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Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin
Autoren: Steven Knight
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Kopf abstehenden Federbüscheln erkannte ich, dass es Egil war.
    Emma lächelte zaghaft. »Ich glaube, Toby, wir haben gesiegt.«
    »Ja«, sagte ich müde seufzend, »das glaube ich fast auch.«
    Die Zuschauer jauchzten und jubelten. Längst hatte eine ganze Thrullschar die Reihen der Soldaten durchbrochen, die sich einer nach dem anderen in Möwen verwandelten und davonflogen.
    »Freiheit! Freiheit!«, schrien die Thrulls.
    Ich steuerte unsere kleine Eisscholle an den Rand des Kratersees, wo Doktor Felman schon auf uns wartete. Lächelnd reichte er uns beide Hände.
    »Das Jerlamar freut sich über euren Sieg«, sagte er. »In der Tat, das Jerlamar ist ganz außerordentlich …« Er hob den Blick himmelwärts und musste ein paarmal blinzeln, um seine Freudentränen zurückzuhalten.
    »Kommt, Kinder, ihr müsst völlig durchnässt und eiskalt sein. Ich mache euch gleich einen heißen Tee.«
    Jetzt getraute ich mich, Doktor Felman zu umarmen und fest zu drücken.
    »Keinen Tee, Doktor«, sagte ich grinsend. »Ich kann das Zeug nicht ausstehen.«
    Plötzlich wurde ich von sechs großen Händen ergriffen und hochgehoben und auf einmal fand ich mich auf den Schultern einer Gruppe aus Fel, Thrulls und Vela wieder. In dem Meer aus Köpfen und winkenden Armen entdeckte ich Emma, die auf den Schultern einer Thrullschar stand. Da befreiten wir uns aus den stützenden Griffen unserer Untertanen und balancierten über die Köpfe der dicht gedrängten Menge aufeinander zu, indem wir die großen, knochigen Köpfe der Thrulls und die goldenen Helme der Polizisten als Trittsteine benutzten.
    Als wir zusammentrafen, fielen wir einander in die Arme.
    Über Emmas Schulter sah ich eine wilde schwarze Haarmähne auftauchen und auffallend grüne Augen. Egil fuchtelte aufgeregt mit seinen langen, dürren Armen durch die Luft, anscheinend wollte er mich auf sich aufmerksam machen.
    »Bester aller Tobys!«, rief er.
    »Siehst du nicht, Egil, dass ich gerade keine Zeit habe?«
    Da wölbte er die Hand um seinen Mund und flüsterte etwas. Und obwohl die Zuschauermenge schrie, tobte und sang und obwohl ringsum Feuerwerkskörper explodierten, hörte ich seine Worte so deutlich, als würde er in einem abgeschiedenen Raum stehen und mir ins Ohr flüstern.
    »Schwester Mary will dich zurückhaben«, sagte er behutsam. »Schwester Mary braucht dich. Schwester Mary will dich zurückhaben. Schwester Mary braucht dich …« Aus dem Flüstern wurde ein Singsang und dann ein Rauschen. »Schwester Mary will dich zurückhaben … Schwester Mary braucht dich … Schwester Mary will dich zurückhaben …«

Epilog
    I ch wachte auf, weil ich spürte, wie eine raue Zunge über mein Gesicht leckte. Aus der flüsternden Singsangstimme wurde das Rauschen der Autos, die über die nasse Straße fuhren, und das Rauschen des Regens. Als ich die Augen öffnete, sah ich direkt auf die Dachrinne hinter dem Klosterfenster. Es war ein regnerischer Tag und von überall tropfte Wasser herab.
    Auf meinem Schoß saß eine Katze, aber es war nicht Shipley. Es war eine weiße Katze mit einer schwarzen Schwanzspitze. Sie sah mich an und miaute.
    Mein Körper war reglos, wie er immer gewesen war. Mein Kopf wurde von dem Metallgestell gestützt. Meine Hände waren gekrümmt wie Reiherhälse. Ein Geruch nach Speck und Kohl stieg mir in die Nase.
    Die neue Katze sprang von meinem Schoß und ging auf Mäusejagd. Dafür landete jetzt eine Schwalbe auf der Dachrinne und sah mich durch die Fensterscheibe an.
    Wäre die Schwalbe nur eine Sekunde später gekommen, hätte ich Zeit für eine heftige Gefühlsaufwallung gefunden, für die Enttäuschung nämlich, dass ich in meinem Rollstuhl aufwachte. Da die Schwalbe aber im selben Augenblick, als ich die Augen aufschlug, zu mir sprach, bewahrte sie mich vor diesem scheußlichen Gefühl.
    »Ich bin’s, Toby! Emma«, sagte die Schwalbe zu meinem Verstand. »Ich muss jetzt nach Afrika fliegen, weil der Sommer zu Ende ist. Aber im Frühjahr komme ich zurück und dann reisen wir zusammen nach Langjoskull, um unsere Belohnung abzuholen.«
    Mit meiner inneren Stimme sagte ich zu Emma, dass ich hier auf sie warten werde und dass sie gut auf sich aufpassen solle. Und ich glaube, ich konnte ihr sogar sagen, dass ich sehr froh war, in dieser Welt eine Schwester gehabt zu haben.
    »Ich auch«, sagte Emma, »ich auch.« Dann hüpfte die Schwalbe vom Nestrand und flog davon.
    Ich sah an meinem Körper herab. Er wirkte wie ein Gegenstand, den jemand
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