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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land
Autoren: Julian May
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verkümmern zu lassen. Jede der 783 neuen menschlichen Welten war vollständig zivilisiert, an die Ethik des Rats gebunden und verpflichtet, zu dem langsam zusammenwachsenden Ganzen beizutragen. Leute, die sich nach ihren einfacheren Wurzeln sehnten, mußten sich damit zufriedengeben, die sorgfältigen Nachbauten von Siedlungen früherer Kulturen auf der Alten Welt zu besichtigen. Außerdem gab es die einfühlsam orchestrierten Immersionsspiele, die fast, aber nicht völlig, bis ins letzte Detail authentisch waren und dem Besucher die aktive Teilnahme an einem ausgewählten Bruchteil seines Erbes gestatteten.
    Stein, der auf der Alten Welt geboren war, hatte sich, kaum erwachsen, zum Fjordland-Saga-Spiel aufgemacht. Mit anderen ferienmachenden Studenten reiste er von Chicago Metro nach Skandinavien. Er wurde aus der Invasion der Langboote hinausgeworfen und mit einer hohen Geldstrafe belegt, nachdem er sich mitten ins Kampfgetümmel gestürzt, einem haarigen Norweger den Arm abgehackt und eine entführte britische Jungfrau vor der Vergewaltigung »gerettet« hatte. (Der verwundete Schauspieler nahm es philosophisch hin, daß er sich drei Monate lang in einem Regenerationstank aufhalten mußte. »Das ist unser Berufsrisiko, Junge«, versicherte er seinem zerknirschten Angreifer.)
    Ein paar Jahre später, als Stein reifer geworden war und eine Art Ventil in seiner Arbeit gefunden hatte, nahm er wiederum an den Saga-Spielen teil. Diesmal machten sie einen kläglichen Eindruck auf ihn. Er sah in den vergnügten außenweltlichen Besuchern von Trondelag und Thüle und Finnmark und all den anderen »skandinavischen« Planeten eine Horde dumm kostümierter Narren, Masturbatoren, auf jämmerliche Weise verlorener Identität nachjagende Schwächlinge.
    »Was wollt ihr tun, wenn ihr herausfindet, wer ihr seid, ihr
    Urenkel von Reagenzröhrchen?« brüllte er, als er beim Walhalla-Schmaus den Zustand sinnloser Betrunkenheit erreicht hatte. »Geht dahin zurück, woher ihr gekommen seid zu den neuen Welten, die die Monster euch gegeben haben!« Dann war er auf den Tisch Äsirs gestiegen und hatte in die Metschüssel gepinkelt.
    Wieder wurde er hinausgeworfen und mit einer Geldstrafe belegt. und diesmal kam ein Stempel auf seine Kreditkarte, so daß ihn fortan jede Stelle ablehnte, die Karten für Immersionspiele verkaufte ...
    Die schnellen Bohrmaschinen rasten unter dem Kontinentalschelf dahin. In ihrem Scheinwerferlicht glitzerte es rosa, grün und weiß auf den Granitwänden des Tunnels. Dann drangen sie in die dunklen Basaltschichten unter dem Tiefseeboden der Tagus-Graben-Ebene ein. Nur drei Kilometer über ihrem Wartungstunnel war das Meerwasser, zehn Kilometer tiefer lag der geschmolzene Mantel.
    Während sie zu zweit nebeneinander durch die Litösphäre fuhren, hatten die Mitglieder des Teams die Illusion, sie befänden sich auf einer gigantischen Rampe, die in regelmäßigen Abständen steil abfiel. Die Bohrmaschinen durchflogen eine ebene Stecke, dann kippten sie ihre Nasen nach unten, bis die nächste ebene Strecke erreicht war, nur um das Manöver ein paar Augenblicke später zu wiederholen. Der Wartungstunnel folgte der Erdkrümmung stufenweise. Das mußte so sein, weil man von ihm an die Energieleitung herankommen mußte, einen Paralleltunnel, dessen Durchmesser gerade groß genug war, um bei einer größeren Reparatur eine einzige Bohrmaschine einzulassen. In den meisten Teilen des Komplexes waren Wartungstunnel und Energieleitungen alle zehn Kilometer durch Stollen verbunden, die den Reparaturmannschaften leichten Zugang gewährten. Aber wenn es nötig war, konnten die Bohrmaschinen sich ihren Weg direkt durch die rauhen Felswände bahnen und sich in jedem Winkel an die Energieleitung heranwühlen.
    Bis zu dem Augenblick, als in Lissabon Alarm gegeben wurde, war die Hauptleitung zwischen dem kontinentalen Europa und den ausgedehnten Meeresfarmen der Azoren von einem Photonenstrahl hell erleuchtet gewesen. Diese letzte Antwort auf den alten Energiehunger der Erde wurde zu dieser Tageszeit im Sonnenkollektoren-Zentrum der Serra da Estrela Reihe 39 nordwestlich von Lissabon Metro gegeben. Mit seinen Schwester-Zentren Jiuquan, Akebono-Plattform und Cedar Bluffs KA sammelte und verteilte es Sonnenenergie, die den Verbrauchern am 39. nördlichen Breitengrad rings um den Globus zur Verfügung stand. Ein Komplex spinnenartiger Stratosphärentürme, sicher vor der Schwerkraft und hoch über dem Wetter, fingen Licht vom
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