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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane
Autoren: Cecilia Grant
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Karten und zehn Punkte vom doppelten Gewinn des Fünfkartentricks entfernt.
    Mit einer behandschuhten Fingerspitze schnippte er unbeteiligt gegen die Ecke einer Karte. Dachte er ernsthaft darüber nach? Weiterzukaufen, wo er mit einundzwanzig Schluss machen konnte? Es war sein erster Abend hier, er saß noch keine zwei Stunden am Tisch, und da forderte er sein Schicksal bereits auf diese Weise heraus?
    Nun, das wäre ja nichts Neues. Mit Schicksalsschlägen kannte er sich recht gut aus, da würde der Verlust von dreißig Pfund kaum ins Gewicht fallen.
    »Karte.« Er schob einen Geldschein vor seine zweite Hand.
    Ein Herzbube grinste ihn an, als er die Karte aufnahm, und eine Welle der Erleichterung entkrampfte verschiedene Stellen seines Körpers. Kein Fünfkartentrick, aber er würde auch nicht für seine Verwegenheit büßen. Wenn der Geber nicht selbst einundzwanzig Punkte hatte, würde er mit mindestens einer Hand gewinnen. Vielleicht mit beiden.
    »Stehen«, sagte er und stützte den Kopf wieder in die Hand, während das Spiel zu seiner Linken weiterging. Die Damen bedienten zwei Stiche lang Kreuz, während er zusah; die mit den harten Gesichtszügen zog die Karten mit graziöser Effizienz von den verschiedenen Stellen auf ihrer Hand.
    Sollte Cathcart ruhig sticheln. Sie nährte die Fantasie eines Mannes, die Kleine. Sollten schöne Frauen ihre Reize ruhig zur Schau stellen wie Wäsche auf einer Leine im Wind, damit alle Welt sie sehen konnte. Eine Frau, die etwas verbarg, die ihre Reize auf dem Leib trug wie Seidenunterwäsche und einen Mann dazu herausforderte, danach zu suchen, erregte viel eher sein Interesse.
    Leider konnte er es sich nicht leisten, sich auch auf andere Weise von ihr erregen zu lassen. Er seufzte. »Was ist ein griechischer Knoten?«, fragte er leise. »Wie sie ihre Haare trägt?«
    »Du bist ein hoffnungsloser Fall!«, stieß der Viscount zwischen den Zähnen hervor, die Pfeife noch immer im Mund. »Deine Witwen scheinen nicht besonders viel auf sich zu geben. Dass wir uns nicht missverstehen: Die Aphrodite mit der Habichtsnase scheint auch nicht besonders wählerisch zu sein, der Gesellschaft nach zu urteilen, in der sie sich befindet.« Er ruckte das Kinn in Richtung eines Kerls am anderen Ende des Tisches, eines auf nichts sagende Weise gut aussehenden Kerls mit kantigem Kiefer, der bereits mit seinen ersten beiden Karten einundzwanzig erreicht hatte und als Nächster geben würde.
    Wills Neugier war geweckt. Wie eine Wespe summte sie in seinem Bewusstsein umher, doch er verscheuchte sie. Er war nicht zum Tratschen hergekommen, und wen die Dame sich als Beschützer ausgesucht hatte, ging ihn nichts an. »Habichtsnase, findest du wirklich?« Er lehnte sich zurück und streckte die Arme aus. »Das ist aber nicht sehr nett.«
    Zugegeben, dies war kein Ort, an dem es auf gute Manieren ankam. Flaschen standen auf dem Tisch. Cathcart war nicht der Einzige, der rauchte, obwohl Damen anwesend waren. Oder jedenfalls Frauen. Allerdings ging es in einer richtigen Spielhölle vermutlich noch schlimmer zu. Laut Gillray, dem Artilleristen, konnte man dort die Verzweiflung ab vier oder fünf Uhr morgens riechen. Übel riechender Schweiß umwogte dann die Verlierer, hatte er gesagt, viel stechender als der Schweiß der gesunden Verausgabung. Und warum auch nicht? Die Angst sollte ja ihren ganz eigenen Geruch haben, weshalb also nicht auch die Verzweiflung? Man sollte meinen, im Gefecht würde man das herausfinden, doch bisher hatte sich nie ein Geruch aus der immer währenden Kakofonie der Ausdünstungen hervorgetan und sich ihm als die Angst vorgestellt.
    Genug davon. Er schüttelte die Handgelenke aus und streckte sich, während ein korpulenter Kerl aus dem Spiel flog und der Nächste an der Reihe war. Bei den Damen bekam die mit den harten Gesichtszügen ihren dritten Stich in Folge und notierte die Punkte auf einem Blatt Papier.
    Habichtsnase. Also wirklich. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Und doch hatten ihre Nase, ihre ausdruckslosen Augen und ihr Haar von der Farbe eines Zaunkönigs unbestreitbar etwas Vogelartiges. Kalte kleine Wesen waren sie, die Vögel, trotz ihrer weichen Federn und ihres hübschen Gesangs. Sie pickten einem die Augen aus, wenn man nicht aufpasste. Was man im Krieg so alles lernte.
    Der Bankier beendete das Spiel mit neunzehn, und Will war um fünfzig Pfund reicher. Wieder war er einen Schritt weiter. Er strich seinen Gewinn ein und schob die Karten dem
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