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Das Vermächtnis von Erdsee

Das Vermächtnis von Erdsee

Titel: Das Vermächtnis von Erdsee
Autoren: Ursula K. Leguin
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Verehrung der Urmächte zu unterdrücken, machten die Priester der Zwillings-Götter und des Himmelsvaters die Religion zu ihrem Beruf; sie nahmen die Organisation von Festen und Ritualen in die Hand, ließen immer aufwendigere Tempel bauen und übernahmen die Kontrolle öffentlicher Feierlichkeiten wie Hochzeiten, Begräbnisse und Amtseinsetzungen.
    Der hierarchische und zentralisierende Zweck dieser Religion leistete zunächst dem Ehrgeiz der Könige von Hupun auf Karego-At Vorschub. Durch Waffengewalt und diplomatisches Taktieren eroberte oder annektierte das Haus Hupun im Laufe etwa eines Jahrhunderts die meisten anderen kargischen Königreiche, von denen es über zweihundert gegeben hatte.
    Als (im Jahr 440 nach hardischer Zeitrechnung) Er-reth-Akbe kam, um zwischen dem Archipel und dem Kargadreich Frieden zu schließen, wobei er als Unterpfand für die Aufrichtigkeit seines Königs den Ring des Bundes bei sich trug, ging er nach Hupun als der Hauptstadt des Kargadreiches und verhandelte mit König Thoreg als dessen Herrscher.
    Doch seit mehreren Jahrzehnten lag der König von Hupun mit den Hohepriestern und deren Anhängern in Awabath, der Heiligen Stadt fünfzig Meilen von Hupun entfernt, im Streit. Die Priester der Zwillings-Götter waren dabei, den Königen Macht zu entreißen und Awabath nicht nur zum religiösen, sondern auch zum politischen Zentrum des Landes zu machen. Erreth-Akbes Besuch scheint mit dem endgültigen Übergang der Macht von den Königen auf die Priester zusammenzufallen. König Thoreg empfing ihn mit allen Ehren, aber Inathin, der Hohepriester, kämpfte mit ihm, besiegte oder täuschte ihn und nahm ihn für eine Weile gefangen. Der Ring, der die Verbindung zwischen den beiden Königreichen besiegeln sollte, zerbrach.
    Nach diesem Kampf ging die Linie der kargischen Könige in Hupun weiter, offiziell hoch geehrt, doch tatsächlich ohne Macht. Die Vier Länder wurden von Awabath aus regiert. Der höchste Priester der Zwillings-Götter wurde Priester-König.
    Im Jahr 840 der Zeitrechnung im Archipel vergiftete einer der Priester-Könige den anderen und erklärte sich zur Inkarnation des Himmelsvaters, zum Gott-König, der in seiner Gestalt verehrt werden sollte. Der Kult der Zwillings-Götter bestand auch weiterhin, ebenso wie die volkstümliche Verehrung der Urmächte; doch religiöse und säkulare Macht lag von nun an in den Händen des Gott-Königs, der von den Priestern von Awabath (oft mehr oder weniger unverhohlen mit Gewalt) gewählt und verherrlicht wurde. Die Vier Länder wurden zum Reich des Himmels erklärt und der offizielle Titel des Gott-Königs lautete All-Herrscher.
    Die letzten Erben des Hauses Hupun waren ein Junge und ein Mädchen, Ensar und Anthil. Aus dem Wunsch, die Linie der kargischen Könige zu beenden, doch nicht bereit, durch das Vergießen königlichen Blutes womöglich ein Sakrileg zu begehen, befahl der Gott-König, die Kinder auf einer verlassenen Insel auszusetzen. Unter ihren Kleidern und Spielsachen hatte die Prinzessin Anthil die eine Hälfte des zerbrochenen Rings verborgen, den Erreth-Akbe mitgebracht hatte und der über Thoregs Tochter auf sie übergegangen war. Als alte Frau gab sie diese Hälfte dem jungen Magier Ged, der schiffbrüchig auf ihrer Insel gestrandet war. Mit Hilfe der Hohepriesterin bei den Gräbern von Atuan, Arha-Tenar, war Ged später in der Lage, die beiden Hälften des Rings und somit die Rune des Friedens zusammenzusetzen. Er und Tenar brachten den Ring nach Havnor, um dort den Erben von Morred und Serriadh, König Lebannen, zu erwarten.

Magie
     
    Unter den hardischsprachigen Völkern im Archipel ist die Fähigkeit, Magie zu wirken, ein angeborenes Talent, ähnlich einer musischen Begabung, wenn auch weitaus seltener. Den meisten Menschen fehlt sie völlig. Bei einigen wenigen Menschen, vielleicht einem von hundert, ist sie ein verborgenes Talent, das sich fördern und schulen lässt. Bei sehr wenigen Menschen tritt sie spontan zutage, ohne Ausbildung.
    Die Befähigung zur Magie liegt hauptsächlich im Gebrauch der Wahren Sprache, der Sprache des Erschaffens, in welcher der Name einer Sache die Sache selbst ist.
    Diese Sprache ist den Drachen angeboren, Menschen können sie erlernen. Einige wenige Menschen kommen auf die Welt und kennen zumindest ein paar Wörter in der Sprache des Erschaffens, ohne sie erlernt zu haben. Unterricht in Magie ist im Wesentlichen Unterricht in dieser Sprache.
    Der Wahre Name einer Person ist ein
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