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Das verschwundene Kind

Das verschwundene Kind

Titel: Das verschwundene Kind
Autoren: Doris Bezler
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Freunde bleiben, aber … Ich muss mich neu orientieren, mich erst einmal selbst verwirklichen …
und was er in dem Bereich schon alles zu hören bekommen hatte. Er hätte nicht geglaubt, dass Maren seiner so schnell überdrüssig werden könnte. Aus heiterem Himmel! Eigentlich hatte er sich doch alle Mühe gegeben, lobte er sich selbst ein wenig. Bezüglich seines Berufes und der schwer kalkulierbaren Freizeit hatte er sie nicht im Unklaren gelassen. Trotzdem, er hatte gespürt, dass etwas in ihr gearbeitet hatte. Nur was? Wie hoch waren ihre Ansprüche? Warum redete sie nicht? Er erinnerte sich gut an das Gefühl damals, als sie sich schon einmal unvermittelt von ihm getrennt hatte. Diese Seite gab es an ihr. Dann wollte sie den Cut und war völlig kompromisslos. Er spürte eine tiefe Kränkung. Sie hatte ihn einfach so per SMS abgebügelt. Das hatte er nicht verdient.

[home]
    Montag, der 12. November
    H eck legte den Hörer an seinen Platz. Er prostete Stephan mit seinem Kaffeebecher zu und sang auf eine schräge Melodie: »Heute haben wir allein, die Wacht am Rhein!« Dann verschwand die Weinlaune aus seinem Gesicht, und er brummte düster: »Ernestine kommt heute auch nicht. Der Kleine hat Magen-Darm, und sie kann ihre Freundin nicht schon wieder …«
    Stephan nickte stumm. Heck beäugte sein Gegenüber misstrauisch.
    »Gesund siehst du aber auch nicht aus. Eher so, als hättest du den Rasierapparat mit einer Planierraupe verwechselt. Wie war dein Wochenende, Kollege?«
    Stephan verzog das Gesicht. Er nahm einen Schluck aus seiner Tasse und winkte mit der anderen Hand ab.
    »Oje, so schlimm«, kommentierte Heck. »Dann sollten wir uns schnell in die Arbeit stürzen. Also zunächst einmal die Nachricht aus dem Labor: Fatima ist das Kind von Hatice Ciftci und Florian Sauer. Und jetzt mein Bericht über unsere Suche am Samstagnachmittag: Ernestine und ich konnten bezüglich des verschwundenen Kindes nichts Bedeutendes herausfinden. Nur, dass die Pflegemutter mit ihren Kindern an dieser Dönerbude war, die man von dem Buchladen aus im Blick hat. Also, deine Idee, dass der dunkel gekleidete Rothaarige unser Florian Sauer auf der Lauer war, gewinnt Substanz. Nun freu dich doch mal mit dem Gute-Laune-Onkel!« Heck winkte ihm mit seiner fleischigen Pranke zu.
    Stephan kniff die Augen zusammen.
    Heck stöhnte leise. Er startete einen neuen Versuch, Stephan zum Reden zu bringen. »Und wie war dein Flug zum Storchennest?«
    In Stephan lief der Film, der sich in einer Endlosschleife und mit wachsender Bilderflut das ganze Wochenende in seinem Kopf abgespult hatte. Der Titel:
Maren will dich nicht mehr sehen.
    Stephan holte Luft, was Heck aufmerksam registrierte. »Das sind mafiöse Strukturen, dort im Storchennest«, begann Stephan. »Die Fruchtbarkeitsbehandlung ist nur ein kleiner Bereich des Geschäftes. Die wirkliche Kohle machen sie, indem sie denen, bei denen die Hormonbehandlung versagt oder die ganz darauf verzichten wollen, Kinder verkaufen. Die Masche ist ganz einfach. Sie finden eine Schwangere, die ihr Kind nicht haben will oder kann, also Frauen, die wie Hatice Ciftci in sozialen Nöten stecken und entsprechend finanzielle Probleme haben. Sie bieten ihnen – ich schätze mal, einen Betrag von etwa dreißigtausend Euro an, vielleicht sogar mehr. Dr. Sauer verlangt von den neuen Eltern vermutlich das Doppelte und erzielt fünfzig Prozent Reingewinn.«
    »Sechzigtausend und mehr für ein Kind? Ist das nicht ein bisschen teuer?«, rief Heck dazwischen.
    Stephan schüttelte den Kopf. »Die Kundschaft von Dr. Sauer ist wohlhabend. Für die ist das nicht mehr als ein Autokauf.«
    Heck lachte bitter. »Und wie erhalten die dann das gekaufte Kind? Als reguläre Adoption läuft das ja wohl nicht ab.«
    Stephan fuhr fort: »Die Schwangere bekommt kostenlose ärztliche Versorgung im Storchennest bis zur Geburt. Genau wie es bei Veronika Kling gelaufen ist, läuft es auch bei den anderen. Die Frauen täuschen mit Gummibauch ihrer Umgebung eine Schwangerschaft vor, rechnen vermutlich auch alles schön über ihre Krankenkasse ab und gehen mit der echten Mutter zu den Untersuchungen im Storchennest. Keiner, wahrscheinlich noch nicht einmal die Pflegerinnen dort, höchstens vielleicht eingeweihte, zusätzlich bezahlte Personen, wissen etwas über diese Deals. Am Tag der Geburt wird das Kind an die neue Mutter übergeben. Geburtsurkunde und alle Formalitäten laufen automatisch auf den Namen der neuen Familie.«
    Heck
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