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Das verwunschene Tal

Das verwunschene Tal

Titel: Das verwunschene Tal
Autoren: Hans Kneifel
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Adlerkopfes. Mondlicht und Schatten verliehen ihm diese Form.
    »Wir landen?« rief Sadagar erwartungsvoll. Kalathee schien zu schlafen. Sie rührte sich nicht.
    »Ich nenne es nicht Landung, sondern Strandung!« brüllte Mythor. »Festhalten!«
    Er drehte das Boot in den Wind. Ein Sturmstoß packte den Seevogel, riss das Segel von oben nach unten entzwei; die Brandungswelle hob das Boot. Der schäumende Streifen des Wassers auf dem Strand war keinen Bogenschuss weit entfernt. Das Boot gewann ein letztes Mal an Fahrt und raste genau auf den Sand oder das feine Geröll zu, das voller Eis und Schneekristalle war. Mythor und Nottr verständigten sich mit einem Blick und klammerten sich an das Ruder. Dann kippte der Bug schwer in die Wellen, richtete sich wieder auf, und ein einziger Schwung trug das halbe Wrack drei Mannslängen weit auf den Strand. Der Mast brach, das Segel legte sich über das Vorschiff, und das Ruder brach mit einem trockenen Knall entzwei. Mythor und Nottr wurden nach vorn geschleudert, Kalathee und Sadagar und die Ausrüstung rutschten über die Eisplatte in der Bilge.
    Aber das Wasser flutete zurück und ließ das Boot tief in den Sand einsinken. Mit zwei Sätzen waren Nottr und Mythor über Bord gesprungen und halfen Sadagar, die junge Frau hinauszuheben.
    »Ertrinken werden wir nicht mehr«, meinte Sadagar mit seiner rauen Stimme. »Aber vermutlich erfrieren.«
    »Vermutlich nicht!« widersprach Mythor.
    Über den Strand zog sich ein fast hüfthoher Wall aus Treibholz hin. In großer Schnelligkeit hoben sie allen Besitz aus den Trümmern des Seevogels und schleppten ihn in den Schutz der Felsen. Der Hang war nicht sehr hoch, und vom freien Land grenzten ihn Felsen und windzerzauste, eisverkrustete Bäume ab. Mythor rannte voraus und fand eine geschützte Stelle zwischen drei großen Felsen. Sie war trocken, und Feuerschein würde nicht nach außen dringen, war nur vom Wasser aus zu sehen. Als er seine Packen abgelegt hatte, raschelte etwas in den dürren Büschen unterhalb der ächzenden Bäume.
    Steinmann Sadagar kam ihm entgegen, ließ sein Bündel fallen und riss seinen Pelz auseinander. Seine Arme bewegten sich so schnell, dass Mythor nur schemenhafte Bewegungen sah. Dreimal ertönte ein wischendes Geräusch, dann schrie etwas in den Büschen quietschend auf.
    Ein Tier, fetter als ein großer Hund, brach, wild um sich schlagend und kreischend, aus dem Gestrüpp. Sadagar rannte hinüber und riss sein viertes Wurfmesser aus dem Gürtel.
    Das Schreien brach abrupt ab. Sadagar stöhnte, als er das blutende Tier über den Sand heranschleppte.
    »Es ist ein Oinkenporker«, sagte er. »Viel Fett, langfaseriges Fleisch. Guter Braten, falls wir ein Feuer haben.«
    Bedächtig zog er die Dolche aus dem Körper des Tieres, wischte sie am Fell ab und schob sie zurück in die Scheiden. Keiner seiner Würfe war danebengegangen.
    Mythor sagte: »Das ist mehr, als wir erhoffen konnten. Nottr hat Werkzeug, um Feuer zu machen. Wir übernachten hier!«
    Sie polsterten den Boden mit Decken und Fellen. Holz wurde herbeigeschleppt und schnell angezündet. Binnen kurzer Zeit brannte ein riesiges Feuer, von den dünnen Zweigen und den schweren Kloben genährt. In seinem Licht sahen die Männer trockene Felswände, eine annähernd saubere Sandfläche und die Spuren eines anderen Feuers, das vor Monden hier gebrannt haben mochte. Mythor nahm sein Schwert an sich und umrundete einmal die Felsgruppe.
    Kein Zweifel, sie befanden sich in Dandamar. Weit und breit gab es kein Licht. Nyrngor mochte irgendwo hinter den Hügeln liegen. Mythor sah auch keine Spuren. Er schleppte weiteres Holz herbei, hackte mit dem Schwert die Läufe und den Kopf des Tieres ab und sah zu, wie Nottr das Tier aus der Decke schlug, ausweidete und dann in Stücke zerteilte. Die dampfenden Fleischbrocken und die dünnen Fettscheiben spießte er auf einen langen, zugespitzten Holzpfahl. In den Lederbeuteln begann der gefrorene Wein aufzutauen. Zwischen den Felsen, die eine Art Giebeldach bildeten, wurde es binnen kurzer Zeit fast zu heiß. Kalathee schlug die Augen auf, sah sich erstaunt um und schien aus einem tiefen Traum zu erwachen.
    »Wie geht es dir?« fragte Mythor beklommen.
    »Ich bin matt«, sagte Kalathee und schnupperte den Geruch in die Flammen tropfenden Fettes. »Aber ich habe kein Fieber mehr. Ich huste nicht mehr. mir ist wohlig warm.«
    Dampf stieg aus den trocknenden Decken, Pelzen und Wämsern auf. Das Fleisch des Oinkenporkers
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