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Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Michael Peinkofer
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    »Das wissen wir, Onkel Walter«, versicherte Quentin. »Aber nun ist es an der Zeit, nach Hause zurückzukehren.«
    »Das kann ich gut verstehen«, versicherte Sir Walter mit wissendem Lächeln. »Zu Hause ist eben doch da, wo das Herz ist, nicht wahr?«
    »Nein«, widersprach Mary. »Ein Teil meines Herzens wird immer in Schottland bleiben.« Damit beugte sie sich vor und küsste Sir Walter sanft auf die Wange. »Danke für alles.«
    »Wofür?« Sir Walters Lächeln wurde schmerzvoll. »Dafür, dass ich euch um den halben Globus getrieben habe? Dass ich euch meinen Tod vorgegaukelt und euch mehrfach in Lebensgefahr gebracht habe?«
    »Du weißt, wofür«, sagte sie nur.
    Sie gingen ein Stück an der Kaimauer entlang, wo die Hafenarbeiter damit beschäftigt waren, Gepäck und Frachtgut an Bord zu bringen. Anders als bei ihrer Ankunft lagen wieder zahlreiche Schiffe an den Kais, und es herrschte reges Leben – ein Zeichen dafür, dass die Krise überstanden war.
    »Nun«, resümierte Sir Walter, der sich beim Gehen auf seinen Stock stützte, »somit geht unser zweites gemeinsames Abenteuer also zu Ende.«
    »Wer hätte das gedacht, als wir angereist sind?«, fragte Quentin lachend.
    »Ich muss zugeben, mit vielem hätte ich auf meine alten Tage nicht mehr gerechnet«, musste auch Sir Walter zugeben.
    »Ich muss oft noch an Brighid denken«, sagte Mary mit einem Anflug von Trauer. »Bei allem, was sie getan hat, vermisse ich sie. Sie war mir eine gute Freundin.«
    »Auch ich habe in der Tat noch über sie nachgedacht«, gestand Sir Walter. »Sie sagte, dass sie den Mord an ihrer Mutter als Kind mit eigenen Augen beobachtet hätte …«
    »Ja, schrecklich«, pflichtete Mary bei.
    »… während der alte Manus behauptete, dass es mehrere Kinder gewesen wären, die alles mitangesehen hätten. Anfangs dachte ich, dass es sich um einen Irrtum seinerseits handelte, aber ein Mann, der ein Leben lang an seinem schlechten Gewissen trägt, irrt sich in dieser Hinsicht sicher nicht. Also bin ich zu einem anderen Schluss gelangt.«
    »Nämlich?«, fragte Quentin.
    »Brighid Stewart war damals nicht allein. Sie hatte noch einen jüngeren Bruder bei sich. Einen Halbbruder, um ganz genau zu sein.«
    »Einen Halbbruder?« Mary blickte ihn mit großen Augen an. »Du meinst doch nicht …?«
    »In der Tat«, bestätigte Sir Walter. »Ich denke, dass Brighid Stewart und Winston McCauley Geschwister waren. Wenngleich die Beziehung, die sie zueinander pflegten – wie soll ich es ausdrücken –, wohl auch andere Aspekte besaß.«
    »Das ist widernatürlich«, verlieh Quentin seiner Abscheu Ausdruck. »Die beiden waren verdorben bis ins Mark.«
    »Nein«, widersprach Mary. »Die beiden waren Opfer der Bedingungen, unter denen sie geboren wurden.«
    »McCauley entstammte vermutlich einer späteren Beziehung von Brighids Mutter«, führte Sir Walter weiter aus, »allerdings bezweifle ich, dass er tatsächlich McCauley hieß und eine Einladung an die Royal Academy hatte. Der echte McCauley lebte vermutlich in New York und endete mit einem Messer im Rücken.«
    »Also hat er lediglich eine Rolle gespielt«, folgerte Mary.
    »Wie so viele in diesem Spiel.« Sir Walter nickte.
    »Und hast du noch etwas von Lady Ruthven gehört?«
    »Soviel ich weiß, sitzt sie in London in Haft«, gab Sir Walter bereitwillig Auskunft. »Um ihre eigene Strafe zu mildern, hat sie die Namen ihrer Mitverschwörer preisgegeben, allesamt reiche britische Finanziers. Ihr Plan war es, durch Druck auf die schottische Wirtschaft und das Einschleusen von Brighid Stewart einen gewaltsamen Aufstand zu provozieren und auf diese Weise die militärische Annexion Schottlands zu erreichen, wodurch sie sich hohe Gewinne versprachen. Ruthvens persönliche Rachepläne waren ihnen vermutlich gleichgültig. Nun allerdings wurden sie ihnen zum Verhängnis.«
    »Das ist alles ziemlich verwirrend«, meinte Quentin, dem schon der Kopf schwirrte. »So viele Parteien, so viele Intrigen und geheime Pläne …«
    »Eine wahre Schlangengrube«, stimmte Sir Walter zu und blieb stehen. »Ich habe die letzten beiden Monate damit zugebracht, all diese Dinge zu verstehen. McCauley und Brighid wollten Rache für den Tod ihrer Mutter; und sie wollten das Gold, von dessen Existenz sie vermutlich von ihrer Mutter erfahren hatten. Eleonore of Ruthven hingegen war nur darauf aus, den Tod ihres Sohnes zu rächen. In ihrem Hass waren sie einander durchaus nicht unähnlich, doch indem sie
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