, daß es so zuging. Er hatte das schon früher erlebt und bereits vor langer Zeit einsehen müssen, daß es, wenn es einen Beruf gab, in dem Tugend keine Belohnung nach sich zog, der des Polizeibeamten war.
    Justitia hat bestimmt eine Vorliebe für Bullen, die faul rumliegen und nachdenken, statt sich den Arsch
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