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Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit

Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit

Titel: Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit
Autoren: William R. Forstchen
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hier: das Präriegras war fast hüfthoch und wiegte sich wie Meereswellen unter der warmen Sommerbrise, die über die endlose Steppe strich.
    Die Luft war erfüllt vom Duft wilder Blumen, die die sanften Erhebungen mit lebhaften Spritzern von Lavendel, Gelb und leuchtenden Rottönungen sprenkelten. Die warme Brise strich so frisch und rein an ihm vorbei, dass er fand: falls je ein Garten Eden existiert hatte, dann musste es dort so gewesen sein.
    Er wandte sich nach Norden und konnte dort die tannenbewachsenen Hügel in fast zwanzig Kilometern Entfernung aufragen sehen; sie bildeten den Südrand der riesigen Wälder, die sich in seiner Vorstellung Tausende von Kilometern weit ausdehnten, bis in ein geheimnisvolles Land, das er nie selbst erblicken würde, wie er wusste. Chuck Ferguson, sein stets erfindungsreicher Ingenieur, hatte vor mehreren Monaten errechnet, dass dieser Planet fast genauso groß wie die Erde war und somit einen Umfang von etwa 35.000 Kilometern hatte. Das war ein geniales Experiment gewesen: mit Hilfe einer der neuen präzisen Uhren, die sie in jüngster Zeit herstellen konnten, maß er die Position der Mittagssonne in Suzdal, und mit einer nach der ersten Uhr gestellten weiteren Uhr maß sein Assistent hier, fast achthundert Kilometer weiter östlich, den Winkel zur genau gleichen Tageszeit. Ferguson behauptete, er verdankte diesen Trick Erzählungen von einem gewissen Eratosthenes, einem Griechen der Antike, der vor zweitausend Jahren das Gleiche getan hatte.
    Aber nach wie vor wartete die Welt direkt vor ihnen, und eines Tages, vielleicht in zwanzig Jahren, würde die Eisenbahnlinie, die sie bauten, vollständig um den Planeten verlaufen. Andrew betrachtete anerkennend die Dampflokomotive Malady, die vor ihm stand. Sie war nach einem weiteren Helden „des Tugarenkrieges benannt. Keine schönere Anerkennung für diesen Mann wäre denkbar gewesen, dachte er wehmütig, während sein Blick auf der Ehrenmedaille ruhte, die unter dem Namen des toten Ingenieurs aufgemalt war.
    Hätte doch Malady nur hier sein und all das genießen können!, dachte Andrew wehmütig. Malady und die übrigen zweihundert Jungs des 35. Maine und der 44. New Yorker Batterie – und schließlich waren die meisten von ihnen nur Jungen gewesen, die ihr Leben im Krieg opferten, damit Rus von der Geißel der Tugaren befreit wurde.
    Die Lokomotive war die Beste, die sie bislang gebaut und dabei für die breitere Spurweite von einem Meter fünf ausgelegt hatten. Das sollte der Standard für die Bahnstrecke sein, bis die aktuelle Hektik von Notfallmaßnahmen vorüber war. Auch diese Spurweite blieb noch hinter denen auf der Erde zurück, aber man musste einen Kompromiss eingehen, bedachte man die Grenzen der bislang verfügbaren Ressourcen und die Notwendigkeit, mit leichteren Schienen Eisen zu sparen.
    Wie viele zehntausende Tonnen wurden bislang von diesem irrwitzig wundervollen Projekt verschlungen?, fragte sich Andrew, während er wieder nach Westen blickte, den Schienen folgend, bis sie hinter dem Horizont verschwanden. Er wusste: falls er die Frage John Mina um die Ohren haute, seinem Industriechef, würde dieser ihm die Zahl bis aufs Pfund genau nennen. Lächelnd blickte er auf, als Mina aus dem Zug stieg. Die Anspannung des Krieges lag lange zurück, und der seit kurzem mit einer Kusine Kals verheiratete Colonel zeigte schon etwas mehr Gewicht als früher, eine Errungenschaft der typischen Rusküche seiner Frau.
    Der Wagen, aus dem Mina stieg, spiegelte die üblichen herausragenden Schnitzerfähigkeiten der Rus wider, sehr im Gegensatz zu den schludrigen Flachwaggons und Selbstentladewagen, wie sie militärischen Erfordernissen entsprungen waren. Die suzdalische Neigung zur Holzschnitzerei hatte dafür gesorgt, dass kein Quadratzentimeter des Wagens ungeschmückt geblieben war. Dieser Waggon zeigte ein Panorama aus dem Großen Tugarenkrieg, wie das heute hieß: den berühmten Angriff des 35. Maine über den großen Platz im Zentrum von Suzdal auf dem Höhepunkt der Schlacht. Andrew empfand eine Spur Verlegenheit, als er den Wagen betrachtete, denn an der Spitze der angreifenden Linien war eine perfekte Abbildung von ihm zu erkennen, der linke Ärmel leer, das Schwert mit der Rechten erhoben, die amerikanische Flagge hinter ihm. Tugaren flüchteten mit vor Entsetzen geweiteten Augen vor seinem Zorn. Sein eigenes Gesicht wirkte grimmig und herrisch. Habe ich wirklich so ausgesehen?, fragte er sich, denn er konnte sich an
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