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Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
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es ganz deutlich.«
    Sie blickte auf die Straße zurück, auf der wir gekommen waren.
    »Nun muss ich mit dem Traum leben, der so leicht Wirklichkeit hätte werden können«, sagte sie. »Das macht alles noch schlimmer.«
    Ich spürte, dass ich Emma nichts Hilfreiches sagen konnte. In all diesem Staub und Dreck lag die Ahnung, dass sich hier nie etwas ändern würde. Das ganze Dorf war wie an den Rollstuhl gefesselt und blickte durch ein Fenster hinaus auf den Rest der Welt.
    »Sieh mal«, sagte Emma schließlich.
    Sie deutete die Straße abwärts, und da sah ich ein paar Hundert Meter weiter eine Frau, die langsam auf uns zukam. Sie schleppte zwei schwere Eimer. Emma legte zum Schutz gegen die Sonne ihre Hand über ihre Augen.
    »Wer ist das?«, fragte ich.
    »Das könnte auch ich sein«, sagte sie. »In zehn Jahren oder in fünfzehn oder zwanzig. Oder meine Tochter. Oder meine Enkelin.«
    Emma setzte sich, und ich sah, dass sie mit den Tränen kämpfte.
    »Nichts geht immer so weiter«, versuchte ich sie zu trösten und legte ihr die Hand auf den Arm.
    Als sie wieder sprach, sah sie vor sich hin auf die Erde.
    »Könntest du hier leben? Könntest du jeden Tag fünf Kilometer laufen, nur um Wasser zu holen, das nicht einmal trinkbar ist? Könntest du dich ständig zwischen Landminen bewegen?«
    Emma ballte die Fäuste, dann holte sie tief Luft. Unsere Hände fanden sich, ohne dass wir einander anschauten, und unsere Finger schlangen sich so fest ineinander, dass es wehtat. Es war noch gar nicht so lange her, da hätte mir allein die Tatsache, dass ich ein solches Gefühl überhaupt empfinden konnte, alles bedeutet.
    In diesem Augenblick kam eine kleine Schwalbe mit grünen Augen angeflogen und setzte sich auf das Nest, das unter dem Dach von Emmas Haus klebte.

    Es dauerte nicht lange, da hüpfte die grünäugige Schwalbe vom Dach herunter, und staunend sahen wir zu, wie sie sich in die Gestalt eines Fel verwandelte: Vor uns lag Egil Catkin im Sand, die Arme ausgebreitet und vor Erschöpfung keuchend.
    »Mann, was für ein Wahnsinnsflug!«, stöhnte er. Emma und ich sprangen gleichzeitig auf.
    »Egil! Du lebst?«, rief ich, während ich verblüfft zusah, wie sich aus dem zierlichen Vogelkörper sein dürres Gestell mit der chaotischen Haarmähne herausschälte.
    »Na klar lebe ich, Tobes«, sagte er, richtete sich ein wenig auf und stützte sich auf den Ellbogen. »Aber nur gerade so eben – nach diesem verrückten Flug. Drei Mal bin ich von Falken verfolgt worden! Dabei fressen die gar keine Schwalben, sie jagen sie nur so zum Spaß!«
    Mühsam rappelte er sich auf und klopfte sich den Sand ab. Emma hatte die Hand auf den Mund gepresst und starrte ihn wortlos an.
    »Hallo, Miss Emma, wie geht’s?«, sagte er lächelnd. »Sehe ich etwa wie eine Vogelscheuche aus?«
    »Aber du bist doch tot«, sagte sie durch ihre Finger. Egil rieb sich ein bisschen Staub ins Haar wie ein Vogel, der genüsslich ein Staubbad nimmt.
    »Tot? Was redest du da?«
    »Earl Hawkin hat es uns gesagt«, erklärte ich. »Er hat gesagt, dass du und Doktor Felman getötet worden seid. Und dass die Blue Volcanoes besiegt sind.«
    »Wie kann Earl Hawkin euch etwas gesagt haben?«, fragte Egil und breitete seine Arme aus wie Flügel. »Er hat erzählt, als er zur Höhle kam, seid ihr schon weg gewesen.«
    »Wir haben aber mit ihm gesprochen«, sagte ich.
    »Ich glaube, da müsst ihr geträumt haben«, meinte Egil. »Jedenfalls sitzt er jetzt in Gullkins Gefängnis.«
    »Wir können unmöglich gleichzeitig dasselbe geträumt haben!«, rief Emma empört.
    Der heiße Wind ließ den Sand in kleinen Wirbeln um ihre Füße tanzen.
    »Weißt du was, Emma, du produzierst hier gerade die kompliziertesten Luftknoten«, sagte Egil vorwurfsvoll. »Kann es sein, dass ihr irgendwie durcheinander seid?«
    »Ja!«, riefen Emma und ich einstimmig.
    »Also bitte nicht«, erwiderte Egil. »Ich lebe, Doktor Felman lebt und auch Professor Elkkin. Zwar sind wir nur haarscharf davongekommen, aber wir leben.«
    »Warum hat er uns dann angelogen?«, fragte ich.
    »Earl Hawkin ist eben nicht gerade der gewandteste, wenn er etwas erklären soll«, sagte Egil. »Kann aber auch sein, dass er in diesem Moment verwirrt war. Ich habe gehört, dass er im Kampf einen Schlag auf den Kopf abbekommen hat.«
    »In dem Kampf, den wir verloren haben«, sagte Emma bitter.
    »In dem Kampf, der mehr oder weniger unentschieden ausgegangen ist«, korrigierte Egil. »Wir haben viele Soldaten

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