Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verschwundene Kind

Das verschwundene Kind

Titel: Das verschwundene Kind
Autoren: Doris Bezler
Vom Netzwerk:
durch die Befragung von Dr. Sauer und seinem Sohn im Storchennest herausgefunden? Was geben sie zu?«
    Stephan lachte bitter. »Gar nichts. Ich habe dir voll und ganz die Version erzählt, von der ich überzeugt bin. Dr. Sauer und sein Filius weisen jeden Verdacht von sich. Ich hatte sogar die Bombe hochgehen lassen und gesagt, dass das Kind, das wir suchen, die Tochter von Florian Sauer ist, um den Alten aus der Reserve zu locken.«
    Heck lächelte böse. »Und? Wie hat er reagiert?«
    »Er wurde blass und schaute seinen Sohn an. Der guckte auf den Boden und schwitzte ein bisschen. Dr. Sauer behielt ein Pokerface und forderte mich auf, die nächste Frage zu stellen, er hätte nicht viel Zeit.«
    »Und? Was hast du ihn dann gefragt?«
    »Ich habe die beiden nach ihrem Alibi für Samstagvormittag befragt. Sie behaupteten, die ganze Zeit in der Klinik gewesen zu sein. Sie riefen sogar so eine Art Oberschwester und vermutlich Mitwisserin herein, die das bestätigte. Florian Sauer war freundlicherweise bereit, mir seine Kleidung zu zeigen. Er präsentierte einen hellen Trenchcoat mit kariertem Futter. Eine schwarze Mütze besitze er nicht, sagte er. Dr. Sauer bot mir sogar an, einen Blick in das Babyzimmer zu werfen. Das lehnte ich ab, denn Fatima war vermutlich längst bei ihren neuen Eltern. Der Deal war wahrscheinlich durch die Hintertür abgelaufen.«
    »Das heißt, wir haben eine Geschichte, aber keine Beweise. Das ist bitter.«
    Stephan bestätigte: »Wir würden damit auch keinen Durchsuchungsbeschluss für die Klinik bekommen. So hätten wir wenigstens die Chance, anhand der verzeichneten Geburten die Spuren zu den fingierten Eltern aufzunehmen und herauszufinden, wo Fatima gelandet ist.«
    Heck nickte. »Durchsuchungsbeschluss kannst du vergessen, zumal mit Sicherheit der Herr Staatsanwalt und Dr. Sauer und Dr. Kling im gleichen Golfclub oder Jagdverein oder, oder … sind. Außerdem hat Dr. Sauer jetzt alle Zeit der Welt, die Aktenlage zu bereinigen. Und durch einen öffentlichen Aufruf würdest du die Kinderkaufkunden auch nicht finden!«
    Stephans Handy klingelte. Eine Frau meldete sich. Sie klang so aufgelöst und hektisch, dass es ihm nur mit Mühe gelang, aus ihren zusammenhanglosen Satzfetzen einen Sinn abzuleiten. »Ich weiß, es ist falsch, aber egal, wie ich es entscheide, es wird immer falsch sein. Maren wird mich auf immer verdammen, wenn ich das tue. Ich hatte ihr versprochen, dir nichts zu sagen, aber es geht nicht, ich kann es nicht zulassen, ich kann damit nicht leben. Verstehst du?«
    »Sybille?«, fragte er vorsichtig.
    Ohne dies zu bestätigen, redete sie weiter: »Ich habe sogar noch am Wochenende versucht, sie zu überzeugen. Ich helfe ihr, ich unterstütze sie, nicht nur finanziell! Aber sie tut es wegen dir! Sie tut es, weil du es nicht willst, weil du es nicht verkraften würdest. Verstehst du das? Sie ist so radikal in ihren Entscheidungen. Sie kann es selbst nicht verkraften, nimmt aber Rücksicht auf dich. Und sie meint, du hast ihr klar gesagt, dass es für dich nicht in Frage kommt. Ich habe ihr gesagt, sie soll noch einmal mit dir reden …«
    Er unterbrach sie. »Sybille? Worüber soll ich mit ihr reden?«
    Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen.
    »Sybille? Bist du noch dran?«
    Ein Aufschluchzen war zu hören. »Warum tust du so, als wüsstest du nichts?«
    »Wovon weiß ich nichts?«
    »Von eurem Kind!«
    »Von unserem Kind?«, rief Stephan. Seine Blicke trafen auf Hecks verblüfftes Gesicht.
    Die Stimme am anderen Ende der Leitung war kaum noch zu verstehen. Mühevoll formulierte sie die Worte: »Maren lässt es wegmachen. Heute um acht Uhr hat sie Termin.«
    Stephan spürte, wie das Blut durch seine Adern schäumte. Sein Blick flog zur Wanduhr über der Tür. Es war zwanzig nach acht. »Wo ist sie?«, rief er.
    Sybille nannte eine Adresse in der Frankfurter Innenstadt. Stephan sprang auf. Heck erhob sich ebenfalls.
    »Ich brauch das Auto!«, rief Stephan. Heck warf ihm den Schlüssel zu.
    »Soll ich mitkommen?«, fragte Heck. Jetzt erst wurde Stephan klar, dass Heck das Telefongespräch anders interpretiert hatte. Er war zu aufgeregt, um vernünftige Erklärungen abgeben zu können.
    »Es ist nicht unser Kind«, sagte er. »Es ist – unser Kind. Also vielmehr … Ich erklär’s dir später.«
    Die Tür schlug hinter Stephan zu, und Heck starrte entgeistert auf das Türblatt. Dann trat er langsam zum Fenster. Er sah, wie Stephan ins Auto sprang, das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher