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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane
Autoren: Cecilia Grant
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Er hatte dieses Etablissement in einer ernsten Angelegenheit aufgesucht, die nichts mit Kurtisanen zu tun hatte.
    Aber anschauen konnte man sie sich ja trotzdem. Mal reckte er verstohlen den Hals, mal kam eine der Damen zufällig in sein Blickfeld, und so setzte er im Laufe des Abends, während sie in wechselnden Kombinationen an ihrem gut fünf Meter vom größeren Tisch der Gentlemen entfernten Kartentisch saßen, Stück für Stück ein recht vollständiges Bild der vier zusammen. Und obwohl sie ihm alle gefielen – die dunkle Verführerin, die feuerrote Nymphe, die zierliche Blonde –, hatte es bisher nur eine geschafft, seine Konzentration ins Wanken zu bringen.
    Er betrachtete sie jetzt. Sie hatte die Lider gesenkt und bewegte die Finger mit äußerster Präzision, als sie ihre Karten auffächerte. Nein, schön war sie nicht. Ansehnlich vielleicht. Oder besser gesagt reizvoll: Bei einem jungen Mann hätte die höckrige Nase gewiss ebenso vorteilhaft ausgesehen wie die hohe, energisch wirkende Stirn.
    Sie betrachtete ihr Blatt, ohne es neu zu ordnen, obwohl Whist gespielt wurde und ihre drei Mitspielerinnen ihre Karten nach Farben sortierten. Dann sah sie ihre Partnerin an. Graublaue, völlig ausdruckslose Augen. Ihre Hand hätte voller Trümpfe sein können, man hätte es nicht sagen können.
    »Keine Chance, Blackshear.« In einer Wolke aus Tabakqualm drangen die Worte an sein Ohr, kaum hörbar im Gemurmel eines guten Dutzends anderer Unterhaltungen. »Die sind alle schon vergeben.« Lord Cathcart schob sich seine Pfeife in den anderen Mundwinkel, während er seine Karten inspizierte. Eine Dame und eine Zehn waren kurz zu erkennen. Das Glück verschwendete sich wieder einmal an die Reichen.
    »Ich hätte sowieso keine Chance«, erwiderte Will ebenso leise und schielte unter seine eigene Karte: eine Kreuz-Sieben zu seiner Pik-Sieben. »Ein jüngster Sohn ohne Vermögen kommt bei ihresgleichen ohnehin nicht weit.«
    »Ach, ich weiß nicht.« Der Viscount wandte ihm leicht das fein geschnittene Profil zu. »Ein jüngster Sohn, der gerade sein Patent verkauft hat, könnte sich durchaus ab und zu nach mehr als der nächsten abenteuerlustigen Witwe umsehen.«
    »Witwen sagen mir zu. Es ist weniger anrüchig, und man muss sich keine Sorgen darüber machen, ob man gerade eine Dame zu etwas verführt hat, das sie später bereuen wird.« Die Worte schmeckten hohl und falsch auf seiner Zunge, ein schales Überbleibsel des Lebens, das er einst geführt hatte. Er nickte in Richtung der Kurtisanen. »Jedenfalls sind deine Paradiesvögel dort ein wenig zu prächtig für jemanden meines Blutes.«
    »Pah! Ich wette, dein Blut sieht das anders. Vor allem was die Kleine mit den markanten Gesichtszügen und dem griechischen Knoten angeht. Ich bleibe stehen«, fügte er an die Runde gewandt hinzu, als er an der Reihe war.
    »Split«, sagte Will und deckte die Siebenen auf. Sein Herz schlug einen unregelmäßigen Rhythmus, der nichts mit markanten Gesichtszügen zu tun hatte. Er kaufte und konzentrierte sich auf seine beiden neuen Karten.
    Eine Acht brachte die eine Hand auf fünfzehn. Mit einer dritten Karte würde er mit großer Wahrscheinlichkeit überkaufen, doch ohne standen seine Chancen, den Bankier zu überbieten, schlecht. Die zweite Hand war besser: Mit einem Ass konnte er bei achtzehn stehenbleiben oder vielleicht sogar auf einen Fünfkartentrick gehen, wenn er es als eins zählte. Wenn die nächsten drei Karten günstig ausfielen.
    Die Versuchung war groß. Wie standen seine Chancen? Einundzwanzig weniger acht war dreizehn. Wie viele Dreierkombinationen gab es, die weniger als dreizehn Punkte ergaben? Bei hundertvier Karten im Spiel, acht Assen, acht Zweien,
et cetera
, und elf anderen Spielern am Tisch, die einige dieser Karten bereits auf der Hand hielten … Verdammt, er hätte in Mathematik besser aufpassen sollen. Und dafür hatte sein Vater ihn nach Cambridge geschickt – Gott hab ihn selig.
    »Ich kaufe für beide Hände.« Noch zwanzig Pfund in den Topf. Besser, er kultivierte früh am Abend ein verwegenes Image, solange die Einsätze noch niedrig waren. Besonnen konnte er in ein paar Stunden immer noch spielen, wenn die meisten dieser Männer betrunken – nein, betrunken
er
– waren und Summen auf den Tisch legten, die sie am nächsten Morgen bereuen würden.
    Die neuen Karten wurden ausgeteilt, und er schielte unter die Ecken. Fünf und Drei. Zwanzig und einundzwanzig. Oder zwanzig und elf, und er zwei
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