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Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Michael Peinkofer
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rutschte von der Pritsche, auf der er mit Mary gekauert hatte, während es Quentin vorgezogen hatte, wie ein Tiger in seinem Käfig auf und ab zu streifen. »Was hat das alles zu bedeuten? Wir sind müde und haben die vergangenen Tage über kaum etwas zu essen bekommen. Ich verlange, dass wir …«
    »Da ist jemand, der Sie zu sprechen wünscht«, sagte der Offizier, die Einwürfe schlicht übergehend. Und etwas an seiner Stimme ließ erahnen, dass es besser war, sich zu fügen.
    Von den Soldaten eskortiert, folgten Sir Walter, Quentin und Mary dem Offizier hinaus auf den Gang, durch die Pforte und quer über den Exerzierplatz. Auf der anderen Seite gab es ein schmales Gebäude, das aus Natursteinen gemauert war und weiße Fenster besaß. Dort hinein führte der Captain die Gefangenen und schloss die Tür hinter ihnen.
    Sir Walter und die Seinen fanden sich in einer großzügigen, jedoch mit militärischer Genügsamkeit eingerichteten Halle wieder, die sonst wohl offiziellen Anlässen diente. Vor dem in die Stirnseite der Halle eingelassenen Kamin stand eine einsame Gestalt.
    Es war eine Frau.
    Sie war von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet, was sie wie einen Geist wirken ließ. Die Haube, die sie trug, hatte einen Schleier, den sie mit bebenden, knochigen Fingern lüftete.
    Als Mary das Gesicht darunter erkannte, erschrak sie.
    Es war Eleonore of Ruthven.
    Die Frau, die sie erniedrigt und gedemütigt hatte, die ihre Bücher verbrannt und alles darangesetzt hatte, sie zu brechen; die Mutter des Mannes, den sie einst hatte heiraten sollen.
    »Sie?«, entfuhr es Mary entsetzt.
    Seit ihrem letzten Zusammentreffen war Eleonore sichtlich gealtert. Zwar versuchte sie noch immer, die Falten in ihrem Gesicht zu verbergen, indem sie es nach alter Art pudern und glätten ließ, was ihm eine maskenhafte Anmutung verlieh. Jedoch konnte dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Jahre ihr zugesetzt hatten. Die Gesichtshaut schien sich direkt über dem Schädelknochen zu spannen, ihre eng stehenden Augen starrten aus tiefen Höhlen. Zudem war sie noch hagerer geworden, doch ihre Stimme war noch immer so kalt und schneidend, wie Mary es in Erinnerung hatte.
    »Bist du überrascht, mich wiederzusehen, Kind?«, erkundigte sie sich, und ein Lächeln dehnte ihre schmalen Lippen. »Du hast in all den Jahren wohl nicht mehr an mich gedacht?«
    »Allerdings nicht«, konterte Quentin, der seinen Arm schützend um Mary gelegt hatte und fühlen konnte, wie sie zitterte. Allein die Begegnung mit dieser Frau genügte, um sie wieder die alte Angst empfinden zu lassen. »Und das ist in der Tat auch gut so.«
    »Mr. Hay«, sagte Ruthven mit derselben Missbilligung, mit der man einen Schmutzfleck gewahrt. »Ich hätte mir denken können, dass Sie ebenfalls mit von der Partie sind. Die gute Mary hat stets nach einem Mann gesucht, der von einer gewissen Schlichtheit ist. Mein Malcolm konnte ihr damit nicht dienen, bei Ihnen jedoch scheint sie gefunden zu haben, wonach sie suchte.«
    »Was Sie nicht sagen«, knurrte Quentin verärgert. »Immerhin habe ich nicht versucht, meine Frau umzubringen!«
    »Was wollen Sie von uns?«, erkundigte sich Sir Walter, der von allen am wenigsten überrascht schien. »Haben Sie uns hierherbringen lassen? Was soll das alles?«
    »Wollen Sie mir diese Frage ernstlich stellen, Scott?« Ihr Blick fokussierte sich auf ihn, als wollte sie ihn damit durchbohren. »Nachdem Sie für den Tod meines über alles geliebten Sohnes verantwortlich sind?«
    Sir Walter stand wie vom Donner gerührt.
    Die ganze Zeit über hatte er das Gefühl gehabt, dass etwas nicht stimmte. Er hatte Anhaltspunkte gefunden, Hinweise darauf, dass etwas gegen ihn im Gang war, eine Verschwörung, ein geheimer Plan zu seiner Vernichtung. Das wahre Ausmaß der Intrige wurde ihm jedoch erst jetzt bewusst.
    »Sie waren es«, stöhnte er.
    »Wovon sprechen Sie?«
    »Sie stecken hinter allem! Hinter dem Attentat auf meine Person ebenso wie hinter den Angriffen auf Schottlands Unabhängigkeit! Sie wollen sich an mir rächen, aber es genügt Ihnen nicht, mich nur zu töten. Sie wollen auch alles vernichten, wofür ich stehe und mein Leben lang gearbeitet habe! Mein Lebenswerk und mein geliebtes Schottland …«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen«, beteuerte sie mit kaltem Lächeln. »So, wie ich es sehe, haben Sie sich der Konspiration mit den Feinden Englands schuldig gemacht und im Geheimen eine Revolution gegen die Regierung geplant.«
    »Was?«,
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