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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land
Autoren: Julian May
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wolkenlosen Himmel ein, bündelten es zu einem Strahl und schickten diesen unter die Erdoberfläche, wo er durch ein Netz von Hauptlinie und lokalen Zubringer-Leitungen risikolos verteilt wurde. Ein Photon des portugiesischen (oder chinesischen oder pazifischen oder Kansas-) Tageslichts wurde auf seinem Weg mittels Plasma-Spiegeln gesteuert, die innerhalb der Tunnel angebracht waren, und erreichte die von Nebel umlagerten Leute auf den nordatlantischen Farmen schneller als ein Auge blinzeln konnte. Die Meeresfarmer benutzten die Energie für alles von Unterwasser-Erntemaschinen bis zu Heizdecken. und nur wenige Verbraucher machten sich die Mühe, darüber nachzudenken, woher die Energie kam.
    Wie alle unter der Oberfläche liegenden Energieleitungen der Erde wurde auch die Linie Cabo da Roca Azoren regelmäßig von kleinen Robot-Raupen und -Hunden inspiziert. Diese konnten kleinere Reparaturen ausführen, wenn sich die planetare Kruste in einem der häufigen Klasse-Eins-Vorfälle verlagerte, wobei nicht einmal der Photonenstrahl unterbrochen wurde. Ein Klasse-Zwei-Schaden war schwer genug, eine automatische Stillegung hervorzurufen. Vielleicht hatte da ein Beben einen Abschnitt der Leitung aus der Geraden gerückt oder eine der lebenswichtigen Spiegelstationen beschädigt. Dann rasten Mannschaften von der Oberfläche durch die Wartungstunnel an den Schauplatz der Zerstörung, und die Reparaturen wurden für gewöhnlich sehr schnell durchgeführt.
    Aber an diesem Tag handelte es sich um eine tektonische Verschiebung Klasse Drei. Die Despacho-Bruchzone hatte sich geschüttelt, und ein Netz kleinerer Sprünge im subozeanischen Basalt hatte aus Sympathie mitgewackelt. Heißer Fels in einem umkreis von drei Kilometern um das Tunnel-Paar hatte sich plötzlich in nord-südlicher, ost-westlicher und senkrechter Richtung bewegt und nicht nur die Leitung, sondern auch den viel größeren Wartungstunnel eingedrückt. Als sich die Spiegelstation mit einem sehr kleinen thermonuklearen Blitz in Dampf auflöste, schössen die sengenden Photonen eine Mikrosekunde lang ohne Ablenkung hinaus, bis die Sicherheitsschaltung die Anlage abstellte. Der Strahl stieß durch die beschädigte Wand der Leitung, brannte sich einen pfeilgeraden Weg westwärts durch die Kruste und trat auf dem Meeresboden aus. In dem verflüssigten Felsen gab es eine Dampfexplosion, als der Strahl starb, und dadurch wurde die Fistel wirksam versiegelt. Aber ein großes Gebiet, das zuvor ziemlich fester Fels gewesen war, bestand jetzt nur noch aus Geröll, gekochtem Meeresschlamm und langsam abkühlenden Taschen geschmolzener Lava.
    Eine Umleitung beförderte eine Sekunde nach dem Einbruch wieder Energie zu den Azoren. Bis die Reparatur durchgeführt war, erhielten die Inseln den Großteil ihrer Energie von dem Kollektoren-Zentrum Reihe 38 nordwestlich von Lorca in Spanien über Gibraltar-Madeira. Bohrmannschaften von beiden Enden des beschädigten Segments würden das Chaos aufräumen, einen neuen Spiegel herstellen und Verstärkungsmanschetten in den Tunneln anbringen, die durch die neue unstabile Zone führten.
    Dann würde von neuem Licht werden.
    »Lissabon, hier ist Ponta Del Drei-Alpha bei Kilometer Sieben -neun-sieben. Kommen!«
    »Lissabon Sechzehn-Echo, ich höre, Ponta Del«, antwortete Georgina. »Wir sind an Sieben-acht-null vorbei ... Siebenacht-fünf ... Sieben-neun-null ... und am Einbruch, Sieben-neun-zwei. Übernehmt ihr die Fistel?«
    »Bestätigung, Lissabon, mit der Einheit am Energietunnel für die Verbindung. Wir haben uns lange nicht gesehen, Georgina, aber mit Zusammenkünften dieser Art sollten wir Schluß machen! Laß die Verschüttung der Hauptleitung von deinem besten Mann aufbohren, Süße. Das wird eine Sauarbeit. Kommen!«
    »Keine Bange, Ponta Del. Wir sehen uns bald, Larry-Schätzchen. Sechzehn-Echo, Ende.«
    Stein Oleson knirschte mit den Zähnen und packte die Zwillings-Daumenhebel seiner Maschine. Er wußte, er war der beste Mann, den Lissabon hatte. Niemand konnte genauer bohren als er. Lavablasen, magnetische Anomalien nichts brachte ihn vom Ziel ab. Gleich würde er feuern.
    »Hubert, du übernimmst die verschüttete Hauptleitung«, sagte Georgina.
    Demütigung und Wut drehten Stein den Magen um. Eine scheußliche Mischung von Galle und Bückling stieg ihm in die Kehle. Er schluckte. Er atmete tief. Er wartete.
    »Jango, du folgst Hubey mit den Manschetten, bis du auf den Spiegel triffst. Dann fängst du damit an. Steinie, du
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