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Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Michael Peinkofer
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haben mit allem gerechnet – nur nicht damit, dass der große Walter Scott wieder ins Leben zurückkehren würde. Dies war ein Fehler … der einzige.«
    Erneut brach sie in Tränen aus, beugte sich zu ihrem toten Geliebten hinab und vergrub ihr Gesicht an seiner Brust. Quentin und die anderen tauschten betroffene Blicke, wussten nicht, was sie tun sollten. Zu überraschend war das, was sie erfahren, zu tief die Abgründe, in die sie geblickt hatten.
    Schließlich erhob sich Brighid. Der Fluss ihrer Tränen war versiegt, sie wirkte plötzlich ruhig und gefasst.
    »Ihr Spiel ist aus, das wissen Sie«, sagte Sir Walter leise. »Wir werden Sie nun nach oben bringen und …«
    In diesem Moment wurde Mary klar, dass sie diese Situation schon mehrfach durchlebt hatte – in jenem dunklen Albtraum, der sie seit geraumer Zeit verfolgte!
    »Nein!«, schrie sie entsetzt.
    Doch es war bereits zu spät.
    Brighid Stewart hatte sich abgewendet, hastete auf das offene Ende des Stollens zu – und stürzte sich im nächsten Moment in die bodenlose Tiefe.
    Mary wollte zur Abbruchkante, aber Quentin hielt sie zurück, wollte ihr den Anblick des zerschmetterten Körpers ersparen. Einen Augenblick lang wehrte sie sich gegen seinen Griff, dann gab sie auf, und er schloss sie in seine Arme, wo sich ihre Trauer und ihr Entsetzen ungehemmt Bahn brachen. Auch Quentin war tief erschüttert, Sir Walters faltige Züge waren zur Maske gefroren.
    Noch eine Weile standen sie da, entsetzt und ratlos. Dann hatten sie das Gefühl, diesen schrecklichen Ort verlassen zu müssen. Dem schmalen Felsenpfad folgend, der an der windumtosten Klippe entlang nach oben führte, gelangten sie wieder hinauf zur Ruine, wo der Kampf tatsächlich längst entschieden war.
    Die Grey Dragoons in ihren roten Uniformröcken hatten einen klaren Sieg davongetragen, allenthalben lagen Tote und Verwundete, die die schwarze Robe der Runenbruderschaft trugen. Auf dem Innenhof waren Fackeln errichtet worden, in deren Schein die Gefangenen zusammengetrieben wurden, die nun, da sie ihrer Masken beraubt waren, so gar nichts Bedrohliches mehr an sich hatten. Die Verluste der Dragoner hingegen schienen sich in engen Grenzen zu halten. Sie waren soeben dabei, wieder Aufstellung zu nehmen und sich vor einer kleinen Kutsche zu formieren, die in den Innenhof eingefahren war.
    »Captain!«, rief Sir Walter dem Anführer der Schwadron zu und winkte, um auf sich und seine Gefährten aufmerksam zu machen. Der Hauptmann, ein baumlanger Kerl mit eisenharten Gesichtszügen, dessen schwarze Bärenfellmütze ihn geradezu riesenhaft erscheinen ließ, wandte sich ihnen zu.
    »Walter Scott?«, erkundigte er sich zu aller Verblüffung.
    »Ja«, bestätigte Sir Walter. »Darf ich fragen, woher …?«
    »Walter Scott!«, wiederholte der Offizier, wobei er die geladene Pistole hob und auf Sir Walter und die Seinen zielte. »Ich verhafte Sie hiermit wegen verschwörerischer Umtriebe und Aufrufs zur Revolte sowie wegen des Verdachts auf Hochverrat!«

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    24
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    Fort George
21. März 1826
    Es war bittere Ironie.
    Um in der Zeit nach der Schlacht von Culloden das schottische Hochland besser kontrollieren zu können und dafür Sorge zu tragen, dass sich ein Aufstand wie der unter Charles Edward Stewart nicht wiederholte, hatte man an den Gestaden des Moray Firth eine Festung errichtet, ein gewaltiges, zu drei Seiten von stürmischer See umgebenes Bollwerk, dessen schwere Geschütze die gesamte Bucht überblickten. Ausgerechnet an diesen Ort brachte man Walter Scott und die Seinen.
    Ohne ein Wort der Erklärung.
    Ohne Rücksicht.
    In einem Planwagen, wie er gewöhnlich für den Transport von Munition verwendet wurde und dessen Inneres nicht die geringste Annehmlichkeit bot, mussten die Gefangenen vier Tage lang ausharren, bis sie endlich Fort George erreichten und in eine Zelle des Gefangenentrakts überstellt wurden. Die beherzten Proteste, die Sir Walter bei den Dragonern einlegte, halfen nichts. Weder äußerten sie sich zu den Vorwürfen, derentwegen Quentin, Mary und er festgenommen worden waren, noch verrieten sie, was weiter geschehen würde.
    Für weitere Stunden blieben Sir Walter, Quentin und Mary in banger Ungewissheit, bis am Abend der Hauptmann der Dragoner vor ihrer Zellentür auftauchte, eskortiert von einem halben Dutzend rot uniformierter Soldaten. Der Offizier schloss die Zellentür auf und nickte den Gefangenen zu.
    »Kommen Sie mit.«
    »Wohin?«, wollte Sir Walter wissen und
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