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Das verplante Paradies

Das verplante Paradies

Titel: Das verplante Paradies
Autoren: Peter Tate
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recht dasaßen, waren still geworden. Nur die Windbö en fegten um die Zitadelle und trieben ihr Spiel mit allen möglichen Dingen. Simeon blickte auf die Uhr. Siebzehn Minuten nach drei. Der Himmel war schwarz wie die Nacht.
    Sie konnten gehen oder sie konnten bleiben. Er hatte ihre Haltung klargemacht und seine Anhänger würden keine weitere Erklärung mehr brauchen, wenn er den Entschluß fassen sollte, sie wieder hinaus in den Sturm zu führen. Aber diese Gewißheit milderte auch seine Wut. Er hatte nicht mehr das Gefühl, etwas dramatisch Entscheidendes tun zu müssen. Gerade weil es von ihm erwartet wurde, wollte er diese Erwartung enttäuschen. Außerdem stand Brian McKenzie da vor ihm, der plötzlich wieder katholisch geworden war. Brian McKenzie, der auf seinem hölzernen Podest stand und ihn herausforderte.
    „Ich nehme an, Sie können ohne diese Kanzel nicht leben“, sagte er. „Sie ergänzt Ihre – Persönlichkeit so vorteilhaft.“ Es war eine gefährliche Richtung. Mc Kenzie wußte von seiner Anhänglichkeit an die Schaukel. Und die jungen Leute, die ihm gefolgt waren, wußten es auch. Er bot McKenzie eine Angriffsfläche, hoffte, ihn damit aus der Reserve zu locken, und wußte zugleich, daß er ihm antworten konnte.
    Vorsicht, dachte Brian McKenzie, wenn ich jetzt mit seiner Schaukel anfange, dann sagt er: „Schließlich bin ich hinuntergestiegen. Kommen Sie gefälligst auch zu uns hinunter.“ Was sage ich dann?
    Jeder braucht einen festen Halt, um sich sicher zu fühlen. Aber man muß auch jeden Rückhalt aufgeben können, wenn es nötig ist.
    Brian McKenzie stieg die Stufen herunter. „Wo soll ich mich denn Ihrer Meinung nach hinbegeben?“ fragte er. „Dieser Sturm kann eine Weile dauern. Wenn wir die ganze Zeit über diskutieren wollen, würde ich mich gern setzen.“
    Er hat also meine Gedanken erraten, dachte Simeon. Jetzt kommt die erste ernsthafte Probe. Davon hängt … alles für mich ab. Wie soll ich das Ende finden? Wie soll ich das Licht hinter meinem Gehirn abschalten? Klick. Jetzt bin ich dunkel.
    „Was glauben Sie, wer Stürme entfesselt?“ fragte er. „Was glauben Sie, wer mit seinem großen Zeigefinger das Wasser aufrührt und einen Hurrikan macht?“
    „Niemand“, sagte Brian McKenzie. „Es ist ein Naturereignis – es handelt sich um das Zusammenwirken von aufsteigender Warmluft und der Erdumdrehung. Einen göttlichen Zeigefinger kann ich da nirgends entdecken.“
    „Können Sie den Glauben definieren?“
    „Glaube ist das sichtbare äußere Zeichen einer unsichtbaren inneren Gnade.“
    „Unsichtbar?“
    „Unsichtbar.“
    „Aber wenn ich von göttlichen Fingern spreche, dann wollen Sie sie sehen .“
    „Drehen Sie mir nicht die Worte im Munde herum. Es gibt eine eindeutige wissenschaftliche Erklärung für Hurrikane.“
    „Sind Sie ein Spezialist für Meteorologie?“
    „Nein. Aber ich habe wissenschaftliche Untersuchungen darüber gelesen, die mir völlig logisch erschienen.“
    „Sie würden Johannes Malkus wohl auch für einen Wettersachverständigen halten?“
    „Ich kenne ihn nicht.“ McKenzie setzte sich auf die Altarstufen. Seine rechte Hand begann unnatürlich zu schmerzen. Ein Gedanke tauchte aus dem Unterbewußtsein auf. Das ist wie ein Säbelduell. Es dauerte eine Weile, bis er den Gedanken mit dem Schmerz in Verbindung brachte. Er bewegte die Hand, streckte und krümmte die Finger. Aber er wußte: Solange das Gespräch aus Schlagen und Parieren bestand, würde der Schmerz unverändert bleiben. Er versuchte, die schmerzende Hand unter der linken Achsel zu wärmen.
    „Malkus war ein berühmter amerikanischer Meteorologe“, sagte Simeon. „Er hat die maßgeblichen Theorien über Hurrikane entwickelt.“
    „Dann muß ich wohl annehmen, daß er etwas mehr über Hurrikane gewußt hat als ich.“
    „Seine Theorie ist allerdings hinsichtlich der Wirkungen ausführlicher gewesen als hinsichtlich der Ursachen. Die eigentlichen Ursachen für die Entstehung eines Hurrikans sind ein Rätsel geblieben. Ich erwähne Malkus nur deshalb, weil Ihre Religion so vortrefflich mit Rätseln und Mysterien umzugehen weiß – beziehungsweise wußte. Sie behaupten doch, daß man anbeten soll, was man nicht versteht, und daß man durch das Anbeten zum Verständnis gelangen werde. Andererseits behaupten Sie aber, es gebe Dinge, die man nicht glauben könne, ohne sie zu sehen. Wie unterscheidet man die einen von den anderen?“
    „Es gibt einen Unterschied zwischen
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